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An kllndigungen auf der Lnvatleit« Kette ss Ptg: die r tvattiae Zeit« als „Ein aetandl" oder aut Leitteite so Pta In Nummern nach Sonn- und geter ta,cn 1- de», L wattige Drundreiteu so. «o de», so und so Pt, nach de tonderem Tarif. Auswärtige Aut träge nur gegen Borausderakitung. Belegblätter werde» mit lo Ptg. berechnet. Sernlvrcchantchlub: «m« I Nr. U und Nr. 2UW 1.7'2° allen Nr. «L. Neurste Drahtberichte. Hostiachrichten, Sächsisches Militärbudget, Alt Heidelberg-Fest. Gerichtsverhandlungen. „Mignon". Berliner Leben. Freitag 6. März 1903. Neueste Drahtmeldnnnen von, s März Plauen i. V lPrtv -Tel.) Aus dein Vogtland» und den bcnacbbarten böhmischen Grenzbezirken gehen Slachrichten ein von heftigen Erder schütter»» gen, von denen diese Gegen den in der vergangenen Nacht tieinigesucht worden sind. Dem „Vogtl. An,." wird u. a. ans Gallenstein. Schönberg bei Bram bach, Unteisachenberg und Aich i. B überelnstimmend gemeldet, daß die Erdbewegungen von >/,12 bis etwa 2 Ubr mit nur kuizen Unterbrechungen andanrrlcn. Der stärkste Erdstoß wurde 1 Uhr 50 Minuten verspürt, er übertraf an Heftigkeit alle Stöße der ganzen bisherigen Erdbebenperiode. Seine Wirkung mar eine beängstigende. Die Schläfer wurden durch das unteiirdischeRollen und eine schaukelnde Bewegung aus dem Schlafe geschreckt, die nicht niet- und nagelfesten Gegenstände i» den Wohnräumen klapperten und schwankten, die Fensterscheiben klirrten und viele Türen sprangen auf. Ueber Unglücksfälle ist bisher noch nichts bekannt geworden. Treuen i. B- (Priv.-Tel.) Hier wurden nachts zwei be sonders h e ft i g e Erd st ö ß e wahrgenoinmen. deren jeder 4 bis 5 Sekunden andauerte. Der zweite, heftigste Stoß erfolgte gegen 2 Uhr und war von einem donnerähnlichen unterirdischen Rollen und einer wellenförmigen Bewegung der Erdoberfläche begleitet. Helgoland. Um 11^ Uhr vormittags landete der Kaiser in Begleitung des Prinzen Heinrich von Preußen und des Groß- Herzogs von Oldenburg mittels eines Helgoländer Bootes an der Düne und besichtigte diese und besonders tue Dünenschutzbauten. Es herrscht Regenwetter. München. Heute begann vor dem hiesigen Schwurgericht der Prozeß gegen die Vorsteherin des Maxiinllian - Waisen - stistes Elpe von Heusler wegen Körperverletzung. Die An klage nimmt an, daß Irl. von Heusler am 2- Juli nachmittags dem im Stift bediensteten 26jährigen Dienstmädchen Wilhelmine Wagner aus Feuchtwangen ISprozentige Salzsäure in den Kaffee gemischt habe, um dadurch zu erreichen, daß die Wagner er kranke und dann den Dienst verlassen müsse. Die Verteidigung führt Rechtsanwalt von Pannewitz. Der Sitzungssaal ist dicht gefüllt. Die Angeklagte schildert in ihrer Verteidigung die Weigner als Trinkerin. Sie bestreitet, der Wagner Salzsäure in den Kaffee getan zu haben. Alles, was diese gegen sie ausgesagt habe, sei er- logen. Kempten. Wie die „Allgäuer Zta." aus zuverlässiger Quelle erfahren haben will, werde Prinzessin Luise von Toskana in etwa 8 Tagen Lindau wieder verlassen, um im Auslande die Entbindung abzuwarten. Paris. Die sozialistisch-radikale Gruppe hielt gestern abend eine Versammlung ab, in der sie cs für notwendig erklärte, daß der Ministerpräsident in der Kongregations-Angelegen heit die Vertrauensfrage stelle, wen die Delegierten fürchten, daß tonst eine Anzahl von Mitgliedern der Union dümocratiqne, die unter Führung Etiennes steht, gegen di.e