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72. Jahrgang. O S0S Abenö-Ausgabe Montag, 2. gut« ISA Gegründet 18S« »rahlanlchr»!«: «.chrti-Ik» r«»d»o tzemliireckier-Tammelnummert 2S 241 Nur lür RachtgelVrLch«: 20 011 vom 1. bi» IS. Juli l»r« bti ILglich »weimaliger Zustellung srei H-ttl» 1.70 Mark. v>ievUl)r Postbe-ug«prei» sür Monal Juli S.40 Mark ohne PostjuftcllungSgeblihr. Mn,elnu«>mer io Pfennig. Die Anzeigen werden nach istoldmark berechnei: die einivaltige so mm breite Zelte > 85 Psg., für au«wLr>« 4N Pfg. ffamilienanzeigen und Ltellengeluche ohne Rabatt LlIlo"lej"l1 ^)1>-ls". in Psg., austerhalb SS Pfg., die 80 mm breite Rellamezeile soo Psg., austerhalb SSO Psg. Osfertengebühr l!« Psg. Aubwäriige Auslräge gegen Vorausbezahlung. SchrtlNeitung und -auv»geschlls««slelle: Marlenslraste 3S/42 Druck und Verlag von Liepsch » Relcharbl in Treiden Postscheck-Konto 1OSS Dre«de« Nachdruck nur mit deutlicher Quellenangabe („Dresdner Nachr.', zulässig. — Unverlangte Schriftstücke werden nicht ausbewahr«. Amnestie nur für Landesverräter! Mindestens 7H Fahre Fuchthaus sür Schulz und seine Kameraden. Kochs Verhandlungen mit den Parteien. Berti«, 2. Juli. Rcichöjustizministcr Koch-Weser hatte am Sonnabend und Sonntag mit den Fraktionssührcrn über die geplante R c i ch s a in n c st i e vcrliandelt. Die Hanptschwierigkeitcu macht nach wie vor die Rel,a»dlnng der wegen Kapitalverbrechen verurteilten politischen Straftäter, also der „Fememörder", und Max Hölz. Der frühere Vor schlag der Rechten, dast die lebenslängliche Strase der Feme mörder aus 7)4 Jahre I e st u n g 8 l, a s t ermästigt werden soll, wird keinesfalls angenommen. Aeustcrsteö Zugeständnis wäre, daß die lebenslängliche Strase in 7)4 Jahre Zuchthaus «mgcwandclt wird. Unter diesen Umständen würden alle politischen Berbrcchcr der Linken entlassen werde», auch Mar Hölz würde durch die Amnestie, falls daS Reichsgericht nicht aus Grund der Wiederansnahmeanträge seine Freilassung verfügt, in einem halben Jahre frei kommen. Die „Feme mörder" mühten dann noch sieben Jahre vcrbühcn. In die Amnestie sollen auch solche Straftaten cinbezogen werden, die ans sozialer Not begangen sind, sowie die Landesverrats! a che n. soweit die Tat nicht ans Eigennutz geschehe» ist. Sämtliche Personen, die wegen Landesverrats, begangen durch die Presse, verurteilt sind, würden dann entlassen werden. Die lausenden Verfahren würden niedergeschlagen. « Es kennzeichnet die scharfe Linkstendenz der neuen Neichs- regierung, dast der demokratische Jnstizmiiiister den Parteien sofortige Freilassung von Mordbrennern, wie Max Hölz, Vor schlägen kann, während über das Ansmast der Strase sür so genannte „Fememörder" erst ein völlig unbefriedigendes Kom promist gesunden werden soll. 7)4 Jahre Znchtlians sedensalls sür Leute wie Oberleutnant Schulz, deren ganzes Handeln nur im Dienste des Vaterlandes stand, mnst das nationale Deutsch land als einen Schlag ins Gesicht empfinden. An den Ministern der Deutschen Volkspartei wird es nun liegen, das Schlimmste zu verhüten. Die Regierungserklärung fertig. lDrahtmcldung,unserer Berliner Schrlstleltung.l Berlin. 2. Juli. Das Kabinett hat die Regierungs erklärung setzt scrttggcstellt. -Heute vormittag fand nochmals eine Kabinettsitzung statt, in der aber lediglich eine letzte redaktionelle Ucbcrarbeitung der Erklärung vorgcnommen wurde. Tic demokratische Presse weist zu berichten, dast im Vordergrund der Regierungserklärung die Fragen stehen würden, die jetzt noch vor der Sommerpause geregelt werden sollen, und zwar vorzugsweise die Amncstiesrage und die Frage der Lohnsteucrsenkung. Es wird nochmals bestätigt. dast eine Freilassung der Fememörder nicht in Frage kommen werde, denn der Rcichsjustizministcr Koch- Weser hätte sich ganz