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dieser plötzlich mit ihnen in die Fluthen gedrückt. Nur die verehel. Zorn ver mochte fich mit größter Anstrengung zu retten. Der Leichnam de- einen Mädchens wurde einige tausend Schritte unterhalb der Unglücksstätte aufgefunden, der andere wird zur Zeit noch vermißt. Üesterreich. Wien, 30. Januar. Die Antwort Preußens auf die letzte österreichische Depesche wurde heute überreicht und hat hier nicht befriedigt. — Baiern an der Spitze der Mittelstaaten wird gelegentlich der Zusammenkunft der süddeutschen Diplomaten den wegen der Abwartung des Resultats der österreichisch-preußi schen Verhandlungen vertagten Antrag auf Zulassung de- Herzogs von Augusten burg wieder aufnehmen. Wien, 31. Ian. Die preuß. Antwort auf die vielbesprochene österreich. Depesche vom 12. Decbr. ist endlich eingettossen. Dieselbe hält an dem Ver langen fest, daß zuvor das Verhältniß der Herzcgthümer zu Preußen festgestellt werden müsse, bevor das Provisorium beendigt werden könne. Preußen. Jetzt giebt auch die St. Petersburger Zeitung der preußischen Negierung den wohlgemeinten Rath, der Volksvertretung die „entscheidende Feststellung des Budgets" und die „zweijährige Dienstzeit" zuzugestehen, wodurch wohl der Friede hergcstellt werden könnte. DaS russische Blatt schließt mit folgenden Bemerkungen: „Die Gegenwart erscheint uns, wenn auch nicht beunruhigend, so doch sehr ernster Natur, und wenn nicht ganz besonders günstige Umstände eintreten, so bleibt zu befürchten, daß die Zukunft trübe werden wird. In Zeiten der Noth und Gefahr aber, das hat die Geschichte sattsam erwiesen, genügt eine strenge Disciplinirung von Heer und Beamten nur selten. Es beruht dann, wie im allgemeinen immer, die wirkliche Macht des Staats bei weilen mehr in der Einigkeit von Regierung und Volk. Obgleich wir nun die versöhnliche Form, in welcher die Negierung der Landesvertretung bei der dieß jährigen Session entgegen kam, keineswegs unterschätzen, können wir doch in Rücksicht auf das Gesagte den Wunsch nicht unterdrücken, daß diese Versöhn lichkeit auch in der That Platz greifen möge, und zwar wo möglich im Sinne der unvergeßlichen Worte jenes deutschen Fürsten, der allen Zerwürfnissen ein Ende machte, indem er erklärte: „Ich will Frieden haben mit meinem Volke!" Ä m e r r k a. In einem von der „K. Z." veröffentlichten Briefe eines deutschen Offiziers heißt es von dem Kampf zwischen Nord und Süd: „Die Bulldogge hat die Tigerkatze an der Kehle gepackt, sie mag ihm mit ihren Tatzen das Fell blutig kratzen, er drückt gegen Schmerz und Blut die Augen zu und hält fest — dies ist Grant. Tie ausgezeichnete Leitung des Südens, seine Kühnheit und Ent schlossenheit dem Anfangs unbeholfenen Norden gegenüber hat seiner verlorenen Sache eine Würde gegeben und einen Glanz verliehen, der noch immer die Augen blendet; aber wenn jetzt 10 Schlachten seine Siege nach Europa melden, so sage ich noch, er beginnt seine Todeszuckungen. Es wird noch einen ver zweifelten Kampf geben, wenn Lee am Leben bleibt. Ich sage dies, weil mit Grant der Norden nicht, mit Lee aber der Süden zusammenbricht. „Lee und Davis." Die Veurtheilung Lee's hier in Washington, wo jedes Kind ihn kennt, wo seine Heimath war, ist äußerst schonend. Ich habe die besten Unionisten wohl hundertfach nach Lee gefragt, alle bedauern ihn nur uud erzählen, wie der Enkel Washington's bei der Parteifrage Nächte lang weinend auf seinem Zimmer wach