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VoigllänWcr Anzeiger. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. KechsulWebenzWer 3ah«MNg. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Diese- Blatt erscheint wöchentlich viermal, und zwar Dienstags, Mittwochs, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher Abonnementspreis, welcher prLllumepimäo zu entrichten ist, auch bei Beziehung durch die Post 1 Lhlr. 26 Ngr. — Annoncen, die bis Vormittags 11 Uhr cingehen, werden in die Tags darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später ein gehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene LorpuS-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Für die ruSwärtigen Königl. Gerichtsämter und Stadträthe, für welche der Boigtländische Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Karl August Kretschmer, in Elsterberg bei Herrn F. W. Feustel, in Schöneck bei Herrn E. A. Hüttel sea., in Mühltroff bei Herrn Lhausseegelder-Einnehmer Holzmüller. Sonnabend. II. Mär, Der Nationalverein, welcher längere Zeit unthätig sich verhalten zu haben scheint, rührt sich wieder, und einer der tüchtigsten Redner desselben, Advokat und Landtagsabgeordneter Metz aus Darmstadt, hat in Leipzig, Dresden, Chem nitz, Glauchau rc. vor Volksversammlungen für die Strebziele des Vereins zu wirken gesucht. Am meisten scheint er in Glauchau Erfolg gehabt zu haben, ha sich daselbst 120 neue Mitglieder in den Verein einschreiben ließen, weniger günstigere Ergebnisse meldet man von den übrigen Orten. Diese Werbereise in Sachsen soll stattsinden, um unser politisch laues Volk für die Zwecke des Nationalvereins zu erwärmen; oder, wie Andere behaupten, um Geld zu machen für die angeblich leeren Kassen des Vereins. Letzteres wollen wir dahin gestellt sein lasten, da es uns eben blos auf die Zwecke, welche der Nationalverein erstrebt, ankommt. Diese Zwecke sind bekanntlich ein deutscher Bundesstaat, d. h. einer Verfassung für Deutschland, nach welcher die deutschen Fürsten und Staaten auf selbstständige (diplomatische) Vertretung, sowie auf Verfügung über ihre Heere zu Gunsten eines Oberhauptes Verzicht leisten, alle deutschen Völker aber in einem Parlamente oder Gesammtlandtage für ganz Deutschland ver treten sein sollen. Früher, zur Zeit der neuen „Aera" in Preußen, bezeichnete der Nationalverein offen den König von Preußen als die „Spitze" Deutsch lands; seitdem aber unter Bismark der militärische Absolutismus in Preußen auf alle „moralischen Eroberungen" freiwillig verzichtet hat, sagt der National verein weder schriftlich noch mündlich etwas mehr von einer preußischen Spitze, sondern erklärt, daß das künftige Parlament die Spitze zu „wählen" haben soll, wozu gewählt zu werden, freilich, wie Hr. Metz in Dresden meinte, weder der Bürgermeister von Frankfurt, noch der Landgraf von Hessen-Homburg Aussicht haben würden. Da aber Herr Metz bei aller Zurückweisung des Vorwurfs, als wolle der Nationalverein die preußische Spitze, doch erklärt, dieser Verein verschließe sich nicht den wirklichen Machtverhältnisten, und im Parlamente würden die Vertreter eines deutschen Staates von 18 Millionen Menschen (Preußen) wahrscheinlich den Ausschlag geben, so läuft doch das offene oder schwach versteckte Ziel des Nationalvereins auf eine preußische Spitze, auf ein Großpreußen oder Klemdeutschland hinaus. Und wenn Hr. Metz weiter sagt, man müsse die Dinge nehmen, wie sie sind, nicht wie sie sein könnten, der Schwerpunkt liege nun einmal in Preußen, und es handele sich nur darum, Lie 18 Millionen Preußen recht deutsch zu machen, und das wolle der Nationalverein, so findet sich bei diesem Nehmen der Dinge, wie sie sind, daß, mit Ausnahme des etwa 20,000 Köpfe starken Nationalvereins, eS 18 Mill. Deutsche giebt, die durchaus nicht preußisch werden wollen, die schon durch und hurch deutsch sind, nicht erst, wie die Preußen, deutsch gemacht zu werden brauchen, überdieß auch starke Zweifel hegen, ob eS jemals und Jemandem, einschließlich des Nationalvereins, gelingen werde, die Preußen deutsch zu