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Boigtlan-ischer Anzeiger. Ik««« «»d vierzigster Jahrgang. 1838 Plauen, den 7. July Das Gymnasium in Plauen. Die lateinische Stadtschule zu Plauen hat schon seit der Reformation für die wissenschaftliche Bildung des Voigtlandes *) gesorgt, denn sie hat dieser Provinz ihre *) Zu Urkund dessen theilen wir hier eine Nachricht mit aus einem alten Aktenstücke der 1615 vom Superintendenten und Pastor IVl. Caspar Pambler gestifteten „Musikanten - Frater nität," eines Vereines der angesehensten Männer in Plauen, welcher „der weltberühmten /üblichen Musik, sonderlich aber dem hiesigen Chore zu Ehren wiederumb aufgcrichtet" wor den ist im Jahre 1637, nachdem „1622 durch feindselige Einfälle fremdes KricgsvolkS und Plünderung, 1633 durch das große Sterben, und 1635 durch eine verwahrloste schreckliche Feuers brunst am 2. Mai, wo 184 Häuser neben Kirchen und Schulen in die Asche gelegt wurden, die Stadt fast ganz zerrüttet" worden war. In der Einleitung zu den Gesetzen für die Schüler, welche dem musioo angehörten (leZes xro 8eiio1s8ticis 6Iioro IVlusico klaviensium inseivientiirus «r säckicris überschrieben) heißt es: „Unter ander mannichfal- tigen großen und'hohen Wohlthaten, damit Gott der Allmäch tige die Stadt Plauen allhier im Voigtlande begnadet, ist nächst seinen allein heiligen seeligmachenden Wortt und rechten Gebrauch der hochwürdigen Sakramenten dieses auch der für- nehmsten einer, daß er die Stadt - Schul nicht allein väter lichen und gnädig erhalten, sondern auch bißhero darauf feine gelehrte Leute erziehen und erwachsen lassen, welche her- nachmahls ihm in seinem Reich allhier auf Erden viel Nutz bei allen Ständen geschafft, nochmahls auch schaffen und aus richten, dafür ihm jetzt und in alle Ewigkeit schuldigen Dank gesagt und seine göttliche Allmacht dafür gelobet und gcpreiset wird. Bevorab hat Gott der Herr eine feine Cantorci, so man mit Schulknaben richtig bestimmen können zu seines Namens Lob und Ehren, der Kirchen zu großen Wohlstand und unserm lieben Vaterland, der Stadt Plauen, zum immerwährenden Ruhm gegeben, welche aber nunmehro zu diesen letzten gantz bösen gefährlichen und geschleinenden Zeiten, wegen Mangclung fremder Knaben und derer llo8xiriorurn libersHuin (Gast freiheit) bei der Bürgerschaft sehr in Abfall gerathen, daß man dahero auch Mittel und Wege hat unser vnd sollen trag (?) und Pflicht halber, bedacht sein, wie man doch um eine ziem- meisten Beamten, ihre Prediger, Lehrer, Richter, Schreiber und gebildete Gcwerbleute gegeben, und da durch die Bewohner derselben stets gleichsam zu einer Familie verbunden. Diese ehrwürdige Anstalt ist zu Anfang dieses Jahr hunderts durch die Freigebigkeit vieler wackcrn Freunde derselben im Voigtlande den neuen Forderungen der Zeitgemäß umgestaltet worden, man führte insbesondere auch einen zweckmäßigeren Unterricht für die Schüler ein, welche die Akademie nicht beziehen konnten, sich dem Schulfache widmeten, und von der Zeit an Se minaristen genannt wurden. Das waren letztere auch in der Beziehung wirklich, da sie wenig oder gar kein Schulgeld bezahlten und wegen ihrer Armuth am Tische der Bewohner Plauens gespeiset wurden. So wie sich nun die gelehrte Schule immer mehr liche Cantorei durch die noch zur Zeit anwesenden Schul-Kna ben, beides fremden und einheimischen bestellen und fortbringen möchte." Hier erlauben wir uns die Bemerkung, daß man also damals ganz anders schloß als heutiges Tages. In un sern Tagen ist nämlich geschloffen worden: wenn wenig Kna ben (Schüler) da sind, kann die Schule- nicht fortbestehen, unsere alten Vorväter aber hatten eine andere Meinung, näm lich: wenn die Zahl der Schüler abgenommen hqt, muß man die Anstalt so unterstützen, daß sie sich wieder heben kann. Hierauf wird in der Urkunde Meldung gethan, wie der da malige Superintendent und Pastor 51. Caspar Pambler und „Bürgermeister und Rathmanne Vorsorge vor die Schul und Cantorei obgelegen" und „aus dem Schulen - Kasten so Gül- H den jährlichen acht Knaben, einheimischen oder fremden so zur Cantorei tüchtig und qualificiret sein werden" und zwar al» „Bassisten, Tenoristen, Altisten und Diseantisten", also nicht blos kleinen Schülern „aüsgetheilet und gespendet" werden sollen. Um's Jahr 1650 hießen diese Knaben »lumni. 1664 Cantorei - Knaben, 1695 Choralisten, 1755 auch Concertisten, von 1790 ungefähr an Seminaristen und Choristen.