entschieden dagegen aus gesprochen. In der Lohnstenersrage verhandelt der Ncichs- sinanzniinister Tr. Hilfcrdiiig noch mit den Fraktions- sührern. Die vorgeschlagcne Novelle zum Einkommensteuer gesetz wird wahrscheinlich als Initiativantrag cingebracht werden. Tie Vertrauensfrage wird vom Kabinett gestellt werde», auch wenn von volküpartcilicher Seite im Augenblick »och erklärt wird, dast man noch nicht wisse, wie man sich dazu verhalten solle. Gegen die Zersplitterungssuchi. Abwehr der Deulschnattonalen. lDraht Meldung unsrer Berliner Schrlstleltung.l Berlin, 2. Juli. Der badische Landesverband der Deutsch nationale n Volkspartei hatte, wie die Pressestelle der Dentschnationalen Volkspartci vcrlantbart, in diesen Tagen einen neuen Zersplittcrungsversuch abzuwehrcn. Von Württemberg her versuchte der „Ehristlichc Volks- dicn st" auch in Baden Fuh zu fassen. Die Partei entsandte führende Leute des Evangelischen Reichsausschusses der Partei und cs gelang ihr, den Zersplittcrungsversuch ab zuwehren. Tic Partei gibt der -Hoffnung Ausdruck, dast die evangelischen Kreise Badens, die cS wahrlich nicht leicht haben, weiterhin Zerjplitternngsvcrsnchcn widerstehen. Der „E h r t st l i ch c V o l k s d t c n st" hat in Bauern in den letzten Landtagswahlcn 42 000 Stimmen zusammengcbracht, die völlig insLeeregcsallcn sind, hat in Westfalen 10 072 Stimmen zusammcngcbracht, die gleichfalls verloren gingen. Nimmt man dazu, dast der Völkisch-nationale Block mit Hofprediger I>. Döring 204 565 Stimmen, die keine par lamentarische Vertretung fanden, zusammengcbracht hat. dast eine „Evangelische Volksgemeinschaft" mit 51 405 Stimmen ins Leere fiel, dast die Bolksrechtpartei mit 480 078 Stim men nur zwei Resultate zusammcnbrachtc, so zeigt sich, wohin solche Zersplitterung führt. Die Pressestelle der Deutsch- nationalen Volkspartci ist der Meinung, dast cs dieser Zcr- splittcrnngssucht zn verdanken ist, dast setzt wiederum ein Dissident die deutsche Rcichskanzlerschast übertragen be kommen hat. Wefkarp wir- wie-ergewähtt. Berlin, 2. Juli. Die dcntlchnatioiialc NcichStagsfraktion trat heute vormittag zu einer Sitzung zusammen, die sich zu nächst mit dem politischen und geschäftöordnungsmästigen Arbeitsplan der Fraktion beschäftigte. Heute nachmittag soll in einer weiteren Sitzung die Wahl des Fraktlonsvorsitzendcn vorgenommcn werden. Die Wiederwahl des bisherigen F-raktionsvorsitzendetl Grafen Westarp gilt als sicher. Die Differenzen des dentschnationalen Abg. Lambach mit der Dentschnationalen Volkspartei wegen seiner Veröffent lichung zur Frage Monarchie oder Republik werben bei den Beratungen der dcnlschnationalcn RcichStagsfraktion nicht zur Sprache kommen, da sic als Organisationsangelcgenhett der Partei und nicht der Fraktion gelten. Französische Schlamperei Im Bergwerk. Noch 20 Dergarbetter unrettbar verloren? Paris, 2. Juli. Wie zu dem Grubenunglück in RochcS- la-Moliere noch weiter bekannt wird, soll die Grube, in der sich das Unglück ereignete, nach Aussagen der Ingenieure be sonders gefährlich sein. Der letzte Brand war im Jahre 1025 ausgebrochen, konnte aber damals ohne Verlust von Menschenleben eingedämmt werben. Nach der in der ,,-Humanitö" wicdergcgcbencn Auffassung eines der geretteten Bergarbeiter soll das Feuer seit drei Jahren nie ge löscht worden sein, so dast sich die Kohlengase im Stollen an- sammeltcn. Das gleiche Blatt will im Gegensatz zn den amt lichen Feststellungen wissen, dast in der Grube noch 20 Arbeiter ringeschlosscn seien, für deren Rettung keine Hoffnung mehr besteht, was die Zahl der Todesopfer anf gegen 70 erhöhen würde. Tie meisten Verstorbenen waren verheiratet und hinterlassen insgesamt 57 Kinder von weniger als 18 Jahren. Einige Bergleute hintcrlasscn eine Frau mit sieben bis neun