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Voigtländischer Anzeiger. Fünfundsechszigster Jahrgang. Verantwortliche Redaktion: vr V. I N b Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Jährlicher AbonnementSpreiS für dieses Blatt, auch -et Beziehung durch die Post, 1 Lhlr. 6 Ngr. — Die Znserüoa-ßebich«-« werden mit L Ngr. für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Vrrhältntß de- Raumes. — Sonnabend. 42. 8. April 1854. Gin Wunsch, die neue Realschule in Plauen betreffend. Die Aufhebung der hiesigen Gewerbschule und die Be. gründung einer Realschule an deren Statt ist so überraschend gekommen, — wenigstens für das größere Publikum, baß Aeltern, die ihre Söhne der neuen Anstalt zu übergeben ge. neigt sein möchten, diesfalls einen sihr schnellen Entschluß zu fassen genöthigt sind. Nicht jeder Vater aber vermag, aus innern und äußern Gründen, sich über eine Angelenheit, die das Wohl seiner Kinder so tief berührt, so urplötzlich zu entschließen, sondern möchte sich die Sache gern erst recht reiflich und von allen Seiten überlegen. Dazu ist nun frei, lich kaum noch Zeit, und es liegt daher die Befürchtung nicht fern, dieser Umstand — daß nämlich die Errichtung der neuen Lehranstalt erst unmittelbar vor dem Anfänge des Un terrichts bekannt wurde — könne auf ihre Frequenz einen nachtheiligen Einfluß äußern, weil die ganze Sache eben noch zu neu und unbekannt ist. Für die Leiter der Anstalt scheint daraus die Verpflichtung hervorzugehen, den Aeltern wenigstens durch möglichst vollständige AuskunftSertheilung über die neue Bildungsstätte ihren Entschluß nach Kräften zu erleichtern. So kankenswerth es nun in dieser Hinsicht auch erscheint, daß durch die officüllen Bekanntmachungen in Nr. 39 und durch den Leitartikel in Nr. 41 b. Bl. der Zweck und die Einrichtung der Realschule zur Kenntniß des Publikums gebracht worden sind, so dürfte das Mitgetheilte doch immer noch zu allgemein sein, um Vätern, welche sich mit gewissenhafter Sorgfalt fragen, welcher Bildungsanstalt sie ihre Söhne zur Vorbereitung für ihren Lebensberuf an- vertrauen sollen, vollständig genügen zu können. Solche Väter werden vielmehr wünschen und zu wünschen berechtigt sein, auch etwas Näheres und Specielleres über den Umfang der Lehrgegenstände, die Zahl der Stunden, die jedem der selben zugetheilt sind, die Claffenziele, die erreicht werden sollen, die Lehrerkräste, die an der Anstalt wirken u. s. w. zu erfahren, ehe sie ihre Kinder der letzteren zuführen. Han delt eS sich hierbei um bereit- bestehende Lehranstalten, so bieten die von ihnen ausgegebenen Programme und die von ihnen gehaltenen öffentlichen Prüfungen Jedem hinlängliche Gelegenheit, sich diese Kenntniß zu verschaffen. Bei einer neu inS Leben tretenden Schule aber fehlen dies« Mittel, und da eine solche auch noch nicht an ihren Früchten — d. h. gut gebildeten und wohl gediehenen Schülern — zu erkennen ist: so möchte wohl der bescheidene Wunsch gerechtfertigt sein, daß eS der Direktion der Realschule gefallen möge, wenigstens den vollständigen Stun- denplan der einzelnen Classen, mit Angabe der Lehrer für jeden Unterrichtßzweig, noch vor Ablauf des Anmeldetermins in diesen Blättern zu veröffentlichen, — ein Wunsch, den Einsender dieser Zeilen eben so sehr im Sinne vieler Väter, die jetzt noch mit sich zu Ralhe gehen, ob sie ihre Söhne der Realschule übergeben sollen, wir im Interesse der neuen Anstalt selbst auszusprechen glaubt. Leitungen Sachsen. In Bezug auf die in neuerer Zeit oft wiederkrhrende Benutzung der Kirchen zu großen Gefangfesten hat das Cul- tusministerium verfügt, daß man nach den namentlich im Auslande hierunter gemächten Erfahrungen Bedenken habe» die Einräumung der Kirchen zu dergleichen Gefangfesten ohne Weiteres zu gestatten und daher die Kirchen in Zukunft niemals ohne ausdrückliche Genehmigung der Kreisdirectionen zu Gefangfesten zu überlassen seien. In Leipzig fand am 29. März eine sehr lebhafte und bis in die Nacht hinein dauernde Beratbung über den Bau einer großen Fleischhalle (beim Georgenhause) statt. Der Bau würde mit Allem, waS darum und daran hängt, 300,000 Thlr. kosten, und der Rath beabsichtigt zur Deckung dersel, den, sowie zum Bau des neuen Museums, ingleichen zur Abstoßung alter Schulden eine Anleihe von 1 Million Thaler. Der Schluß der Debatte mußte schließlich dis auf den 31. vertagt werden. Am 4. April fand in der Dresdner Freimaurerloge „zum goldenen Apfel" die jährliche übliche Bekleidung armer (§on, sirmanden unter entsprechender Feierlichkeit statt. Es wurden auch dieses Mal 10 arme, von den Directoren der Schulen empfohlene Kinder, von denen eins der katholischen, die übrigen der protestantischen Confession angehörten, jedes mit einem vollständigen neuen Anzuge, einschließlich der Leib wäsche, beschenkt. Der Feierlichkeit wohnte ein sehr zahl reiches Publikum und hierunter hochgeachtete Männer aus allen Ständen bei. Die Einrichtung, daß jedem der nrube- kleideten Kinder auS den Mitgliedern der Loge und deren Gattinnen ein Pfleger, beziehendlich eine Pflegerin zur Seite gegeben wird, welche fortdauernd die ihnen anver trauten Pfleglinge zu überwachen und alljährlich über dieselben