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oigtländischer Anzeiger. Sechszigster Jahrgang. Verantwortliche Redaction: 0 r. G Jahn. Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Die Jnsertionsgebühren des Raumes. — Abounemeutspreis für dieses Blatt, auch bei Beziehung durch die Poft, 1 Thlr. 6 Ngr. — rdm mit 1 Ngr. für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Verhältniß abend. 28. April L84V. Brustbilder aus der Pauiskirche. tzt, wo alle Blicke wieder mehr als je nach Frankfurt et sind, wo alle diejenigen, welche ihr Vaterland lieben je so heiß ersehnte Einheit sich nicht noch im letzten blicke durch Diplomatenkünste, aristokratischen Uebermuth iMsmannische Kurzsichtigkeit wollen vereiteln lassen, offnung auf die Manner setzen, die in Frankfurt tagen, e treu zu dem Volke stehen werden, das sie gesendet >ß sie festhalten werden an der Souveränetät der Nation, icn übertragen ist und kraft welcher sie das Recht und licht haben, dem deutschen Volke eine Verfassung zu und darauf zu sehen, daß die gegebene vollzogen werde; ird es noch an der Zeit sein, unsern Lesern die Bilder der hervorragendsten Mitglieder derFrankfurterNational- !mlung vorzuführen, wie sie von meisterhafter Hand in Brustbildern aus der Paulskirche" gezeichnet sind. iir machen den Anfang mit Zerzog um eines Briefes , den er an seinen Sohn geschrieben hat, und der cs it, auch von andern in weiten Kreisen beherzigt zu werden. Adolph von Zerzog egensburg. Wie Detmold der Vater der witzigen und n Parlamentsanekdoten, so gilt v. Zerzog als der Ur- einer Menge von Kernsprüchen so naiver, den Nagel auf den Kopf treffender Art, als hatte sie der Volks- selbst erfunden. Nicht der papierne, sondern jener geist, der mit Luft und Wetter auf du und du lebt, is voller Brust durch die Berge jubelt, auf dem Acker chweiß des Angesichts arbeitet, das Wild im Forste lnd auf dem See die klaren Wogen mit dem Ruder In der Paulskirche wird Zerzog wenig anders als die kräftige Art bemerkbar, in der er auf seinen Namens- zu antworten pflegt. Er strengt sich dabei an, als er auf dem einen Ufer der Donau, der verlesende air auf dem andern, und dort, wo der Strom schon reit ist. Auch im Augsburger Hose ist er meist still, er nicht etwa die verfitzte Debatte mit einem zornigen Hiebe zerspaltet, daß die gesunde Vernunft so nackt us der dialektischen Schale und auf die Hand fällt, e ein Blinder greifen mag. Es kann der Linkesten leicht etwas Aergeres nachgesagt werden, als daß sie im so ehrlichen Haut, die dabei von dem feinsten Instinkte für das Gute und Rechte ist, wie Zerzog — nicht auf das Grimmigste gehaßt — aber auf's Kläglichste verachtet wird. „Ich habe mit dem Volke gelebt — Ihr sollt mir nichts weiß machen, was es denkt und will." Seine Wähler haben einmal den Versuch gewagt, ihm eine Instruktion zu schicken. Zerzog erwiderte kurz: Die einzige Instruktion, die ick von Euch oder sonst Jemand annehme, ist: Grüß dich Gott, Zerzog, und wir hoffen, das du dich wohl befindest. Sein Aeußeres ist so knorrig wie sein Eha- rakter. Uebrigcns kann ihn nichts besser charakterisiren, als ein Brief, den er an seinen Sohn geschrieben, als dieser kürzlich die Universität bezog. Wir heben folgende Stellen daraus hervor: „Es wird wohl lange nicht mehr sein, daß Ihr wie Euere Väter das herrliche Leben lebt, welches ein Haufe junger, ehrlicher, fröhlicher, frischer Gesellen führte — in Un schuld sich freuend über die schöne Gotteswelt und der vollen Kraft, sie zu genießen. — Unsere Universitäten sollen unser Stolz bleiben in allen Zeiten. — Nirgends war freiere Pflege der Wissenschaft, nirgendwo diese Selbstregierung freier, gleicher und gleichgebildeter Jugend, die kein Gesetz kannte, als Muth und Ehre! — Die unbekümmert um der Zeiten schwere Noth und die prosaischen Aengsten und Nöthen der Philister — den ungebeugten Sinn und das offene Herz mit hinüber nahmen in die ihrer harrenden Kämpfe des Lebens. -- Darum siehst Du noch dem alten Graukopf an, ob er ein Bursch war und was für einer — und darum glänzen ihm noch die alten Augen — wenn er erzählt von der schönen Zeit und den lieben Kameraden! Hat uns schon der Polizei zopf, Jesuiteneinfluß und Bureauprotzerci das Leben ver kümmern wollen — wir selber haben's uns doch nicht ver kümmert — wir sprangen lustig weg über die knotigen Schranken und blieb einer hängen, was war's viel? — wir zahlten der gährenden Zeit unsern Tribut, aber alles in Ehren und auf Burschenweise, nicht mit weisheitsgrinsendem Altvatergesicht und der verrunzelten Anmaßung eines philo sophischen Siebenmonatkindes." „Die ganze Welt ist toll geworden, und daß die Jugend allein gescheidt bleibt, ist nicht wohl zu verlangen — aber Jugend soll sie doch bleiben und nicht aussehen, wie eine ekelhaft abgelebte Affen-Frühgeburt, die nach der Pfeife eines schmutzigen Schurken tanzt, der behauptet: „es wäre der Zeitgeist." — Man sollte glauben, es gehörte blutwenig Grütze dazu, um einzusehen, daß einer, der etwas gelernt