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Boigtlandischer Anzeiger. Nenn und vierzigster Jahrgang. ^2. Plauen, den LZ. Januar 1838. Ans den Briefen einer Weisenden nach Aegypten und Palästina. Simio an der Küste von Kleinasien unweit Rhodus d. 15. Nov. 1836. Hier sitze ich neben der lieben treuen Hausfrau in der Kajüte eines großen türkischen Schiffes, das mit etwa 130 türkischen Pilgrimmcn oder Hatschis, welche nach Mekka wallfahrten wollen, auch uns Pilgrimme nach Alexandria bringen soll. Ein hcrannahendcr Sturm, der in vergangener Nacht ausbrach, hat unsern vorsich tigen Kapitän, einen Griechen von Geburt, gestern hier herein in die Felsenschlucht gescheucht, unter und zwi schen deren grausig schönen Gesteinwändcn wir so sicher ruhen, wie unter den Fittigen eines Adlers, so daß wir de der vorigen Nacht nur hoch über uns das Tosen des Sturmes hörten und heute nur aus weiter Ferne am Ende der Bucht die hohen, mit Schaum bedeckten Wo gen erblicken. Bis hierher hat uns der treue gnädige Gott gc- hslfen. Die Reise von München bis Wien und der Aufenthalt in dieser schönen Kaiscrstadt waren uns eine Zeit des lieblichsten Ausruhens und der geistigen und leiblichen Erquickung. Die Fahrt auf der Donau hinab nach dem schwarzen Meere und durch den Bosporus nach Konstantinopel hatte eben so viel Erquickliches als Beschwerliches. Das Letztere rührte theilS von der im Vergleich mit der rheinischen noch sehr mangelhaften Einrichtung der Donaudampfschiffe her, theils davon, -aß wir damals noch nicht so an die Gesellschaft der Wanzen gewöhnt waren, die uns sowohl in allen unga rischen Gasthöfen, mit Ausnahme des schönen Pcsth, alö auch in Len Dampfschiffen lästig fielen, -a wir auch in den letztem öfters übernachten mußten, wäh rend uns jetzt, wo wir in Kleinasien in allen tüc kischen Nachtlagern Lause in Menge angctroffen haben, die Manzen noch sehr erträglich verkommen. Unver geßlich wird mir der Abend und taS Nachtlager in Semlin bleiben. Aus den Fenstern sähe ich das nahe gegenüber liegende Belgrad mir seinen vielen Minarett (hohen schwachen Thürmen), wahrend von den Thürmen in Semlin das Abendgeläute berabhalltt. Das Gast haus war das letzte auf gute deutsche Weise eingerich tete, das wir auf dieser Reise fanden, obgleich es an Wanzen auch nicht fehlte. Orsova, wo wir uns ctlich« Tage aufhalten mußten, weil es der Wechsel der Dampf schiffe so mit sich brachte, Orsova, in einer wahrhaft erhaben schönen Gegend gelegen und das nachbarliche Mchadia, mit den Bädern des Herkules, waren di» letzten ganz christlichen Orte, die wir auf diesem Wege fanden. Mit Wehmuth doch auch mit Freude, daß jetzt ein Schritt weiter geschah, verließen wir die guten öster reichischen Lande, in denen wir so viel freundliche Be gegnung erfahren hatten. — Gallacz gegenüber lebte ich zum ersten Mal einen Tag unter Türken, oder rich tiger gesagt, in der Nähe ihrer Hütten in einergrünen den Wüste der Donauebcne, Das sonst so böse und gefährliche schwarze Meer war, als wir cs beschifften, so sanft und still, als man es in dieser Jahreszeit selten findet, so ruhig aber, wie das ägäische Meer ist es niemals und war es auch da mals nicht. Wir hatten die Mündung der Donau bei Sonnenuntergang verlassen und in der Nacht ging daS schaukelnde Bewegen des Schiffes, -as Anschlägen der Wellen und das Krachen der Wände unserer Kajüte an.