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648 gen in Griechenland den Aufstand selbst nieder, wie sie es den Türken möglich machten, die Aufstande in Albanien und Thessalien zu bewältigen, in Bulgarien niederzuhalten — da mußten die Russen zurück, über die Donau, über den Seereth, über den Pruth. „Ein böses Muß," wie Göthe sagt, „gab der Sache widrig den Beschluß," nachdem über das Ding viel geplaudert, gestritten und gezaudert worden war; eine höhere Hand hatte den Lauf der Geschicke, der Thalsachen anders vorgezeichnet, als die Klugheit der Kabi- nette von Petersburg und London ahnete. Jetzt donnern die Geschütze der Verbündeten vor und um Sebastopol. Ob es falle oder nicht, die Thalsache des Falles oder Nichtfalles wird wieder mächtig einwirken auf Osten und Westen; wird und muß die morgenländische Berwicke» lung so wie so nur noch verwickelter, unlösbarer machen. A e i t n n g e n. Sachsen. Plauen, Anfangs October. Bei der Reor ganisation der Bürgerschule im Jahre 1841 betrug die Zahl der hiesigen Schulkinder 1446, gegenwärtig 2091, hat sich demnach in 13 Jahren um 33K vermehrt. Dresden, 9. Oktober. Nach ofsicieller Anzeige wird die feierliche Eröffnung des außerordentlichen Landtags morgen, den 10. October, Mittags 1 Uhr in den Paradesälen des königlichen Schlosses statlsinden. Von den durch die Kammern in Vorschlag gebrachten Candidaten ha ben Se. Majestät der König den Bürgermeister Gottschald aus Plauen zum Viccpräsidenten der Ersten Kammer, den Abg. Appellalionsrath vr. Haase aus Leipzig zum Präsidenten und den Abg. Appellationsgerichtspräsidenten v. Criegern aus Bautzen zum Viceprasidenlen der Zweiten Kammer zu er nennen geruht, welche Herren eben so wie der von Sr. König!. Majestät zum Präsidenten der Ersten Kammer (wie bereits gemeldet) ernannte Herr Rittmeister v. Schönfels auf Reuth diese Stellen bereits beim letzten Landtage bekleidet haben. — Heute haben beide Kammern ihre zweite vorbereitende Sitzung gehalten, welche die Herren Präsidenten mit der Mittyeilung eröffneten, daß sie heute Vormittag 10 Uhr ihren Eid in die Hände Sr. Majestät des Königs niedergelegt haben. Hierauf erfolgte die Vereidigung der neu eingetrete- nen Kammermitglieder. Sodann ist die Wahl der Secretäre und die Verloosung der Platze vollzogen worden. Zu Secre- tären wurden, wie uns mitgetheilt wird, gewählt: in der Ersten Kammer (nachdem Herr Bürgermeister Starke aus Bautzen die im ersten Wahlgange auf ihn gefallene Wahl abgelehnt hatte und seine Reclamation von der Kammer für begründet erachtet worden war) die Herren Amtshauptmann v. Egidy auf Naunhof und Bürgermeister Wimmer aus Schneeberg, in der Zweiten Kammer die Abg. Herren Ge richtsdirector Kasten auf Kröstau (der schon bei mehnrn frühen Landtagen als Sekretär fungirt hat) und Stadtrichter Anlon aus Borna. Preußen. Die Pr. Corr, enthält über einen Brand in Memel folgende Mittheilungen vom 5. Octvber: „M mcl ist von einem furchtbaren Unglück heimgesuchl worden. Gestern, Abends gegen 7 Uhr, brach in einem dem Kaufmann Wilh. Muttray gehörigen, dicht am Ballastplatze gelegenen, mit Flachs angksülllen Speicher Feuer aus, das sich bei dem rasenden Nordweststurm mit furchtbarer Schnelle der etwa 300 Schrille entfernt stehenden Schneidemühle mittheilte und von hier aus die Holzläger ergriff. Der Sturm und das Flugfeuer machten jeden Versuch einer Absperrung des Feuers