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VoigtläMscher Anzeiger Fünfundsechszigster Jahrgang ^108 14. September 1854. Donnerstag «2 Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Jährlicher AbonnementSpreiS für dieses Blatt, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 6 Ngr. — Die JnsertionSgebühren werden mit 1 Ngr. für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Lerhältniß des Raumes. — Zeitungen Sachsen. Plauen, 12. September. Heute trafen von Zwickau kommend des König!. Staatsministers des Cultus und öffentlichen Unterrichts Herrn von Falkenstein Exccl- lenz nebst dem Herrn Geh. Kirchenrath I)r. Meißner früh hier ein, besucht.» das hiesige Königl. Gymnasium mit Real schule und das Königl. Seminar und reisten Nachmittags 4 Uhr wieder ab. Plauen, den 12. Septbr. Bei der heute im hiesigen Rathhaussaale stattgefundenen Wahl ist im ersten Wahlgange mit 28 unter 42 Stimmen Herr Geh. Regierungsrath Amtshauptmann I)r. Braun als Landtagsabgeordneter für den 17. städtischen Wahlbezirk und Herr Bürger, meister Steinmüller in Elsterberg als «LtcUvertreter ge wählt worden. Am 8. September früh halb 4 Uhr ist in dem Wohn- hatzse der verw. Richter in Lüptitz bei Wurzen Feuer ausge brochen und sind in dessen Folge die Wohnhäuser genannter Richterin, des Stellmachermcisters Gruhne, des Garlenguts. besitzers Schneider und des Gartengutsbesitzers Tietze nebst dazu gehörigen Anbauten und der Gruhm schen Scheune völlig niekergebrannt und zerstört worden. Sämmtliche Getreide- und Fultervorräthe, ingleichen kle Wirthschaftsgeräthe und einige Stück Bieh sind zugleich ein Raub der Flammen geworden. Die Entstkhungsursache hat noch nicht ermittel! werden können. Testerreich. Wien, 9. September. Nachrichten aus Konstantinopel vom 31. August stellen den Abgang der com- binirten Expedition von Varna fortwährend für den 2. in bestimmte Aussicht. An das faclische Ergebniß dieser Unter nehmung hängen sich alle Gerüchte und offenbar werden in Paris wie in London die noch schwankenden Ansichten und Entschlüsse je nach dem Ausgange in die eine oder die andere Richtung einschlagen. Es werden indcß von manchen Seilen Zweifel über bas Ziel der Expedition geäußert, da man sich nicht recht zu denken vermag, daß der französische Obergeneral ungefähr 8 Tage (am 25.) vor Abgang derselben diesen so lange geheim gehaltenen Bestimmungsort in einer Proklamation bekannt gemacht haben sollte. Man glaubt dagegen, die Un ternehmung könnte vielmehr gegen Odessa gerichtet sein, wo durch sich auch die, wie es scheint, beabsichtigte Cooperation der türkischen Armee in Bessarabien besser erklären wurde. (Vgl. unter Odessa.) Bayern. Am 25. d. M. beginnen die Probefahrten auf der bis dahin vollendeten Eisenbahnstrecke von Würzburg nach Aschaffenburg. Reuß. Fürstenthümer. Gera, 8. Septbr. In jüngerer Zeit sind in der Umgebung unserer Stadt Raubanfälle, na, mentlich gegen von den Wochenmärkten heimkehrende Frauen zimmer vom Lande, bei denen das Vorhandensein einer erlöseten Baarschaft zu vermulhen stand, in solcher Anzahl vorgekommen, daß dadurch die Anordnung außerordentlicher polizeilicher Maßregeln, sowie besondere Begehung der betr. Landstrccken von dazu requirirten Militarpersonen rc. hervor gerufen worben sind. Frankreich. Paris, 8. September. Die Beendigung des Feldzugs in der Ostsee ist nun officiell ausgesprochen, die Truppen sind zum Theil schon auf dem Heimwege, und das ganze daher zurückkehrenbe Armeecorps soll, wie es heißt, um für alle Fälle bereit zu sein, den Winter über in Boulogne bleiben. Dem General Bodisco hat man freigrstcllt, seinen Aufenthaltsort zu wählen, wo er wolle, nur nicht in Paris. Jemehr das Drama im Norden für jetzt und auf den Winter abgeschlossen erscheint, desto mehr wendet sich alle Aufmerk samkeit den verbündeten Truppen im Oriente zu. Heute ist der Tag, an welchem bei Sebastopol ihre Landung hat be werkstelligt werden sollen. Ganz besonderes Vertrauen schöpft man aus der Ungeheuern Tragweite der Geschütze der Ver- bündeten; man glaubt, daß dieselben im Stande sein werden, Sebastopol in einer Entfernung von 2000 Metres (7000 sachs. Fuß) zu bombardiren. Nach Vollendung der Expedition, die man sich hier natürlich nur als erfolgreich ausmalt, sollen die genommenen Punkte befestigt, mit Außenwerken versehen und die dort entbehrlichen Truppen in Winterquartieren zwi schen Varna, Konstantinopel und Gallipoli staffelförmig aus gestellt werden. Im Winter sollen auch die diplomatischen Verhandlungen mit der Türkei wegen der vom Sultan zu- gesagten politischen Reformen wieder angelegentlicher betrieben werden. Für die infolge der jetzt bevorstehenden Operationen jedenfalls nöthig werdenden Ersatzmannschaften wird wohl das in der Bildung begriffene Südlager bei Aix die nöthigen Truppen liefern müssen. Zum Ersatz der schon jetzt durch Krankheit entstandenen Lücken werden bereits täglich Abthei- lungen von 50 bis 60 Mann nach den Häfen des Mittel- meeres geschickt, um dort nach dcm Orient eingeschifft zu werden. — In welchem Maßstabe die Sendungen nach dem Orient ihren Fortgang haben, sieht man aus den Malteser Schiffslisten. In der abgelaufenen Woche passirten nämlich M ilta 5 Schiffe der kaiserlichen Marine mit Munition, 723 Militärs und 55 Pferden, und 24 Handelsschiffe mit Ma terial, 305 Militärs, 412 Pferden und 27 Ochsen.