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Voigtländischer Anzeiger. Sechs und fünfzigster Jahrgang. Redigirt von Advocat C. Wieprecht. Druck und Verlag von C. Wieprechts seel. Wittwe in Plauen. Jährlicher Abonnementspreis für dieses Blatt 25 Neugroschen. — Die Jnsertionsgebühren werden mit 1 Neugroschen für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Verhältniß des Raumes. — Sonnabend. 6V« 23. August 1845. Voigtländische Literatur. Unser Landsmann, Hr. vr. Jahn in Oelsnitz, hat im Laufe dieses Jahres eine Schrift veröffentlicht, die in der Reihe der bis jetzt erschienenen Volksschristen einen ehren vollen Platz einnimmt. Sie führt den Titel „Sonst und Jetzt" und ist darauf berechnet, die Gegenwart aus der Vergangenheit zu erklären und die Menschen mit dem geisti gen und socialen Leben der Zeit zu befreunden. Ob nun schon seit Erscheinung dieses Buches eine geraume Zeit ver flossen ist, so ist doch noch in keinem öffentlichen Blatte unserer Provinz desselben Erwähnung gethan worden, und fast will es scheinen, als vermeide man geflissentlich, das Publikum darauf hinzuleiten. Ist doch auch des Braun'schen Rechenschaftsberichts noch in keinem voigt- ländischen Blatte 2) gedacht worden, wiewohl man der Erscheinung dieser Schrift mit der gespanntesten Aufmerk samkeit entgegensah. Beide Schriften sind jedoch die Licht- puncte der voigtländischen Literatur dieses Jahres; sie haben Ansprüche auf Anerkennung ihres Werthes; sie sind die tatsächlichsten Beweise, daß auf Voigtlands Höhen für Fortschritt und konstitutionelles Leben rege Herzen schlagen, und es wäre undankbar und Sünde, könnte man der Be strebungen dieser für Gemeinwohl und Volksbildung be seelten und wirkenden Männer so leichtfertig vergessen. Für heute sei es die Volksschrift „Sonst und Jetzt," für welche man sich die Aufmerksamkeit der Leser erbittet; eine Besprechung des Rechenschaftsberichts sei auf gelegenere Zeit verschoben. Wenn es keinem Zweifel unterliegt, daß die Verbrei tung von Volksschristen, wie unlängst ein öffentliches Blatt berichtete, das geeigneteste Mittel sei, auf das Volk zu wirken und dasselbe gleichsam mit Gewalt auf seiner poli tischen, sittlichen und wissenschaftlichen Bahn vorwärts zu treiben, ein Mittel, das kräftiger, erfolgreicher und nach haltiger wirkt, als Wort und Predigt; daß es die Waffe sei, welche die Zeil der Gegenwart in die Hände gegeben bat, um sich der An-, Ein- und Uebergriffe un befugter Vormundschasterei zu erwehren u. s. w.: so ist die in Frage befangene Volksschrift in jeder Beziehung gerecht fertiget. Ueber die Tendenz dieser Schrift kann man sich nicht klarer aussprechen, als es der Hr. Verf. in seiner Einleitung und Zuschrift an den Leser selbst gethan hat, und es mögen seine Worte hier für ihn zeugen. — „Bilder, geneigte Leser" — sagt der Verf. -- „Bilder des Lebens und der Wahrheit, Bilder der Vergangenheit und der Gegenwart, wie sie das Leben schafft, nicht wie sie der Griffel der Phantasie zeichnet, wollte ich als einen Spiegel für die Zukunft aufstellen. Die Umrisse zu den selben hat die Zeit geliefert, die Schattirungen gaben die Verhältnisse, die Farben die Umstände, unter welchen sie an das Licht getreten sind. Sic ankern auf dem unerschüt terlichen Grund geschichtlicher Wahrheit, woraus allein Wahrheit zu schöpfen ist, sie sind errichtet aus den Bau steinen, die Zeit, Kunst und Wissenschaft behauen, geformt und geglättet haben; sie sind gekleidet in das prunklose Gewand gemüthlicher Rede, die vom Herzen kommt und zum Herzen geht, sie sind endlich berechnet für das Herz, ^das sie erfrischen und erwärmen, und mit lebendiger That- krast für alles Gute, Schöne und Erhabene begeistern sollen. Durch sie soll der denkende Mensch, das wißbegierige Herz, eben so seinem wissenschaftlichen als staatsbürgerlichen Stand- *) Der Hr. Einsender hat wahrscheinlich Nr. 22 u. 23 des Oels- puncte näher geführt werden; durch sie sollen die Grund- AN.. Mch- gl.-ft», w.rm Emig,« ü°« d,-k christlich« Grsiiiigung tha,klüftig in d-s bürg«-