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Voigtländischer Anzeiger. Sechs und fünfzigster Jahrgang. Redigirt von Advocat C. Wieprecht. Druck und Verlag von C. Wieprechts seel. Wittwe in Plauen. Jährlicher Abonnementspreis für dieses Blatt 25 Neugroschen. — Die Jnsertionsgebühren werden mit 1 Neugrofchen für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Verhältniß des Raumes. — Sonnabend. Ci ns ist Noth! Zuruf an Deutschland's Journalisten. (Antwort auf die Anfeindungen der Presse.) Eins ist Noth! — Noch fehlt's an allen Enden; Deutschland trägt geduldig seine Schmach, Nagt begierig an der Hoffarth Spenden, Aefft gewillig fremde Sitten nach, Nimmt statt Kern die leere, hohle Schaale, Ist nur groß beim Klange der Pokale; Ist politisch nur bei Wein! Soll's so sein? — Eins ist Noth! — Drum auf ihr Journalisten, Laßt beim Wein den deutschen Zopf sich brüsten; Ihr, das Salz der Gegenwart, Würzt die feige, deutsche Art! Eins ist Noth! — Noch klagt man aller Enden Um ein einig deutsches Vaterland; Da giebl's Sachsen, Preußen, Hessen, Wenden, Und noch fehlt dem Volk das rechte Band. Abgesperrt sind Grenzen, Weg' und Stege; Frankfurt selbst hat Schlagbaum und Gehege, Ucberall ein andrer Sinn. Bringt's Gewinn? — Eins ist Noth! — Drum auf, ihr Journalisten, Streicht in eurem Buch die deutschen Listen, Seid rin Herz und Seele nur, Einigt deutsche Unnatur! Eins ist Roth! — Noch regt an allen Enden Sich die Zwiespalt, und das deutsche Reich Nimmt sein Recht aus neun und dreißig Händen, Nirgends ist der Richterspruch sich gleich. Deutsches Recht, wie bist du noch begraben Unter Actenstaub! Statt deiner Haden Wir eia todtes Protokoll! Fühlt ihr Groll? — Eint ist Roth! — Drum auf, ihr Journalisten, Knickt die Würmer, die in Acten nisten, Hört, was euch das Volk gebeut, Bringt zu Lag das Recht der Zeit. Eine ist Noth! — Noch hebt an allen Enden Kastengeist sein philiströses Haupt. Noch siebt man durch Schmeichelei üch schänden, Noch ist Kri.chiree im Land erlaubt. 8. November L84S Noch beleckt sich jede eigne Ra<;e, Und noch wird die bunte, deutsche Masse Nur bei ihres Gleichen froh? Wollt ihr so? — Eins ist Noth! — Drum auf, ihr Journalisten, Mögt euch gegen die Philister rüsten, Aechten deutsches Kastenthum; Bürgcrsinn sei euer Ruhm! Eins ist Noth! — Noch sucht an allen Enden Die Verführung und der Arglist Lug, Um des deutschen Volkes Ruf zu schänden, Zu bestricken uns mit Satans Lrug. Fremde Sünden sind hereingekommen, Haben ihre Heimath da genommen, Feile Charlatancrie! Kennt ihr sie? Eins ist Noth! — Drum auf, ihr Journalisten, Reißt den Unheld von des Landes Brüsten, Daß er sterb' den Hungertod, Schreibt; doch nicht um täglich Brod! Eins ist Noth! — Noch schwinget aller Enden Blinder Glaubensgeifer sein Panier. Ein Symbol soll uns das Heil verpfänden, Und ein Glaube uns die Gnadenthür Oeffnen, nun die Herrlichkeit zu schauen; O der Thorheit! Wer soll da noch trauen, Wo an Licht es uns gebricht! Hofft ihr Licht? — Eins ist Noth! — Drum auf, ihr Journalisten, Zeigt der Welt den rechten Weg der Christen; Frommer Sinn gefällt dem Herrn, Von Symbolen ist er fern! — Eins ist Noth! — O hört es aller Enden, Wem das deutsche Land am Herzen liegt; Laßt die Zeit nicht müßig uns verschwenden Wer beharrt im Kampfe, der nur siegt. Krämer mögen mäckeln um di« Waare; Doch der Geist, daß herrschender gebahre, Sucht nicht irdischen Gewinn. Sucht ihr ihn? — Ein- ist Noth! — Drum auf, ihr Journalisten! Wollt zu eurem Ehrenamt euch rüsten; Euch will rauben man die Hut, Fuhrt eie Feder brav und gul. 8S.