Ncgierunasvorschläge stimmen werde. Ferner wird die sozialistisch-radikale Gruppe von der Regierung die baldige Schließung des Nancyer Klosters ,,Zum guten Hirten , das kürzlich wegen Ausbeutung einer Näherin zu 10000 Francs Schadenersatz verurteilt wurde, verlangen. Nantes. Gestern nachmittag ist 3 Meilen von der Küste ein großer nach Norden segelnder Dampfer, dessen Name und Nationalität unbekannt sind, untergcgangen. London. Nach einer Meldung der Morgenblätter aus Plnmouth fand gestern ans einem in den dortigen Kriegsdafen zutückkebrenden Unterseeboote eine Gasexplosion statt, durch die das Innere des Schiffes zerstört und vier Mann schwer ver letzt wurden. Konstanttnopel. Wie verlautet, bereitet die Pforte ein Memorandum vor über die Propaganda des makedonischen Komitees und über die jüngsten mit dem Bandenunwesen zu- iammenhängenden Vorfälle für eine Mitteilung an die hiesigen Botschafter oder durch diese an die Großmächte. Es heißt ferner, die Pforte sei beunruhigt, weil England die Entsendung von 2 sudanesischen Bataillonen nach dem Hintcrlandc von Aden vor- bercite. OertlicheS und Sächsisches. Dresden. 5. März. —* Se. Majestät der König empfing heute mittag halb 1 Uhr den neuernannten österreichisch-ungarischen Militärattache- in Berlin. Hauptmann im Generalstabe Älepsch-Kloth von Roden. Der genannte Herr wurde später auch von Ihren König!. Hoheiten dem Kronprinzen und dem Prinzen Johann Georg empfangen. Um 1 Uhr empfing Se. Majestät den schwedisch-norwegischen Gesandten Grafen Taube und nach demselben den spanischen Gesandten Dr. Ruata v Sichar, in Be- gleitung des Botschaftssekretärs de Mariategni, sowie daran an schließend den österreichisch-ungarischen Gesandten Dr. Belics von Laszlüfalva in Begleitung deS zweiten Legationssekretärs Frei herrn von Lederer^Prattncrn zwecks Entgegennahme ihrer Be- glaubigungsschrcibcn in Gegenwart des Staatsministers der aus wärtigen Angelegenheiten von Mctzsch in Audienz. Den Gesandten wurden hierbei von einer Paradewache des Gardereiterregiments die militärischen Ehren erwiesen. — Im direkten Anschlüsse an die Audienz beim Könige fand ein Empfang des spanischen und des österreichisch-ungarischen Gesandten bei Ihrer Königs. Hoheit der Prinzessin Mathilde statt. Die beiden letztgenannten Ge sandten begaben sich nach den Empfängen im Schlosse nach dem Palais -am Taschcnberge und von diesem nach dem Prinzlichen Palais in der Parkstraße, wo sie von Ihren Königl. Hoheiten dem Kronprinzen und dem Prinzen und der Prin zessin Jo Han »Georg ebenfalls in feierlicher Audienz empfangen wurden. Der schwedisch.norwegische Gesandte Graf Taube reiste unmittelbar nach der Audienz bei Sr. Majestät von hier wieder ab. An die Gesandten Dr. Ruata Y Sichar und Belics von Laszlüfalva. sowie an di« begleitenden Legationssekretäre de Maria- tegni und Freiherrn von Lederer - Prattnern und ferner an dm österreichisch-ungarischen Militärattachü Hauptmann Älepsch-Kloth von Roden sind Einladungen zu der heute nachmittag 5 Uhr statt- findenden Tafel ergangen. Zu dieser sind auch Staatsminister von Metzsch und der östereichpch-ungarische erste Legationssekretär Kämmerer Graf Somssich mit Einladungen beehrt worden. —* In Stille beging heute Se. Königl. Hoyeit der Kron prinz seinen Namenstag. —* Der spanische Botschafter Graf Angel de Ruata y Sichar und der schwedisch-norwegisch« Gesandte Graf Taube, beide-in Berlin, sind gestern bez. heute hier