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418 daß sie diese Angelegenheit am besten kennen und auch am besten darüber urtheilen müßten. Sehr brav! — Ueber- haupt scheint man hier darnach zu streben, die Maßregeln der Regierung zu ueutralisiren. Der neulich entlassene Con-' sistorialrath David Schulze in Breslau erhielt an sei< nem Geburtslage von einer Deputation des Magistrats und der Stadtverordneten eine Adresse und eine silberne, pracht voll ausgestattete Votivtafel. Die Studenten überreichten ihm einen meisterhaft gearbeiteten silbernen Ehrenbecher mit der Statuette Luthers, der die aufgeschlagene Bibel mit den Worten: „ES werde Licht!" — in der Hand hält. In Elbing wurde dem wegen einer Schrift zur Festungsstrafe verurtheilten Schriftsteller Walesrode auf dem Wege nach Graudenz ein Fackelzug gebracht, ihm in dem Hause eines Landlagsdeputirten ein großes Mittagsmahl gegeben und dabei 300 Thlr. verehrt. Doch eine sehr verständliche De monstration! — Der bekannte Lehrer Wander in Hirsch berg, der angeklagt war, durch seine Vorträge in den Bür?! gerversammlungen die Landesgesetze frech und unehrerbietig getadelt zu haben, ist von der Anklage vollständig freige sprochen worden, und die Kosten wurden sämmtlich nieder geschlagen.— Bis zum Schlüsse des Jahres 1844 sind im Königreich Preußen durch 12 verschiedene Gesellschaften 122^ Meilen Eisenbahnen mit einem Aufwand von 36 Mil lionen Thalern erbauet worden. Der Verkehr darauf hat bereits begonnen. — In unserer Nähe ist Großes geschehen. Der Fürst von Reuß-Lobenstem-Ebersvorf, Heinrich 72., hat vom König von Schweden dos Großkreuz des Nordstern- Ordens erhalten. Welche Verdienste er nur um Schweden haben mag! — Aus London und England überhaupt sind bedeutende Quantitäten gemünzten Silbers nach dem Kontinente abgegangen, um der Geldnoth abzuhelfen; spürt der gen. Leser davon noch nichts? — Die Zubereitungen zu dem baierschen Landtag gehen rasch vorwärts und seine völlige Eröffnung durch den König ist nun erfolgt. Zu Präsidenten der Kammer wurden der Abg. Freiherr von Rothenhan und der Decan Friedrich aus Gundelfingen gewählt. Der frühere Präsident, Minister und Graf von Seinsheim war nickt zum Vorschlag mit aufgerückt. — Nack öffentlichen Blättern nimmt der Nothstand in der Provinz Ostpreußen immer mehr überhand, die Getreidepreise stehen auf einer enormen Höhe und die Kartoffeln faulen. Schleckte Aussichten für das ohnehin hart geplagte Land. Die Nachrichten aus dem südlichen und westlichen Deutsch land lauten in dieser Beziehung beruhigend. Die Messe zu Frankfurt an der Oder soll trotz alles Anpreisens nur mittelmäßige Resultate geliefert haben. England. Hier sieht es gerade nicht ruhig aus. Zn Irland ist die öffentliche Sicherheit mchr als je gefähr det, die Noth des Volks steigt immer höher, da es an den nothwendigsten Lebensmitteln fehlt. Die Kartoffelfäule greift immer weiter um sich. Amerika. In Nordamerika dreht sich jetzt Alles um die Oregonfrage, d. h. ob dos Gebiet den Amerikanern oder Engländern gehören soll. Manche wünschen ein Verschieben dieser Gelegenheit, um einen Krieg zu vermeiden; die Mehr zahl fordert aber eine unbedingte sofortige Entscheidung die ser Angelegenheit. Die Engländer rüsten sich zum Seekrieg, wahrscheinlich wollen sie wieder ein Reich des freien Ame rikas unter ihre weitausgreifende Fittige nehmen. Die Amerikaner werden da die Hände auch nicht müßig in den Schvoß legen. Qertliches. In einer über örtliche Verhältnisse Plauens uns zu gegangenen Mittheilung, die jedoch wegen ihrer Umfänglich- ikeit aus Mangel an Raum nicht wörtlich mitgetheilt werden !kann, klagt man zuerst über ungleiche Verlheilung der städtischen Lasten, wobei der Nepotismus, d. h. das Vetter-, Gevatter-, Schwäger- und Geschwisterthum u. s. w. eine Hauptrolle spiele, was Golt im Himmel zu erbarmen sei; namentlich seien die armen Lohnweber vor den Fabri kanten prägravirl, und dabei wird der Wunsch ausgesprochen, daß diese Anlagen in Zukunft ohne Ansehen der Person und nach Maßgabe der königl. Steuern (welcher?) erfolgen mögen. Wie die armen Weber, so seien die armen Näh- mädchen zu hoch angesehen; da trüge der Schein. Manche trüge einen Kaftan und bade kein ganzes Hemd auf dem Leib. (Wollen wir nicht streiten!) Das geschähe in der Absicht, um einen Mann anzuködern, und dazu werde Hut und Schleier getragen. — Zu Gesellschaften habe man Geld, aber zu städtischen Abgaben sei man ganz beutelfaul. Die mit fester Besoldung Angestellten woll ten nicht mehr auskommcn können, sondern verlangten Zu lage. Das sei falsch; wem sein Gehalt zu wenig sei, der möge die Stelle niederlegen. (Richtig! Das ist die alte Leier auch anderwärts, namentlich der sogenannten Bierhaushelden!) Hierauf gehls über die Polizei her, die hundeschlccht bestellt sei; die Polizeidiener thäten ihre Schuldigkeit nicht, sie zeigten nicht an, wenn das Gemäß zu wenig und die Bäckerwaaren zu klein seien. (Die sind auch anderwärts jetzt etwas microscopischer Natur.) Man solle nickt die Schaustücke auf dem Bäcker laden wiegen lassen u. s. w. Die Statt könne viel er sparen, wenn das Stadtgericht an daS Amt (soll wohl heißen: „an den Staat") abgegeben würde; es fehle an einem Vernehmzimmer (wozu das? Es soll ja jetzt Alles öffentlich sein.) — Plauen brauche keine Frohnveste und keinen Wachtmeister! Der Nachtunfug nehme wieder stark zu. (Und keinen Wachtmeister?) Das ßäme daher, weil