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Boigtlän-ischer Anzeiger. Reu« nnd vierzigster Jahrgang. 2Z. Plagen, dm 9. Juny 1838. PetLtL o n die Umgestaltung der Untergerichte betreffend. (Fortsetzung.) Allein eine Reform der Untergerichte dürfte unzu länglich für Erreichung deS wahrhaft conftitutionellen Principes sein, wenn nicht zugleich das Institut der Schieds- oderFriedensgerichte und derOeffent- lichkeit des Verfahrens eiugcführt würde. Denn was die Schiedsgerichte anlangt, so ist nicht zu verkennen, wie vortheilhaft dieselben in richtiger Anwendung, wenn sie nicht eine geradezu unumgäng liche Instanz bilden, theils gegen die Häufung weit- läufriger Prozesse, theils, da dieselben in größerer Zahl für kleine Bezirke einzurichten wären, der Umständlich keit und Kostspieligkeit der Ausführung eines Nechts- ausspruchcs entgegen wirken. In England und Frankreich wenigstens (von denen das erstere gewiß für einen konstitutionellen Mustcrstaat gelten kann) haben sich die Friedensgerichte als sehr heilsame Anstalten durch die Erfahrung bereits bewährt. Zu Unterstützung der auch bereits beim vorigen Land tage beantragten Oeffentlichkeit des Verfahrens aber möchte cs hinreichen, auf die fast einstimmige An erkennung der besten Staatsrechtslehrer hinzuweisen, nach welcher eine ächt konstitutionelle Rechtspflege so wohl im Civilrcchte als besonders im Strafrechte ohne Oeffentlichkeit des Verfahrens für die Parteien wie für das Volk überhaupt eine Unmöglichkeit ist. Denn sie ist nothwendig, um der Rechtspflege die Gesetzmäßigkeit, Förmlichkeit und Gewissenhaftigkeit ihrer Verwaltung zu sichern, nothwendig insbesondere, um jeden Verdacht der Gesetzwidrigkeit, das gegen die Untergerichte allgemeine Mißtrauen zu vernichten; sie ist auch nothwendig, um nach der Bestimmung der Ver fassung das den Staatsbürgern zugesprochene Recht der Bcschwerdeführung wahr zu machen, indem cs fast unmöglich ist, „wenn die Justiz sich hinter Schloß und Niegel verbirgt" die beschwerenden Thatsachcn denen gehörig zur Kunde gelangen, welche jenes Recht aus« üben sollen, die Schuldigen auf gesetzliche Weise anzu- klagen und zur Verantwortung zu bringen. Den Parteien wie den Staatsangehörigen überhaupt muß das Recht zustchen, sich von der Verwaltung des Rechtes zu überzeugen und „über die Beobachtung der Gcrichtsformen zu wachen und deren Verletzung zu be zeugen." So nur wird die Harmonie einer konstitu tionellen Rechtspflege möglich sein. Erwiedere man nicht, daß ja die Gerichtsschöppen dem Gerichte assistiren und die vom Gerichte geführten Akten öffentliche Documente seien. Daß die Ersteren beim Nechtsprechen reine Nullen sind, bcweißt die Er- , fahrung und welch unzulängliches Surrogat die Akten für eine volkstümliche Gcrichtsöffentlichkeit seien, liegt am Tage. Nichtig dürste der berühmte Feuerbach irgendwo gesagt haben: „was die Kirchhöfe den Aerz- ten sind, das sind die Registraturen den Richtern; — Bcgräbnißplätze, in welchen mit dem Gegenstände, an welchem gefehlt worden, die Sünden selbst begraben werden. Ist die Verfassung der Gerichte also bHschaffen, daß stumme Sünden dadurch begünstigt werden, und daß auf jenem Leichcnhof wohl viele stille Armensünder-Be gräbnisse veranstaltet werden können, so ist gar sehr ^die Besorgniß begründet, daß allmählig die Staats-