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68 aufzuheben, ebne daß die Betroffenen selbst Schritte thun müßten. Der Streit dauert demnach fort. Wie energisch da und dort gegen die Geistlichen eingeschritten wird, mag daraus ersichtlich sein, daß eia Pfarrer auf dem Schwarz wald bereits um die Summe von 700 st. gestraft worden sein soll. Bekanntlich haben die Kammern Adressen abgege ben. Der einzige Abgeordnete der zweiten Kammer, welcher gegen die Adresse stimmte, Bürgermeister Kiesen, ist derselbe, der allein auf seinem Sitz blieb, als die Kammer auf den Antrag des Abgeordneten Karg sich erhob, „ihr Beileid über die schändliche Ermordung von Robert Blum zu bezeugen;" derselbe, der, als man in dem Hause die Regierung drängle, die Neichsverfassung im RegierungSblatte zu verkündigen, für die nicht em Oberhaupt zu finden war un» wobei die Souverainetätsrechle des Großherzvgs geopfert werden sollten, sich allein dagegen aussprach; der endlich mit noch nur einem Abgeordneten jenem Enthusiasmus entgegen trat, indem inan den famosen Reichsverfassungseid ohne alle Aufforderung ablegtc. Zur Zeit der Revolution soll derselbe der Einzige gewesen sein, der in seinem Bezirke, wo alle StaalSgemein. detiener der provisorischen Regierung schwuren, den Eid ver. weigerte. Frankfurt. Nach der L'ipz. Ztg. werden gegenwärtig beim Bundestag Verhandlungen über einen Vorschlag ge. pflogen, nach welchem sofort eine Revision der Bundeskriegs. Verfassung bewerkstelligt werden soll. Es ist, wie man ver. sichert, alle Aussicht dafür verbanden, daß dieser Vorschlag genehmigt und alsbald in Vollzug gebracht werden dürfte. Die Revision der BundeskriegSveifaffung würde zunächst der Bundesmilitaircemmission übertragen werden; an den betref. senden Benutzungen würde indeß auch eine Anzahl höherer Offiziere ltzeilnehmen, welche von ihren resp. Regierungen zu diesem Zwecke nach Frankfurt gesendet werden. Man erwartet, daß der Termin für den Beginn der Revisionsbe. ralhungen in nächster Zeit werde festgesetzt werden. In Wien ist Graf Orloff, ter Generalakjutant des Kai. sers von Rußland tingetroffen, um der dortigen Eonferenz der vier Mächte Eröffnungen im Namen des Kaisers zu machen die durchaus im Sinne des Friedens sein würden. In Italien scheinen die Zustände die besten nicht zu sein. Aus der Nomagna schreibt man vom 18. Januar: Das Elend in unserem Lande trägt seine Früchte. In Ra. venna plünderte am Tage, nachdem die Oesterreicher abgezo. gen waren, ein Haufe Weiber alle Brvdverkäufer aus, Ver haftungen wurden vorgenommen, aber am folgenden Tage machte es ein noch größerer Haufe noch schlimmer. In Bognacavallo fiel eine Schaar von 400 bis 500 Menschen, zurückglkehrt von der Arbeit, welche ihnen die Gemeinde zur Unterstützung angewiesen, und nachdem sie Erhöhung des Lohns verlangt hatten, in die Bäckerläden ein und legte Hand anS Brod. Verhaftungen folgten, und da die Gefäng. msse nicht zureichten, wurden die Leute nach Ferrara gebracht. In Faenza kann man keine Hauslhüre öffnen, ohne vor der selben eine Schaar Armer zu erblicken, die das Mitleiden anrufen; die öffentlichen Gebäude sind von Haufen junger Mädchen und Bursche belagert, die Brod begehren, und von den Menschen, die wenigsten» Arbeit wollen. Das platte Land ist noch schlimmer daran, Lie Bauern muffen Almosen geben, weil sie sonst Gefahr laufen, sich beraubt und ihre Wohnungen angezündct zu sehen. Die