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10 Lie liebe Hausfrau, die fick (wie auch ich) zum ersten Mal auf weitem wilden Meere befand, halte die ganze Rächt keine Ruhe, ein Mal über das andere kroch sie aus ihrem Lager an der steilen Kajütentrep;rc hinauf und blickte vom Verdeck aus in die sternenhelle gar nicht stürmisch bewegte Nacht; ich dagegen schlief die ganze Nacht sehr ruhig, mir war -bei dem ungewohnten Schau keln eben so zu Muthc, als wäre ich in meine früheste Kiuchut vcrsevL, wo ich in der Wiege lag nnd meine treuliebende Mutter mich wiegte. Lag ich doch auch hier in den schützenden Armen eines ewigen Erbarmcrs, des allmächtigen Gottes, wovor sollte mir grauen? — Ob ich nun gleich von Furcht und Grauen frei war, stellte sich dennoch am Morgen die Seekrankheit ein, die mich erst dann verließ, als das schncllfahrende Schiff den Eingang des stillen Bosporus erreichte. Ich glaube nicht zu viel zu sagen, wenn ich behaupte, daß die Ufer des Bosporus zu den schönsten Gegenden unserer Erde gehören, wenigstens ich habe in meinem Leben niemals etwas so Reiches, Liebliches und mächtig Scheues ge sehen. Es war mir, als ich die luftig glanzenden Gebäude zwischen den Feigenbäumen, Palmen und Cypressen sah, als wären die Träume meiner Kindheit von Gold- und Marmor-Palästen der Feen und der ganzen zauberifich schönen Welt von Tausend und einer Nacht in Erfül lung gegangen, so nahm die noch nie gesehene Pracht des Orientes mein Auge gefangen. Aus meinem Wohn zimmer in dem hochgelegenen Pera, wo wir vor Son nenuntergang unsern Einzug hielten, genossen wir eine unbeschreiblich schöne und herrliche Aussicht über den Hafen und über einen großen Theil der Stadt Konstan tinopel. Den «ähern Vordergrund der Aussicht bildete ein Cypreffcnhain, in welchem die Bcgräbnißhallen der Türken angelegt sind. Unsere Wirthin, Madame Bal- biani, war eine liebe Deutsche, eine Würtembergerin von Geburt, welche die glücklichste Zeit ihres Lebens, die Zeit ihrer ersten Ebe, in Baiern zugebracht hatte. Sie ist eine Freundin unsers Freundes G. in B. und gleicht diesem in Gesinnung und innerer Ueberzeugung. Gott ließ sic zum zweiten Male Wittwe werden in Odessa, wo sie mit ihre» zweiten Manne, Hrn. Balbiani, lebte. Daß es uns im Hause dieser vielgeprüften Frau, die uns gleich in den ersten Tagen eine wahre Freundin wurde, sehr wohl ging, kannst Du Dir leicht verstellen. Dennoch ist das Gefühl, womit ein Christ da- über prächtige, zum Theil phantastisch schön gebaute Konstan tinopel betrachtet, aus Schmerz und Lust im gleiches Maaße gemischt. Es gelang uns, was wenigen gelingt, selbst das Innere des Serails zu sehen und die Prun/» paläste des Großsultans — ich dachte dabei an die alt« Herrlichkeit der Herrscher des christlichen Byzanz, die hier einst thronte! Bei dem Anblick der Aja Sophia, des erhabenen Christenlempels des vormaligen griechi schen Kaiserthums, der in die erste Moschee deö Reichs verwandelt worden ist, war cs mir, als ob mein Herz sich m Thränen auftösen wollte. Nachdem wir die Pracht der türkischen Kaiserstaht 9 Tage lang angcstaunt hatten, führte uns das Dampf schiff an einem unvergleichlich schönen Nachmittag m das stille, spiegelhelle Marmormeer. Bei Tage-grauen näherten wir unS seinem südlichen Ende und die Mo»* gcnsoune beleuchtete die Nachbarschaft der Dardanellen und die Küstcngcgend der alten Troja, an der wir st» nahe vorbeikamen, daß wir an der sumpfigen Mündung des Skamandcr jeden Rohrhalm unterscheiden konnten. Gegen Abend erfreuten wir uns herzlich an den Anblick des schönen Lesbos und als der Morgen wieder grautt, waren wir im Hafen von Smyrna. Hier wurde ich sogleich von Freundeshand empfangen; der holländische Consul, an den ich schon durch theure Freunde in Am sterdam sehr liebevoll empfohlen war, hatte schon ei« gutes Privatlogis für uns gemiethet. Die theuem Freunde I. u. F. entführten uns aber daraus nach ih rem Landaufenthalt, dem unter Cypressen gelegenen Budschia, und wir mußten auch in der Stadt in ihrem Hause wohnen. (Fortsetzung folgt.) Das Ain», (von D. Fuchs in Brottcroda, mitgktheilt im Lllgem. AUz.) Um zur Verhütung oft vorkommendec, unmerklicher Vergiftungen bcizutragen, wird Unterzeichneter seine Beobachtungen und Erfahrungen darüber nach und nach in d. Bl. mittheilen.