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Boigtländischer Anzeiger. Neun nn- vierzigster Jahrgang. q^§20 Plauen, den 19. May 1838. Deformation -er Rechtspflege im Königr. Sachsen. Kein Gegenstand der Verhandlungen des vorigen Landtages hat die Aufmerksamkeit so sehr auf sich ge- Ivgen, als die Verbesserung der Rechtspflege in unserm Lande, denn keiner berührt die Interessen Aller mehr, als dieser. Daher kam es aber auch, daß sich die An sichten über diesen Gegenstand so verschieden herausstell ten, und die Verhandlungen der Stände zu keinem Ne, fultate führten. Indessen ist die Entscheidung darüber nur vertagt worden, und es ziemt den öffentlichen Blät tern zur Aufklärung des wichtigsten Zweiges der Staats- vexwaltung das Ihrige beizutragen. Gewiß hat die Negierung sich auf einen richtigem Standpunkt gestellt, als ihre Gegner, die die ganze Sache von der Aufhebung oder Beibehaltung der Pa- trimonialgerichte abhängig machen wollen, während jene daS Schicksal der Patrimonialgerichte der höhern Idee der Verbesserung der Rechtspflege unterwerfen. Wir enthalten uns, tiefer in diesen Streit einzugehen und glauben der guten Sache besser dienen zu können, wenn wir hier unsere Leser mit einer Petition be kannt machen, die unter den vielen bei den Kammern eingegangenen Petitionen vorzüglich den Beifall der be treffenden 2. Kammer-Deputation erhalten hat. .Es ist auch um deswillen für uns interessant, die in dieser Petition enthaltenen Vorschläge der Prüfung zu unter werfen, da sie vom Voigtlande ausgegangen sind, und ein geachteter voigtländ. Nechtsgelehrter die gegenthei- lige Meinung in einer so eben erschienenen Broschüre t« Grunde legt, daß nämlich eine Verbesserung der Rechtspflege auch mit Beibehaltung der Patri monialgerichtsbarkeit zu erzielen sey. An die Hohe zweite Kammer der Ständever sammlung im Königreich Sachsen. Petition mehrerer Patrimonialgerichtsangehörigen Gemeinden im Voigtlande, die Umgestaltung der Untergerichte betreffend. Längst haben wir gehofft und mit dem ganzen Volke der Sachsen von unserm Könige und unsern Vertretern beim Landtage im Stillen gefordert, daß die drückende Unzweckmäßigkeit der bestehenden Verfassung der Unter gerichte aufgehoben werden möchte. Selbst die Hohe Staatsregierung und auf deren An regung die Hohe zweite Kammer haben es bei der ersten constitutionellen Ständeversammlung anerkannt, daß all gemein der Fortschritt, die Erkenntniß der besten Geister, eine Ausfüllung der Lücken und eine Beseitigung der Mängel erheische, welche die von Alters hergebrachte Verfassung der Untergerichte und das Verfahren bei den selben, insbesondere aber daS Institut der Patrimonial- gerichte für uns herbeiführt. ES verspricht die mit Vertrauen empfangene Verfas sungs-Urkunde H. 55. „die Rechtspflege wird auf eine der Gleichheit vor dem Gesetze entsprechende Weise in der Maße eingerichtet werden, daß die privilegirten Gerichtsstände aufhören" und um sie wahr zu machen diese Zusage, um die Rechtspflege mit den Forderungen deS constitutionellen PrinzipeS in Einklang zu setzen, hatte bereits mittelst