fruchtlos. Die Altstadt, der schönste und dichtbevölkertste Sladltheil, ist, mit Ausnahme nur weniger Häuser, bereits zum rauchenden Schutthaufen geworden. Unsere sämmtlichen 3 Kirchen, das Kreisgericht, Hauptzollamt und Packhof, Bankgebäude, 5 Schulen, die große Flachswaage, Herings brake, Hauptwacht, Schauspielhaus sind niedergebrannt, und die Königlichen Salzspeicher stehen in Flammen. Das Rath- haus, desgleichen die alte hölzerne Börse sind stehen geblie ben, auch bas Haus, in welchem sich die Post befindet, ist vom Feuer noch verschont. Telegr. wird aus Königsberg vom 7. Oct. Vormittags gemeldet, daß das Feuer in Memel soweit bewältigt war, daß die verschonten Stabttheile keine Gefahr mehr liefen. Vom Kriegsschauplätze. Das Neueste, was der „Mo niteur" über die Vorgänge nach der Schlacht an der Alma bringt, ist folgende Depesche des französischen Geschäftsträgers zu Constantinopel an den französischen Minister der auswär tigen Angelegenheiten: „Therapia, 27. Septbr. 1854. De- moralisirt durch die Kühnheit der verbündeten Truppen, haben die Russen, welche an der Alma 8000 Totte verloren (Mar schall St. Arnaud weiß doch nur von 5000), weder an der Katscha noch am Belbeck, diesen furchtbaren Positionen, Halt gemacht. Sie sind in Sebastopol eingerückt, dessen Einfahrt sie durch Versenkung von 3 ihrer Linienschiffe und 2 Fregat ten gesperrt haben. Am 25. waren die verbündeten Armeen auf dem Marsche, um vor der Stadt eine Stellung einzu nehmen. Den Engländern sind in dem Kampfe bei Alma 1800 Mann kampfunfähig gemacht worden. Die neuesten Nachrichten vom Kriegsschauplatz in der Krim reichen bis zum 2. Oct. und stimmen darin überein, daß Fürst Menschikoff, wahrscheinlich infolge der von den Verbündeten bei Balaklawa bewerkstelligten Landung, seine Stellung bei Baktschisarai verlassen und sich Sebasto pol genähert hatte. So heißt es in einer Depesche aus St. Petersburg, 6. Oct., mit Nachrichten aus der Krim vom 30. Sept.: „Fürst Menschikoff hat sich mit seinem Corps dem nördlichen Fort von Sebastopol genähert. Die Franzo sen haben ohne Kampf ihre Stellung auf der nördlichen Seite verlassen (?), um sich zur See mit den englischen Trup pen, die bei Balaklawa gelandet, zu vereinigen." — Eine andere telegraphische Depesche, aus Constantinopel, 30. September, in der London Gazette, welche Mittheilungen aus der Krim bis zum 29. Sept, bringt, will dagegen gar schon wissen, daß sich Fürst Menschikoff bereits in Sebastopol befinde, und daß die Belagerung dieser Stadl den 29. be ginnen werde. — Letzterem widerspricht eine Miltheilung, welche die 0. O aus Odessa, 4. Octbr., macht, nach wel cher bis zum 2. Oct. kein entscheidendes Zusammentreffen eifolgr war. Die Ausschiffung bei Balaklawa war in Odessa bereits bekannt. Es ist es das Geschwader des Contreadmirals Lyons (welch letzterer sich an Bord des Agamemnon befand), ge wesen, wOch.s die Landung bei Balaklawa bewerkstelligt. Am 27. Sept, waren Geschütz und Mannschaft ausgeschifft, am 28. Sept, trafen 6000 Mann mit 900 Pferden der Re, serve von Varna in Balaklawa ein und wurden sofort aus geschifft. Die Gesammtstärke des in Balak'awa gelandeten Corps beläuft sich auf 20,000 Mann ohne Matrosen, und zwar 8000 Engländer, 7000 Franzosen und 5000 Türken. Die Generale Bourgoyne und Brown waren in Balaklawa. Lord Raglan wurde erwartet. Nach Mittheilungen der C. Z. C. ist Lord Raglan am