Regierung hat Fluß bauten, di« Provinzialoerwallung Straßendauteu angeordnet, aber eS genügt nicht, auch reicht der ausgesetzte Laglohn nicht zum Leben aus. Frankreich. Der Moniteur bringt unterm 27. Januar einen Bericht des Finanzministers über die Finanzlage Frank, reichs. Man muß gestehen, auf dem Papiere sieht das Ding gut aus. Das Budget für 1853 war mit einem Deficit von 34 M<U. veranschlagt, wozu noch außerordentliche Ere- dits in Betrag von 64 Millionen binzukamen. Dieses Ge. sammtdesicil von 98 Millionen ist biß auf 4 Millionen wieder tzeruntergebracht durch die Vermehrung der Einnahme um 74 Millionen und durch die Annullation mehrerer außer, ordentlichen Bewilligungen. Man wolle sich aber erinnern, was über die Einnahmen bekannt ist, welche aus dem Ver. kauf von Slaatsforsten gewonnen sind, über die Einnahme aus den Orleansschen Gütern und endlich über die allerdings bedeutende Zunahme der indirekten Steuern um 42, Mill. Die ersten beiden Einnahmequellen stocken künftig ganz und bei Zeilen der Handelslähmung, der Theuerung, wie sie jetzt bkvvrstehen und zum Theil schon da sind, wird auch die letztere Einnahmequelle sehr Nachlassen. Das System der außerordentlichen Eredits, worin das napoleonsche System eigentlich liegt, indem daran sich die Beschäftigung der Ar beiter und dle Fürsorge für das Volk knüpft, kann aber nicht aufgegeben werden. Halten wir bas Alles zusammen, so ist die Finanzlage Frankreichs in Wahrheit keine glänzende zu nennen. Paris. 28. Januar. Die aus London bei der hiesigen Regierung gestern eingetroffenen Depeschen sind äußerst ernster Natur. Rußland wollte England die Initiative des Kriegs zuschieben, indem es der Flvttendemonstralion gegenüber lem. porisirte. Dagegen verlangt nun England vor allen weiteren Erplicationen die einfache Annahme der Wiener Vorschläge, widrigenfalls es den Krieg als unvermeidlich und sofort be vorstehend bezeichnet. Aus diesen Gründen, und da, wo es in diesen Depeschen heißt, an Rußlands Nachgeden nicht ge. glaubt werden kann, macht nun, wie versichert wird, die englische Regierung der französischen den Vorschlag, ein Schutz, und Trutzdündniß abzuschließcn und darin die Klausel aufzunehmen, daß nach Ausbruch deS Kriegs weder Frank reich noch England, ohne darüber einig zu sein, Unterhand, lungen mit Rußland anknüpfen können. Das hiesige Mini, sterium soll heute unter dem Vorsitz des Kaisers bereits den Abschluß des obigen Vertrags genehmigt und außerdem seine Zustimmung zur Absendung einer französisch.englischen Flotte nach dem baltischen Meere ertheilt Haven. Es soll ein Trup. pencorps nach dem Orient abgehen, und die Flotten des schwarzen Meeres sollen alle nöthigcn Verstärkungen erhalten. Wie bereits bemerkt, ist Louis Napoleon in der letzten Zeil kriegerischer gesinnt, «eil er eingesehen hat, daß seine Existenz auf dem Spiele steht, wenn er eine schwächliche Rolle in der orientalischen Frage spielt. Er har deshalb die Versuche zurückgewiesen, die noch in den letzten Tagen gemacht wur. den. um ihn zu Rußland hinüber zu ziehen. Die Herren Fould und de Morny unterstützten diese Bestrebungen. Es sind hier fortwährend (falsche) Gerüchte über eine Seeschlacht jm schwarzen Meere verbreitet. — General Pelissier, der von einigen als Obrrcommandant der französischen Armee im Orient genannt wirb, soll bereits Vorbereitungen zur Ab reise treffen. — Der russische Gesandte ist noch nicht avge-