geblieben sei, ohne sich entschließen zu können, bis er gefragt wurde, ob er vielleicht gegen das Land kämpfen wolle, wo seine Mutter begraben liege (Virginien). Dies entschied und Lee reiste ab. Jetzt läßt seine Hand die ein mal erfaßte Sache nicht loS, weil er ein Mann ist, aber er soll oft sehr traurig sein. So erzählt man sich von Lee in Feindesland; mag es wahr oder erfunden sein, es ch arakterisirt die Meinung und den Mann selbst. Davis wird verachtet; man hört nur in diesem Sinne über ihn urtheilen; warum, weiß ich nicht. Die Union erscheint so resignirt in ihrem Entschlusse, ihr Geld, in Soldaten umgewandelt, aufs Spiel zu setzen, bis sie gewinnt, daß kein Schrecken des Krieges ihr imponirt. In Washington ist der dritte Mann ein Krüppel oder verwundet. Abgeschossene Arme und Beine, entsetzliche Zerfleischungen, Leichname u. s. w. erregen kein Grausen mehr. «Ü f r i k n. Der König von Dahomey enthauptete vor nicht langer Zeit zwei Menschen mit eigener Hand; diese Schlachtopfer mußten sich für die Ehre dadurch vor bereiten, daß sie die Nacht in einem Fetischtempel zubrachten. Zehn andere Gefangene wurden von dem Oberpriester hingerichtet, der dann ihre Köpfe auf gepfählt dem brüllenden Volke zeigte. Dieses stürzte sich dann auf die Leichen, riß sie in Stücke und schlürfte das Blut. Viele Europäer flehten den Me narchen an, dem schrecklichen Menschenopfer zu entsagen; aber Se. Maj. er klärte: daS „Nationalfest" nicht unterdrücken zu können; doch habe er aus Rücksicht auf die Fremden die Zahl der Opfer auf zwölf vermindert. MannichfaltigeS. — Ein Capitalschwindel. London, 3. Ian. Am letzten Dienstag fand sich auf dem Polizei-Büreau in Shrewsbury (England) ein ganz anständig auSsehender Mann ein und bat um Unterstützung von Seiten der dortigen Behörde zur Habhaftwerdung eine- Diebe-, welcher in einem Hotel der Stadt logire. Ter Requirent nannte sich Morgan, gab an, ein Mitglied der städtischen Polizei vcn Carmarthen zu sein und prokucirte einen in bester Form abgefaßten und unterzeichneten VerhaftSbefehl gegen einen Mann, beschuldigt, eine goldene Uhr nebst Kette, Ringen und sonstigen Artikeln in einem Hotel zu Carmarthen gestohlen zu haben. Ein Beamter ward sofort zu seiner Disposition gestellt und Beide begaben sich nach dem Hotel „zum Raben," woselbst sie einen Gentleman verhafteten, der dort logirtc und vcn Morgan als die „gewünschte" Person bezeichnet ward. Der Gefangene wurde durchgesucht und man fand bei ihm eine goldene Uhr, Kette, Ringe und 17 Pfd. St. in Gold. Alle diese Gegenstände wurden sofort von dem Carmarthener Pelizeibeamten als gestohlenes Gut recognoscirt und als solches von ihm in Beschlag genommen. Am folgenden Morgen führte Morgan seinen Gefangenen dem Polizeirichter vor, producirte seinen VerhaftSbefehl aufs Neue, beschwor die Identität der dem Arrestaten abgenommenen Effecten und erlangte eine „remanck" (Aufschub der Sache) bis zum folgenden Tage. Der Gefangene gab seinen Namen als Herr Ashworth und versicherte feierlichst, daß er von der ganzen Geschichte nichts wisse. Er bat um Erlaub- niß, mit seiner Familie telegraphisch verkehren zu dürfen; der Polizeirichter jedoch infolge einer Zuflüsterung Morgans, daß ein derartiges Telegramm die Ver haftung eines mit dem Gefangenen in engster Verbindung stehenden anderen Gauners erschweren, ja leicht unmöglich machen würde, verweigert die erlangte Erlaubniß, und Ashworth ward in das Gefängniß zurückgeführt. Am