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Boigtlan-ischer Anzeiger. Ne«« und vierjigster Jahrgang. M48 Plauen, den 1. Decbr. 1838. Landbriefe. E r sd e r Bries. Liebe Landleute! Ich will in diesem Wochenblatte, wenn der Herr Rcdactör es erlaubt ^), einige Briefe an Euch abdruckcn lassen, da ich an jeden Einzelnen von Euch natürlich nicht schreiben kann, gleichwohl aber den Drang fühle, einige Punkte zu besprechen, von denen ich weiß, das fie Euch nahe angehen; von denen ich hoffe, daß eine andere Ansicht über dieselben Euch nützen soll. Ich ge denke Euch über Manches eine Lehre zu geben. Na, nehmts nur nicht übel, Lehre kann Jeder brauchen. Ich gedenke Euch manchmal auch auszuzanken; Ihr dürft aber darüber doch nicht böse werden, und werdet auch nicht böse werden, wenn Ihr einseht, daß ich es gut mit Euch meine. Irre ich mich, ei, so weiset mich zurecht; habe ich aber Recht, so thut hübsch darnach! Den Anfang will ich heute gleich mit Zanken machen, damit cs Euch nicht spanisch vorkommt, wenns später öfter vorfällt. Die Gelegenheit dazu giebt mir der bevorstehende Winter. Nehmts nicht übel, aber wahr ists, Ihr verwüstet ganz entsetzlich viel Holz unnöthiger Weise. Eure hölzernen Stuben sind an sich schon warm und wärmer, als die steiner nen Wohnstuben, zumal wenn die Fugen der Bohlen, wie sichö gehört, von Außen hübsch verkalkt sind. Nun heizt Ihr aber auch noch so entsetzlich ein, daß z. B. ein Bauer aus dem Unterlande, wenn er zu Euch käme, Lie Hände übern Kopf zusammcnschlüge. Wir Voigt länder sind auch schon darüber verspottet worden; denn ') Sir find strts willkswmra. D. ditd. im Niederlande nennen sie eine übermäßig geheizte Stube: „voigtländische Glückseligkeit." Versteht mich nicht falsch! Weder ich, noch ein an derer vernünftiger Mensch will, daß Ihr frieren sollt. Da müßtet Ihr Narren sein,, zumal diejenigen unter Luch, die noch schönes Holz haben. Auch mag ich selbst eine warme Stube gar wohl leiden. Aber nur, was zu toll, was unnöthig ist, sollt Ihr lassen. BlS jetzt aber habt Ihr das noch nicht gethan. Gesteht selbst, ich weiß es, weil ich cs auf dem Walde selbst gcsehn, legt Ihr wohlhabenden Holzbesitzer nicht manch mal Abend's, wenn Ihr zu Bette geht, noch einen Stock, Lder ein Bankscheit re. in die Kohlen im Ofen, damit früh beim Aufstehen im Winter die Stube noch warm sein soll? Seht, das dächte ich, wäre zu toll. Oder müßt Ihr nicht zuweilen, weil cs Euch, die Ihr doch viel Hitze vertragt, zu warm wird, Thür und Fenster aufmachen? Das, dächte ich, könnte vermieden werden. Ich' glaube, die Hauptschuld tragen Eure großen Kästen, Eure Holzfreffer, — Eure Oefen, in denen nöthigenfalls die drei biblischen Männer recht be quem herum gehen könnten. Gchts denn nicht, daß Ihr diese etwas verkleinern lasset? Es wird doch heute zu Tage, wie Ihr an Euern Wirthshausgläsern seht, Alles niedlicher! Ihr behauptet zwar, große Oefen nö- thig zu haben, um das Getreide fürs Vieh, die Lebens mittel für Euch und Eure Leute zu kochen, die Wäsche zu waschen re. Zugegeben, daß dazu ein kleines Stadt öfchen nicht hinrcicht. Aber erstlich haben die Klein häusler, die kein Vieh und keine Leute haben, auch solche große Oefen, häufig noch dazu von Thon; zwei tens haben die Bauern im Unterlande dasselbe jr»