Kindern. Von den Toten sind 8l Franzosen, 11 Polen, vier Marokkaner, einer Italiener und einer Tschcchv-Slvwake. Außerdem sind noch nenn Schwervergistctc geborgen worden. Zugunglück im Berner Oberland. Basel, 2. Juli. Ein Zug der Berner Oberlandbahn stürzte zwischen Wilderswil und Zwcilntsckiincii i» einen Wild bach. bei dem kurz vorher die über diesen führende kleine Brücke infolge eines heftige» Gewitters vom Wildwasser weg gerissen worden war. Der Zug wurde von zwei Lokomotiven gezogen. Während die vordere Lokomotive bremste, fuhr die Hintere in gleicher Geschwindigkeit weiter. Die erste Loko motive wurde ins Bgck'bett gestosten. Der nack,folgende Gepäck wagen und zwei Personenwagen türmten sich anf diese ans. Ein Fräulein wnrde getötet, zehn in der Schweiz wohnhafte Reisende zvm Teil schwer, zum Teil leichter verletzt. Ferner wurden auch noch einige Deutsche verletzt. Große Flollenparade in Le Kavre. Berlin, 2. Juli Am 8. Juli findet in Le Havre unter Anwesenheit des Staatspräsidenten Doumcrguc eine grobe Flottcnparadc statt. Der Präsident wird an Bord des Panzerkreuzers „Jcanne b' Are" begrübt werden und dann aus einem Torpedoboot der Flottcnparade folgen. Insgesamt nehmen 78 Kriegsschiffe sowie 50 Flugzeuge an der Parade teil. Die Pariser Presse sicht in der Flottcnparadc die not wendige Demonstration der Wiedergeburt zur See und ein grandioses Schauspiel, das eine beträchtliche Effektivmacht dar- stcllt. Frankreich will anstrebcn, auf dem Meere den Rang zu halten, der ihm zufolge der Stellung Frankreichs als zweite Kolonialmacht zukomme. Abflug -er „Bremen"'Ftieger nach Lon-on Hamburg, 2. Juli. Die „Bremen"-Flieger sind Montag vormittag 8)4 Uhr vom Flugplatz Fuhlsbüttel mit der „Europa" nach London gestartet. In Amsterdam ist eine Zwischenlandung vorgesehen. General Obregon -er neue Präsi-enk Mexikos Mexiko, 1. Juli. General Obregon wurde heute zum Präsi denten von Mexiko gewählt. Seine Amtszeit beginnt am 1. De zember d. I. »»d wird sechs Jahre dauern. Er war der einzige Kandidat sür das Amt. General Obregon bat angekündigt, er werde in der -Hauptsache die Politik des gegenwärtigen Präsidenten Eallcs fortsctzc». Der Wahltag verlies ruhig. Es waren svrgfältigc VorsichtSmastiiahnieii zur Ausrcchtcrhaltniig der Ordiinng getroffen worden. lW. T. B.) Der Stahlhelm in Oppeln. Oppeln, 1. Juli. Tic oberschlesische -Hauptstadt steht heute ganz im Zeichen des Stahlhelms. Lange Strastenzüge prangen im Schmuck der schwarz-weist-roten Farben und auch die An teilnahme der Bevölkerung, die gestern noch eine gewisse Zu rückhaltung an den Tag legte, gestaltete sich von Stunde zu Stunde wärmer und herzlicher. Da der Fürstbischof von Breslau das Abhalten der Messe beim Feldgottesdienst sür „untunlich" erklärt hatte, waren die beiden katholischen Pfarr kirchen der Stadt bereits zum 7-Uhr-Gottcsdieiist fast aus- schlicstlich von Stahlhelmkaineraden besucht. Anschliessend fanden sich beide Konfessionen zu dem groben Feldgottcsdtenst zusammen, bei dem der frühere katholische Divisionspfarrcr Dr. -Hotnka, und von evangelischer Seite Pfarrer Holm die enge Verbundenheit von Stahlhelmgctst und Gottesglauben darlegten und bekannten. Bei einem einfachen Mittagessen im .Handelskammer saal sprach der l. Bundcsführer, Franz S e l d t e, noch einmal aus, was die Aufmärsche des Stahlhelm — vor vier Wochen in Hamburg und Königsberg und jetzt in Schlesien — be deuten und in Herz und Hirn des deutschen Volkes hämmern sollen: Wir lehnen den Vorwurf ab, dast unsere Massen aufmärsche, die uns niemand nachmachen kann, keinen Geist und keine Idee Hütten. Wir sind keine Weichlinge des Geistes, wir sind keine „ästhetischen" Köpfe, sondern mir sind die brutal austretcnde Masse der nationalen Frontsoldaten, die nichts weiter wollen, als