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Voigtländischer Anzeiger. Sechs und fünfzigster Jahrgang, s Redigirt von Advocat C. Wieprecht. Druck und Verlag von C. Wieprechts seel. Wiltwe m Plauen. Jährlicher Abonnementspreis für dieses Blatt 25 Nengroschen. — Die Jnsertionsgebührcn werden mit 1 Neugroschen für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Verhältniß des Raumes. — Mittwoch. 16. April 1845. Plauen. Die hauptsächlichste Tätigkeit der Ein wohner Plauens ist jetzt auf die Wiederherstellung der durch den Brand zerstörten Wohnungen und auf die damit in Verbindung stehende Ausführung des Neubauplans gerichtet. Auf allen Brandstätten, die noch vor Kurzem unter der Schneedecke begraben lagen, regt sich frisches Leben und überall zeigt sich das Streben, den vertriebenen Penaten den häuslichen Heerd wieder zu gründen. Dies ist aber auch das dringendste Erforderniß, da die Menge der Cala- mitosen nur mit großer Mühe in dem verschont gebliebenen Theile der Stadt ein spärliches momentanes Unterkommen gesunden hat, ja Mehre derselben gezwungen waren, in andern Ortschaften sich Obdach zu verschaffen. Wie hem mend dies für manchen Gewerbsbetrieb ist, bedarf nicht erst der Erwähnung und es ist daher möglichste Eile gerade hier am rechten Orte. Diese wird aber hauptsächlich auch durch die Annäherung des Eisenbahnbaues geboten. Denn äußern die Arbeiten an diesem Bau schon jetzt ihren un verkennbaren Einfluß auf die diesseits erforderlichen Arbeits kräfte und auf die Arbeitslöhne, so muß dieser Einfluß um so fühlbarer werden, je weiter der Eisenbahnbau heran rückt. Daher ist Jedem, der billiger bauen und, was wohl einer Erwägung werth ist, den Türbationen der Arbeiter weniger ausgesetzt sein will, zu ratben, daß er sofort Hand ans Werk legt. Die Mehrzahl der Calamitosen scheint Lies auch zu beabsichtigen und es hat daher sichtbare Freude sich kund gegeben, als vor einigen Tagen die ersten Chalons zur Absteckung aufgerichtel worden sind. Zu wünschen ist es nur, daß durch die baldige Beendigung dieses Geschäfts der Beginn des Baues möglichst gefördert werde. Wie nun die vorher berührte Sache die Thätigkeit in Anspruch nimmt, so richtet sich auf die erfolgte Auszahlung der eingegangenen Hilfsgelder dieG e sprä chig ke it. Ueberall, namentlich in Gesellschaften, (wo am Ende den guten Bierbrüdern der Stoff zur Unterhaltung ausginge, wenn sich nicht etwas Neues fände), ist dieser Gegenstand an der Tagesordnung. Es wird dafür und dagegen gesprochen, gelobt und getadelt. Weder das eine, noch das andere Urtheil kann der mit jenem Geschäfte beauftragt gewesenen Deputation die Ueberzeugung geben oder nehmen, daß sie das ihr anvertraute Geschäft nach Pflicht und Gewissen besorgt habe. Denn die bei der Frage über das Mein und Dein auftauchende Einwirkung des Neides, der Miß gunst, der Habsucht und der übrigen damit in Verbindung stehenden Fehler verdunkelt den Blick der Betheiligten und läßt gewöhnlich ein aus Egoismus entsprungenes Urtheil blicken. Ein solches kann weder einen sickern Maasstab gewähren, noch auch den Unbefangenen zur Anerkennung der daraus entsprungenen Meinung verleiten. Soweit der Verfasser dieses, welcher weder mit der Hilfsdeputation irgendwie in Verbindung steht, noch unter den Calamitosen sich befindet, das bei Auswerfung derVer- theilungsquoten beobachtete Verfahren hat kennen lernen, ist die Deputation von einem ganz richtigen Grundsätze aus gegangen. Dieser Grundsatz stützt sich auf die möglichst approximative Gleichstellung, welche die Deputation nickt in der gleichen Berücksichtigung aller Verluste, ohne eine weitere Beachtung anderer Verhältnisse, vielmehr darin zu finden glaubte, daß sie hauptsächlich auf die bestehenden Verhältnisse der Hilfsbedürftigen Rücksicht nahm und den dadurch gewährten Maasstab an die Verlustsumme anlegte. Dadurch wurde das Classensystem (Eintheilung in 10 Clas sen) gewonnen. Die der gewählten Norm unterliegende Relativität konnte einzig und alleine dem vorgesteckten Zweck entsprechen,