machen. In Sachen Schlswig - Holsteins geht wenigstens heute noch daS altpreußische Volk mit Bismark und seiner Blut- und Elsenpolitik für die Annexion oder doch für ein „Preußen zweiter Klaffe." Die Einheit Deutschlands erstreben, wie der Nationalverein, so ziemlich alle Deutsche, denen die constitutionell-freiheitliche, möglichst einheitliche materielle und moralische Einigung Deutschlands im Innern und dessen Machtgeltung nach Außen nicht gleichgiltig sind. Aber da- praktische, realpolitische, wirklich mögliche Streben, da- Hr. Metz mit Recht empfiehlt, scheint uns nicht auf Seilen de- Nationalvereins und der bundesstaatlichen Bestrebungen, sondern auf Seiten derer zu sein, welche nicht das Ideale, schön Gedachte, sondern daS Mögliche, auf friedlichem Wege und den gegebenen Grundlagen Erreich bare erstreben. Erreichbar aber ist unter den gegenwärtigen Umständen eine Vereinigung der constitutionellen Mittel- und Kleinstaaten mit 18 Millionen Menschen zu einem Parlament, einer militärischen Einheit, einer diplomatischen Vertretung rc., mit einem Worte ein Anfang; unerreichbar, Preußen und Oesterreich dahin zu bringen, daß sie ein deutsches Parlament anerkennen und dessen Beschlüssen sich fügen; unerreichbar, obgleich auf Preußen ein, nicht der Schwerpunkt liegt, daß die deutschen Mittelstaaten und ihre Fürsten sich einem Bundesstaate mit preußischer Spitze unterwerfen, der sie ehebalvigst me- diatisiren würde. Herr Metz rechnet zwar auf die Macht des Gedankens und des gesetzlichen Kampfes, wobei er Schleswig-Holstein als Beleg anführt. Allein er vergißt ab- ober unabsichtlich, daß in der Frage der Elbherzogthümer ganz Deutschland, alle Parteien, Glaubensbekenntnisse, Stände einig waren, bezüg lich des Bundesstaates und deS Staatenbundes für Deutschland aber ein scharfes und schneidend-grundsätzliches Auseinandergehen der Ansichten besteht. Die An hänger der StaatenbundeSverfassung für Deutschland, vom Fürsten bis zum Geringsten im Volke, wissen recht gut, daß der Bundestag in seiner gegenwär tigen Verfassung nicht mehr haltbar und die Bundesverfassung einer Reform dringend bedürftig, aber daß doch eben die von Preußen geflissentlich verhöhnte, von den Anhängern des Bundesstaates wohlfeil bewitzelte Bundesverfassung noch vas einzige, wenn auch gelockerte und lose, staatsrechtliche Band für Deutschland ist, das immerhin noch beibehalten werden muß, so lange nicht eine verbesserte Form desselben vorhanden ist. Mit einer Verbesserung dieser Form aber geduldig zu warten, bis es den Bestrebungen des Nationaloereins gelungen ist, alle Bürger und Negierungen der Mittel- und Kleinstaaten durch Belehrung, überhaupt auf moralischem Wege, für Aufgabe ihrer staatlichen Selbstständigkeit und den Bundesstaat so zu entflammen, daß dieser unvermeidlich ist, scheint uns, nach den Ergebnissen der Wirksamkeit des nun schon 6 Jahre bestehenden Nationaloereins weit aussehend und zweifelhaft, eher aber wahrscheinlich, daß dieser Verein, ohne es zu beabsichtigen, Hcn. v. Bismark in die Hande arbeite, der ebenfalls aus verbündeten, gleichberechtigten und selbstständigen deutschen Staaten ein Großpreußen oder Kleindeutschland, freilich kürzer und praktischer, nämlich mit Blut und Eisen, zusammenschweißen und mit Schleswig-Holstein den Anfang machen will. Wir fürchten, daß nicht der Geist, wie mit Herrn Metz Jever wünscht, sondern eher und weit mehr die rohe Gewalt, vorzugs weise auch dadurch, daß der Nationaloerein den Bundesstaat empfiehlt, wenn auch nicht siegreich gemacht, doch gekräftigt werde. Zeitungen. Sachsen. Se. Maj. der König haben allergnädigst geruht, die wider den vr. püil. Arnold Ruge, früher in Leipzig, jetzt in Brighton, wegen Tyeilnahme an den hochoerrätherischen Unternehmungen deS Jahres 1849 eingeleitete Untersuchung niederzuschlagen. Im Zwickauer KreiSdirections - Bezirke haben über die Hälfte der Land gemeinden erklärt, ihre Gemeindewahlen selbstständig und ohne obrigkeitliche Leitung vorzunehmen. Wir hoffen, den Tag noch zu sehen, an dem alle auf eigenen Füßen zu stehen gelernt haben werden.