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Voigtländischer Anzeiger. Sechs und fünfzigster Jahrgang. Redigirl von Advocat C. Wieprecht. Druck und Verlag von C. Wieprechts seel. Witlwe in Plauen. Jährlicher Abonnementspreis für dieses Blatt 25 Neugroschen. — Die Jnsertionsgebühren werden mit 1 Neugroschen für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Verhältniß des Raumes. — Sonnabend. 83. 18. Qctober 1845. Zeitungen Sachsen. Leider hat sich unsere Hoffnung, daß unsere Gegend, io wie das ganze Vaterland von der Kartoffelkraut-, Herr verschont bleiben werde, nickt bestätigt. Sie ist allent halben wabrzunelnncn. Aus Freiberg und dein übrigen Erz gebirge liest man darüber die betrübendsten Nachrichten. Nack neueren Beobachtungen geht die Krankbeit vom Kraute aus und die Veranlassung dazu scheint in der Atmosphäre zu liegen. An den Stöcken, deren Kraut früher erfroren, findet sich die Krankheit nicht, und an den Stöcken, deren noch lebendes Kraut die Snmptomc derselben in geringem Grade zeigt, sind auch nur die obersten unmittelbar an die Ranken angcwachscnen Knollen verdorben. Es dürfte aber kein Acker sein, der davon ganz verschont geblieben wäre und nach dem, was man bis jetzt über den Ausfall der Ernte hört, so darf man da im Durchschnitt die Hälfte derselben als verdorben ansehen. (So schlimm ist's im Voigtlandc doch nicht. Die Ned.) Sollten aber die scheinbar gesunden Knollen in den Kellern noch zum Theil erkranken, so wür den die Folgen um so mehr in großer Noth bestehen muffen, als auch die heurige Getreideernte im Gebirge unter der Mit telmäßigkeit stehen soll.— Von der Leipziger Messe wird dicß- mal viel Saus und Braus gemacht; ob die Erfolge wirklich so günstig waren, muß der Markt bald lehren, da eine er freuliche Rückwirkung auf die arbeitenden Klassen nicht aus bleiben kann. Noth thul's, daß die Arbeitslöhne sich bessern; denn bei dem dermaligen hohen Stand der Preise aller Be dürfnisse vermag auch die sorgsamste Sparsamkeit nicht mehr auszukommen. — Cup. Rudclbach von Glauchau hat am Septbr. d. I. sein Amt niedergelegt und ist in seine Vaterstadt Kopenhagen zurückgekehrt, weil seine Bestrebungen mit dem Geiste der Zeit in Sachsen nicht harmoniren woll ten. Bekanntlich war er ein Eorps- und Wortführer der Altgläubigen; hoffentlich wird sich nach seiner Entfernung der Nebel im Muldenthale etwas lichten. Es kann doch nicht immer finster bleiben! In Leipzig sind mehre Schrift steller ausgewiesen worden, was großes Befremden erregte. Jedoch hat sich ergeben, daß dieses Loos blos solche traf, welche ihre Papiere nicht in Ordnung hatten. Eine allge meine Ausweisung soll die Regierung nicht beabsichtigen. Deutschland. Das Interesse für Ronge hebt sich im Westen von Deutschland immer mehr. Am 4. October traf derselbe unter dem Jubel des Volkes in Frankfurt ein. Die Straßen waren bekränzt. Der Gottesdienst wurde in der reformirten Kirche abgehalten und nach demselben fand ein Festessen statt. Dagegen ist die Luft in Kurhessen immer noch nicht die günstigste für seine Anhänger. Daselbst will man nach einer höchsten Entschließung eine Secte (!), welche sich nach den Grundsätzen und. Bestimmungen des so genannten Leipziger Concils halten wolle, weder dulden, noch anerkennen, den Mitgliedern einer solchen Secte eine Bei hülse durch evangelische Pfarrer nicht zugkstchen und Privat- vcrsammlungcn derselben nicht weiter zulasten; die Haus- andackt soll ihnen jedoch unbenommen bleiben. Ist doch was! Wenn man gar zu Hause den Leuten verbieten wollte, nach ihrer Art Gott zu dienen! Die Hessen werden so lange der guten Sache Aug und Ohr verschließen, bis sie gar stock blind sind; an Staar scheinen sie schon bezüglich des Christ lichen Glaubens zu leiden. Altluthcrancr, d. h. solche, die die symbolischen Bücher statt eines Bretes vor dem Kopfe babcn, gicbt es dermalen im Preußischen Staate an 13,000, wovon nicht ganz die Hälfte auf Schlesien, die andere Hälfte zu ziemlich gleichen Theilen auf Brandenburg, Posen und Wcstprcußen und der Nest auf Sachsen kommt. Seit eini gen Jahren haben sie sich in ihrer Zerstreutheit zu einem vollständig geordneten und gegliederten Kirchcnorganismus vereinigt, der in einem alle drei Jahre zu Breslau zufam- mentretcndcn Kirchenconvente seine höchste beschließende und in einem Kirchencollcgium seine oberste verwaltende Behörde hat. In Preußen spricht man neuerdings viel von einer allgemeinen Kirchensynode aller christlichen Confessionen im Lande, die veranstaltet werden soll. Gute Nacht! Das wird ein schöner polnischer Reichstag werden! — Der Magistrat von Berlin hat eine Eingabe, kirchliche Angelegenheiten be treffend, an Se. Maj. den König gelangen lassen. Die Antwort ist noch nicht völlig bekannt, doch ist so viel gewiß, daß der König dieselbe sehr ungnädig vermerkt hat. Der ganze Magistrat mußte persönlich vor ihm erscheinen, um seine Ungnade cntgcgenzunehmen. — Frankreich. Die Geldklemme macht sich in Paris sehr