Donnerstag Vormittags ward der Letztere dem Polizeirichter wieder vorgesührt; doch Morgan war — verschwunden, und mit ihm natürlich Uhr, Kette, Ringe und Geld; außerdem kamen gewisse Umstände zu Tage, welche es als höchst zweifelhaft erscheinen ließen, daß man je wieder etwas von dem Einen oder dem Andern hören oder sehen möchte. Verschiedene Gentlemen kamen nunmehr vor den Richter, welche erklären, daß hier entweder ein grobes Mißverständniß ovec ein heilloser Schwindel vor liegen müsse, indem Herr Ashworth ein durchaus anständiger Mann und Sohn des Präsidenten der Handelskammer in Manchester sei. Dem Polizeirichter von Shrewsbury blieb unter so bewandten Umständen nichts übrig, als Herrn Ashworth unter vielen Entschuldigungen für die Jn- convenienzen, denen er ausgesetzt gewesen, zu entlassen. Eine nur leider zu späte Anfrage bei der Polizeibehörde zu Carmarthen stellte denn auch die Thatsache definitiv fest, daß die Behörde zu Shrewsbury einem bekannten Gauner zur Ausführung seines Meisterstücks geholfen hatte. Alle möglichen Mittel wurden nun ins Werk gesetzt, um sich der Person Morgans zu versichern; jedoch ohne Erfolg. Er hatte 2 volle Tage vor seinen Häschern voraus, und es ist anzunehmen, daß ein so geschicktes Mitglied seiner Profession auch wohl die Mittel und Wege kennen wird, sich und seinen Raub bestens in Sicherheit zu bringen. Musikalisches. Es wird in Ordnung sein, wenn wir es uns in Zukunft auch regelmäßig eine Pflicht sein lassen, über die musikalischen Erleb- und Ergebnisse in Plauen das Nöthigste zu veröffentlichen. (Wird uns und dem Publikum nur angenehm sein. D. N.) Wir sind das den musikalischen Künstlern selbst schuldig, natür lich eingedenk der Dienste, die dadurch der Kunst selbst nach ihrer Pflege und nach ihrer Ausübung hin zu Gute kommen. — Wir beginnen mit dem letzten Erholungsconzerte. In der Regel bietet uns jedes dieser Conzerte etwas ab sonderlich Gutes. Dies Mal war der Conzertmeister Herr Arno Hilf engagirt, und spielte das urwüchsig schöne Conzert No. 5 v. L. v. Beethoven, sowie ein Conzert von Paganini „1.6 KtreZlro" (Hexentanz). An den Leistungen dieses Künstlers ist Alles maßvoll, edel, erfüllt von feinem, geläutertem Geist und gebildetem Geschmack. Frei von jeglicher Esfecthascherei und Manierirtheit der Auffassung ist seine ganze musikalische Behandlung voller Gediegenheit, Ruhe, Würde und künstlerisch tüchtigem Wesen. Seine musikalische Erkenntnis; hat den schönen, gleichmäßigen Styl des Normalen und, was die wiedcrgegebencn Com- positionen betrifft, auch völlig Sachgemäßen. Er vereinigt in seinem Spiel alle Vorzüge der durch Spohr geschaffenen deutschen Violinschule auf außerordentliche Weise. Musterhaft ist die Technik der linken Hand von sorgsamst berücksichtigter Durchbildung, bis in die kleinsten Details. Seine Leistungen erhalten dadurch eine bewundernSwerthe Genauigkeit, Bestimmtheit, Sauberkeit und Klarheit der Ausführung aller Arten von Schwierigkeiten, wie sie z. E. in der Cadenz des Beethovenschen Conzerts — die, nebenbei gesagt, nicht von Beethoven selbst, sondern vom Conzertmeister David in Leipzig stammt — zu finden sind. Eben so vollendet, als die unbeschränkte Beherrschung der linken Hand, ist seine Bogenführung. Er versteht den Ton zu spinnen, der an sich bei sicherster In tonation von außerordentlicher Geschmeidigkeit, Glätte, Noblesse und von reiz vollem Wohllaut und Schmelz ist, und den überdies ein klarer, ausdrucksvoller