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618 Gnade! beendete die Feier, die erste öffentliche, welche nach der Eröffnungsfeierlichkeit bei Vereinigung der beiden An» stalten begangen wurde. Leipzig, 20. September. Obgleich dem Herkommen nach die Messe seit Anfang dieser Woche begonnen hat, so sind diesmal doch schon in den beiden Wochen vorher bebeu- tenbe Geschäfte nach der Walachei und nach Brody gemacht worden, da in den Fürstenthümern alle Lager erschöpft sind. Wie gewöhnlich richtete sich in dieser Woche die meiste Auf merksamkeit auf Leder und Tuche, und der Verkehr darin war bisher so lebhaft, baß die gehegten Erwartungen einer guten Messe, zumal was diese beiden Artikel anbelangt, kaum mehr bezweifelt werden können. Von Sohlenleder ist bas Meiste schon verkauft, und bie Messe in Leder überhaupt dürfte wahrscheinlich schon in ein paar Tagen beendet sein. Die Preise aller Sorten sind bedeutend höher, als an der Ostermesse und wird für Sohlenleder 2 bis 5 Thlr. pro Centner mehr bewilligt. Nicht minder lebhaft gehl der Ver kauf in Tuchen und man sah bisher alle Verkaufsstände von früh bis Abends von Käufern besetzt. Dem Vernehmen nach wird das Stück durchschnittlich mit 2 Thlr. höher als letzte Messe bezahlt. In dem Dorfe Reichenbach bei Hohenstein (Parochie Callenberg) starb am 20. Seplbr. der 70jährige Bauerguts- besitzer Härtig an der Wasserscheu, nachdem derselbe drei Wo- eben zuvor von einem Hunde gebissen worden war, der einige Symptome der Hundswuth gezeigt hatte. Dieser traurige Fall ist eine neue Warnung, sich nicht, wie hier geschehen war, auf den bloßen Gebrauch innerer Mittel zu verlassen, sondern vor Allem die Bißwunde ärztlicher Behandlung zu unterwerfen. Vom Kriegsschauplätze. Nach einer telegr. Depesche aus Wien, Mittwoch, den 20. Septbr., sind am 14. Septbr. 58,000 Mann der Pontus-Expedition bei Jewpaloria*) in der Krim gelandet und von dort unverzüglich nach Sebastopol aufgebrochen. Es scheinen die außergewöhnlichsten Mittel aufgeboten worden zu sein, um diese Nachricht in 4 Tagen aus der türkischen Hauptstadt nach Wien zu befördern, indem diese Schnelligkeit aus den bisher bestehenden Verbindungen nicht zu erklären und bis jetzt niemals erreicht worden ist. Eupa- toria besitzt einen Hafen und ist deshalb als Stützpunkt für die weiteren Unternehmungen von Bedeutung; ob dieser Platz ohne Kampf gefallen, wird nicht gesagt. Er liegt 12—15 Meilen nörbli'ch von Sebastopol, und etwas entfernter, als die früher in der „Times" und anderwärts bezeichneten Lan- dungspunkte. Uebrigens ergiebt sich aus dieser Wahl, baß auf ein Abschneider, der bei Simferopol und Bachlschiffarai ausgestellten russischen Korps nicht gerechnet wurde, indem diese Orte Sebastopol näher liegen als Eupatoria. Es wer den mithin die russischen Streitkräfte sich concentriren, und entweder eine Schlacht liefern, oder unmittelbar um Seba, stopol den Angriff abwarten können. In wie weit Maß. regeln getroffen wurden, um neuen Zuzug russischer Truppen von Perekop her zu verhindern, ist zunächst nicht sestzu- stellen. Durch diese Depesche werden eine Anzahl verworrener *) Jew patoria (auch Eupatria und Koslow genannt) ist eine Stadt mit circa 10,000 Einwohnern und 7inem Freihafen an der West küste der Krim, etwa 10 Meilen nördlich von Sebastopol gelegen. Nachrichten widerlegt, nach welchen die Armada am 12. noch