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Voigtländischer Anzeiger. Sechs und fünfzigster Jahrgang. Redigirt von Advocat C. Wieprecht. Druck und Verlag von C. Wieprechts seel. Wittwe in Plauen. Jährlicher Abonnementspreis für dieses Blatt 25 Neugrvschen. — Die Jnsertionsgebühren werden mit 1 Neugroschen für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Verhältniß des Raumes. — Sonnabend. bV» 6. Deeember 184S. Zeitungen Deutschland. Die Landtagsversammlungen in Deutsch land mehren sich immer mehr; so wurde am 24. Novbr. die Ständeversammlung für das Großherzogthum Baden eröffnet, die Mecklenburger Stände sind zusammengetretcn und in Baiern sieht man der Eröffnung des Landtags ent gegen. Von dem badischen Landtage darf man sich dießmal nicht allzuviel versprechen; denn außer dem Budget soll nur noch Lie Wehroerfassung berathen werden, da aus den früheren Landtagen noch Gesetzentwürfe genug zur Aus führung für die Ministerien vorhanden sind. Auch geschah dießmal die Eröffnung nicht durch den Großherzog selbst, sondern durch den geheimen Rath Nebenius und es lassen sich daran verschiedene Betrachtungen knüpfen. Auch auf der baier- schen Ständeversammlung wird es dießmal ziemlich ruhig hergeben, da mehren der gewählten freisinnigen Abgeordneten als Staatsdienern die Erlaubniß zum Eintritt in die Stän deversammlung nicht zu Theil geworden ist. Bei den Mecklenburgischen Ständen kam es gleich zu An fang zu einem heftigen Conflict. Veranlassung dazu war die Anmaßung des Adels gegen die bürgerlichen Gutsbesitzer, und zwar wegen der Wahl eines Protokollführers. Seil Jahrhunderten ist selbiger ein Adeliger gewesen; allein schon auf dem vorigen Landtage zu Malchin wurde cs versucht, einem Bürgerlichen dieses Amt zuzuwenden.. Denn der Ein fluß des Protokollführers auf die ständischen Verhandlungen ist von Bedeutung. Der Protokollführer ist da ungefähr das, was in andern Ständeversammlungen der Kammer präsident ist; er leitet die Verhandlungen und entscheidet über die Tagesordnung. Bei den obschwebenden Streitig keiten, denn man fängt dort auch an, dem deutschen Michel mit seinem Zopfe auf den Zahn zu fühlen, ist es nicht ohne Bedeutung, ob der Protokollführer ein Adeliger, oder ein Bürgerlicher sei. Es handelt sich gleichsam um eine i Principfrage. Deshalb haben denn auch Adelige und Bür gerliche alle ihre Kräfte aufgeboten, um bei dtt bevorstehen den Wahlschaft den Sieg davon zu tragen. Dieß ist denn auch der bürgerlichen Parthei gelungen und der Bürgermstr. Langfeldt aus Güstrow wurde mit 219 gegen 209 Stim men dazu erwählt. Eine tüchtige Schlappe für den Adel. — In München ist man gespannt, ob die Bierpreise der theuern Gerste halber höher gehen werden. Das ist nun für diese Nation eine Lebensfrage und sie vergißt darüber alle Tagesfragen der Gegenwart. Uebrigens haben alle Subalternbeamte und Ofsicicre, die einen Gehalt unter 1000 Gulden haben, vom 1. Novbr. eine Lheuerungszulage von 20 — 25 Procent vorläufig auf 5 Monate erhalten. Lie sächs. Subalternen würden darüber auch nicht böse sein! — In Mannheim hat es am 19. Novbr. einen kleinen Cra- wall gegeben, der jedoch ohne Blutvergießen abging. Das dortige Bürgermeisteramt hatte unter d. 14. Novbr. an die Mitglieder des großen Bürgerausschusses eine Einladung zu einer Mittwoch den 19. Novbr. Morgens 10 Uhr in der Aula abzuhaltenden Versammlung erlassen. Dasselbe stützte die Einladung auf den h. 38 Absch. 5 der Gemeindeord nung, da 84 Bürger in einer Eingabe den Antrag gestellt hatten, den großen Ausschuß zu versammeln und ihn zur Berathung und Beschlußfassung darüber zu veranlassen, ob die Sladlgemeinde wegen der in neuester Zeit angeblich durch die dasigen Verwaltungsbehörden stattgehabten Verletzungen der hh. 13 u. 18 der Verfassungsurkunde Beschwerde bei dem Staatsministerium, beziehungsweise der zweiten Kammer erholen solle. Sobald die Kreisregierung hiervon Kenntniß erhielt, ließ sie dem Bürgermeister durch das Stadtamt er öffnen, daß man ihm.diese Versammlung zu halten förm lich untersage. Als dem ohnerachtet die Gemeindebehörden beschlossen, diese Versammlung abzuhalten und sich mit Ge walt in den Sitzungssaal drängten, so erschien Militair, die