den Sieg ohne Kompromist." Be geisterte Zustimmung und Anerkennung dessen, was der Stahlhelm ist und geleistet hat, sprach aus den mit Jubel auf- gcnommenen Reden des Vertreters des Provtnzialkrteger- vcrbandeö Schlesien, des Vertreters von 8)4 Millionen Tudetcndcntschcn, Senator Dr. B l u n a r, sowie des inoffi ziellen Vertreters der Stadt Oppeln, Generaldirektor Mälztg, der unter stürmischen Verfall der Versammelten erklärte: „Wer nicht ganz verblödet und bösen Willens ist, der must wissen, dast diese feldgrauen Tausende nicht hierher gekommen sind, um jemand zu beleidigen, sondern aus treuem deutschen Empfinden und um uns zu zeigen, wie es in Deutschland ge macht werden must." Die spontane Begeisterung erreichte ihren Höhepunkt, als der 2. Bundcsführer, Oberstleutnant Tue st erber g, dem Vertreter der Sudetendcutschcn er widerte: „Sie dürfen überzeugt sein, -Herr Senator, dast der Stahlhelm kein höheres Ziel kennt, als einst die Grcnzpsühle zwischen uns und Ihnen zu beseitigen." Mit der Verlesung der zahlreich eingcgangenen telegraphischen Grübe seitens des Reichspräsidenten, des Stahlhelm-Gau Nordamerika, der Tiebcnbüraischen Frontkämpfer in Hermannstadt, der Ka meraden Köhl und Hüneseld usw. fand die Veranstaltung ihr Ende. In Anwesenheit des Kronprinzenpaares, das zu kurzem Besuch von Oels herübcrgekommen war, fand um 3 Uhr nach mittags aus dem Oppelner Exerzierplatz der grobe Frontsoldatenappell statt, lieber 18 000 Mann — weit mehr als die Zahl, mit der die Leitung auf Grund der Voranmeldungen gerechnet hatte — standen im tief gegliederten offenen Viereck vor den Stan darten der Bundcsführer, die unter den Klängen dcsPrä- scnticrmarsches die kilometerlange Front abschritten. Noch einmal spricht Franz Scldte. Erinnert an Hamburg und Königsberg. Spricht von der Macht und Kraft des Stahl helm, der der Welt gezeigt hat, was freiwillige Disziplin tn Deutschland noch an Männern und Kämpfern zu vereinen vermag. Mit kurzem Wort weiht er noch eine starke Gruppe neuer Fahnen, die, wie alle Fahnen des Stahlhelm, den Flor der Trauer tragen müssen, „bis der letzte Feind aus deutschem Gebiet verschwunden tst." Btcltausendstimmiges „Fronthcil" schlägt in dreifacher Salve über das Feld. Das Deutschland lied steigt zum -Himmel. Eine Stunde später folgt der Parademarsch. 18 000 Stahlhelmer marschieren . . . Vergebliche Suche im Eismeer. Nom, 2. Juli. Nach einem von zuständiger Stelle mit- geteilten Funkspruch der „Citta di Milano" sind gestern vor mittag die beiden Italienischen Großwasscrflugzeuge unter Füh rung Mabdalenas und Penzos sowie das dreimotorige Schwe. den-Flugzeug aufgcstiegcn, um die Gruppe Viglieri mit Lebens. Mitteln zu versehen und die Nachforschungen nach den Trüm mern der „Jtalia" aufzunehmen. Als die drei Wasserflugzeuge in die Nähe von Kap Smith gekommen waren) stieben sie anf dichten Nebel, der es ihnen unmöglich machte, das rote Zelt der Viglieri-Grnppe zu erkennen und ihre Nachforschungen fort- zusetzen. Infolgedessen kehrten die Flugzeuge um und trafen am Nachmittag wieder in der Birgo-Bucht ein. Aus dem Be richt der drei Flugzeugführer geht hervor, dast der starke Oft wind an der Norbküste des Nordostlandcs grostcRisseund Kanäle im Packeis verursacht hat, was wahrscheinlich das Vordringen des Eisbrechers „Krassin" zur Gruppe Viglieri erleichtern wird. Der „Krassin" befand sich am Sonntagmittag 18 Meilen westlich der Insel Perry. lW. T. B.) Ein weiteres Opfer -er Rettungsversuche? Berlin, S. Juli. Von dem am Freitag von dem russischen Eisbrecher „Malygin" zur Suche nach der Lundborg» Gruppe ausgcstiegcncn Flieger Vabuschkin fehlt bis setzt jede Nachricht. Noch kurze Zeit nach dem Start hat Vabuschki« mit dem Eisbrecher In Funkverbindung gestanden, dann ver» stummte sein Sender.