bei der Schlangeninsel verweilen und nur ein Theil gegen Akjerman abgegangen sein sollte u. f. w. Widerlegt ist durch die Depesche weiter, daß der Haupt, angriff zunächst Odessa gegolten, obwohl eine Diversion von unbedeutenderer Wichtigkeit gegen diese Stadt immerhin statt- gcfunden haben könnte. Die Berichte von dort vom 10. und 11. bezeugen allerdings hinreichend die Furcht vor einer neuen Beschießung, die fortgehende Auswanderung u. s. w.; doch war bis dahin etwas Ernstliches nicht unternommen. Man sagte, baß Fürst Menschikoff sich seit dem 24. August in Perekop befinde, den Landsturm organisirl und beruhigende Berichte nach Petersburg abgeschickt habe. Die Nachricht von einer bereits erfolgten Beschießung Odessas beruht fortwährend auf höchst unsicher» Quellen. Berichten über die am 14. September mit dem glänzend sten Erfolge bei Eupatoria in der Krim bewerkstelligte Lan dung der großen Armada entnimmt die C. Z. C. Folgendes: Am 8. S'plbr., gleich nach dem Eintreffen der Armada bei den Schlangeninseln, wurden Flottenabtheilungen zur Blokade von Odessa, Jenikale, Anapa und Kaffa abgesendet, wo sie bereits eingetrvffen sind. Das Gros der Expedition wurde in Folge eingelrelener ungünstiger Winde einige Tage bei den Schlangeninseln zurückgehallen. Am 13. Mittag wurde bei günstigem Winde der Befehl gegeben, gegen Eupatoria zu steuern. Die kurze Ueberfahrt gmg glücklich von statten. Um 5 Uhr früh den 14. Septbr. waren schon die drei Fahnen' der Alliirlen am Strande aufgepflanzt und die Ausschiffung begann. Ein franz, und ein engl. Jäger-Bataillon waren zuerst am Lande, welchen die Zouaven- und Türkenbataillone folgten. Die Truppen mit Artillerie, bei 60,000 Mann stark, wurden theils mit Flachbooten, theilS mit kleinen Dampfern an das Land gesetzt. Die Operation ging mit wunderbarer Präcision und staunenswerther Schnelligkeit vor sich, schon um 9 Uhr Morgens waren bei 15,000 Mann am Lande. Die Sappeurs, unterstützt von Infanterie. Abtheilungen und den mitgenommenen bulgarischen Arbeitern, räumten mittler weile alle von den Russen angelegten Hindernisse, Verhaue, Erdaufwürfe u. dergl. m. mit sehr leichter Mühe hinweg und machten bie überall zerstörten Straßen für Cavallerie und Geschütz benutzbar. Es war noch nicht Mittag unb schon bewegten sich in zwei verschiedenen Richtungen die Avant garden über Simferopol und Bachlschiffarai gegen Sebastopol. Bei Abgang des zweiten Avisodampfers, Nachmittag 4 Uhr, war die Ausschiffung zum großen Theil beendet. Die Rus sen scheinen in der bei Simferopol beginnenden Gebirgsge gend Aufstellung genommen zu haben. Die Ausschiffung wurde bei Cap Baba, in dessen Nähe die wenig befestigte Stadl Eupaloria liegt, bewerkstelligt. Die Rhede von Eu. patoria ist zwischen dem Kap Baba und der Stadt gelegen, und man fand daselbst in der Entfernung von einer halben Lieue 10 bis 12 F. Wasser. Das Land bei Eupatoria ist eben und bildet eine unabsehbare Steppe. Oestiich von Eu, patoria, ganz nahe bei der Stadt liegt ein großer See, zwi. schen welchem unb dem Meere die Straße hinläuft, so daß die erste Aufstellung der Truppen schon durch diesen See geschützt war. Die Einwohner aus den nahen Dörfern eilten nach Cap Baba, zeigten viel Erstaunen, aber nicht die leiseste Wi, derstandsneigung. Eupaloria hat nur eine ganz kleine Gar nison, die sich dem Anscheine nach nicht vertheibigen wird.