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PoigtlmHischer Anzeiger. Fünfundsechözigster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Zährlicher Abonnementspreis für dieses Blatt, auch bet Beziehung durch die Poft, 1 Thlr. 6 Ngr. — Die JnsertionSgebühren werden mit 1 Ngr. für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Verhältntß des Raumes. — Donnerstag. 128. 26. October 1854. Bedenkliche Ausfichten. Die Hoffnungen auf Wiederherstellung des Friedens in Europa sinken täglich tiefer, und bitter getäuscht dürfte sich finden, wer von dem nahenden Winter einen Stillstand, und während des Winters mit Hilfe diplomatischer Bemühungen ein Aufhören des Kriegs erwarten wollte. Der vorige Winter hatte sein Sinope uno fortwährende Kämpfe an der Donau, der nahende wird Kämpfe auf der Krim, in Bessarabien, wahrscheinlich auch in Polen und Galizien bringen; denn ob Sebastopol falle oder nicht, der Krieg zwischen Rußland und dem Westen ist ein großartiger, ein erbitterter Kampf auf Leben und Tod um die beiderseitige Macht und Ehre ge worden, aus dem kein Theil zurücklreten kann und will. Daß Bedenklichste aber ist, daß auch für Oesterreich die Zeit des Zuwartens vorüber, die Stunde des Handelns ge kommen zu sein scheint. Oesterreich hat den Russen dadurch, daß es sie zwang, die Donau und die Donaufürstenthümer zu verlassen, den schwersten Schlag beigebracht. So lange es thatsächlich Schutzherr der Donau und der Donaufürsten thümer ist, sind Rußlands Absichten auf dieselben, auf die Türkei und Asien unerreichbar. Oesterreich aber wird und kann seine dortige Stellung um keinen Preis aufgeben. Demnach und aus den gegenseitigen Vorbereitungen zu schließen, scheint der Ausbruch des Kampfes zwischen Oester reich und Rußland nicht lange mehr auf sich warten zu lassen. Die Rüstungen sind großartig auf beiden Seiten. Dreihundert Tausend Oesterreicher stehen schon lange längs der russischen Grenze; Krakau und alle militärisch wichtigen Punkte in Galizien werden tüchtig befestigt. Der Czar hat (Nr. 110) 250,000 Rekruten unter die Waffen gerufen, um eine eben so starke Zahl Reservisten, alter gedienter Leute, seinen schon thätigen Armeen einverleiben zu können. Dazu läßt er Kiew, die Hauptstadt Kleinrußlands, befestigen, und die an Oesterreich grenzenden russischen Gouvernements sind in Kriegs, stand erklärt worden. Das bedeutungsvollste Anzeichen jeden falls ist der Marsch der russischen Garden nach Polen. Diese Garden sind das auserlesendste Truppencorps der rus sischen Heere und werden nur im äußersten Falle mobil gemacht. Wie sich Preußen und das übrige Deutschland dann verhalten werden, wenn die Kriegsfurie zwischen Oesterreich und Rußland losgelaffen sein wird, darüber läßt sich gegen, wärtig hoch nichts Bestimmtes angeben. Der Notenwechsel zwischen Wien und Berlin dauert fort, Preußen will nicht weiter gehen, als der Vertrag vom 20. Aptil d. I. besagt. Neuerlich ist nun der K. Bair. Mini ster von der Pfordten nach Berlin gegangen, um zwischen den deutschen Großmächten zu vermitteln. Möge ihm sein Werk gelingen und die bevorstehende furchtbare Krisis Deutschland einig finden! Aeitungen Sachsen. Plauen, 23. Oct. In dem, heute unter dem Vorsitze des von Dresden eigens dazu hieher gekommenen Präsidenten der ersten Kammer und Vorsitzenden der Ritter schaft des Voigtl. Kreises, Hrn. von Schönfels auf Reuth, abgehaltenen Kreis-Convente wurde sofort beim ersten Wahl gange Gerichtsdir. Kasten auf Kröstau mit 39 Stimmen als Abgeordneter, Rittergutsbesitzer Adler auf Treuen unt. Th. als dessen Ersatzmann mit 40 Stimmen, (beide Herren waren schon zeither in dieser Funktion), endlich Rit tergutsbesitzer Kreller auf Weischlitz im zweiten Wahl gange mit 37 Stimmen als Ersatzmann des Abgeordneten Seiler auf Neuensalz an die Stelle des verstorbenen Ersatz manns, des Rittergutsbesitzers Keller auf Gansgrün, — aller seits für die zweite Kammer erwählt. Dresden, 23. October. Der Betrieb der königlichen , Staalseisenbahnen hat, laut der in Nr. 246 des „Dresdner Journals" abgedruckten Uebersicht, im abgelaufenen Monat September einen Ertrag von 259,654 Thlr. 20 Ngr. 3 Pf., somit in den ersten 9 Monaten d. I. einen solchen von 1,978,060 Thlr. 27 Ngr. 9 Pf. geliefert. Der Ertrag des diesjährigen Septembers übersteigt hiernach den des vorjährigen um 26,085 Thlr. 24 Ngr. 7 Pf. (ein gün stigeres Verhältniß als es der Monat August zeigte), und die Einnahme der diesjährigen ersten 9 Monate die der vor jährigen entsprechenden um 298,953 Thlr. 5 Ngr. 2 Pf. Zu dem günstigen Ergebnisse des diesjährigen Monats Sep tember im Vergleich zu dem vorjährigen, haben sämmlliche Bahnlinien, mit alleiniger Ausnahme der Linie Dresden- Görlitz, beigetragen. Man erinnert sich, daß wir wiederholt Veranlassung halten, auf den Rückgang der Einnahmen die, ser Linie hinzuweisen; auch der Monat September hat noch keinen Aufschwung derselben herbeigeführt, zeigt vielmehr ge- gen den September 1853 wieder einen Ausfall, und zwar um 1813 Thlr. 3 Ngr. 1 Pf., welcher fast allein auf Rech, nung des Güterverkehrs kommt, da der Personenverkehr auf dieser Linie einen kleinen Ueberschuß (354 Thlr. 17 Ngr. 3 Pf.) ergeben hat. Es ist dieser Umstand um so bemerkens, werther, als die drei übrigen Bahnen, in ihrer Gesammtheit genommen, einen geringen Ausfall in den Einnahmen vom Personrnverkehre zeigen, das ganze beobachtete Plus also bei ihnen gerade auf Rechnung des Güterverkehrs kommt. Auf