eingetroffen und haben im Hotel Bellevue Wohnung genommen. —* Sr. Majestät dem Könige ist von der Genossenschaft deS Johanniter-Ordens im Königreich Lachsen durch dessen Kom- menWtor Herrn Kammerherrn Leopold von Globig unter dem 2. d. M. folgende Ergebenheitsadresse übersandt worden: „Ew. Königl. Majestät wollen es der zum Rittertag versammelten Ge nossenschaft des Johanniter-Ordens im Königreich Sachsen huld reichst gestatten, IN dieser für unser geliebtes Königshaus und unser gesamtes Volk und Land so prüfungsschtveren Zeit, Aller- höchstihm den Ausdruck unwandelbarer Treue und tiefempfundenster Teilnahme Älleruntertänigst zu Füßen zu lmm. Gott schütze und bewahre in seiner Gnade Ew. Königl. Majestät^ Se. Königl. Hoheit den Kronprinzen und das gesamte Königl. Haus Wettin." —* Ueber die militärischen Bewilligungen für das Königreich Sachsen in der Budgetkoni Mission des Reichs tags sind noch folgende Einzelheiten mitzuteilen: Einmalige Ausgaben: Für Dresden: 1. Neubau einer Kaserne und eines Schießstandes für eine Maschinengcwehrabteilung 285000 Mark, 2. bauliche Veränderungen beim Bcklcidnngsamt des 12. Armeekorps, voller Bedarf 66 OM Mk., 3. Neubau einer Garnisonmühle, letzte Rate 60 OM Mk., 4. Neu- und Erweite rungsbauten von Montierungskammergebäuden, letzte Rate 30 OM Mk., 5. Erweiterung einer Jnfantericbataillonskaserne in eine Regimentskaserne, 3. Rate, 350000 Mk., 6. Neubau eines Jntendanturdienstgebäudes mit .Kriegszahlamt und Pensions-Zahl stelle, letzte Rate. IM OM Mk. Für Leipzig: 1. Neubau eines Bekleidungsamtes für das 19. Armeekorps, 5. Rate. 170 MO Mk., 2. Neubau einer Feldartilleriekaserne, letzte Rate, 20000 Mk., 3. Neubau einer Kaserne und eines Schießstandes für die Maschinengewehrabteilung, 2. Rate. 2MM0 Mk. Für Chemnitz: 1. Neubau einer Jnfanteriekaserne und einer Garnisonwaschanstalt, letzte Rate, 150 MO Mk.. 2. Neubau eines Garnisonlazaretts, 5. Rate, 40 MO Mk. Für Plauen: 1. Neu bau einer Jnfanteriekaserne. 5. Rate, 800 MO Mk.. 2. Anlage von Schießständen, letzte Rate, 30000 Mk., 3. Neubau eines Garnison- lazaretls, letzte Rate, 52000 Mk. Für Wurzen: Neubau einer Feldartillcriekaserne und einer Waschanstalt, letzte Rate, 40000 Mark. Für Zittau: 1. Neubauten an den Kasernen, Neubau eines Ofsizierskasinos. letzte Rate, 60000 Mk., 2. Neubau eines Garnisonlazarclts, 4. Rate, 165 000 Mk. Für Bautzen: Er weiterungsbau eines Feldfahrzeugschuppens, 2. Rate, 111 MO Mk.: Für Riesa: Neubau einer Pionier-Kaserne, letzte Rate, 10 OM Mark. Für Pirna: Neubau eines Garnisonlazaretts, 4. Rate. 125 000 Mk. Für Zwickau: Ersatzbauten für die abgebrannte Jnfanteriekaserne, Aufräumungsarbeiten, Abbruch der Brand ruine, letzte Rate, 110 OM Mk. Insgesamt bewilligte die Kom mission die Summe von 3024000 Mk. für oben aufgesührte Bauten. Für Trainwesen, Remontewesen, Artillerie- und Waffenwesen, Ingenieur-, Pionier- und Telegraphenwesen wurde» noch 9 718806 Mk., für Bekleidungs- und Ausrüstungswesen im außerordentlichen Etat 406 531 Mk. bewilligt. Gestrichen tourde nur die Forderung: 5M0 Mk. als letzte Rate für Magazin- anlagen in Wurzen. —* Die heute im „Tivoli" tagende Landesversammlung des BundesderLandwirte nahm folgende Resolution an: „Die Landesversammlung des Bundes der Landwirte für das König reich Sachsen spricht dem engeren Vorstand des Bundes ihre» Dank für sein bisheriges Verhalten aus und gibt dem Vertrauen Ausdruck, baß derselbe auch in Zukunft mit gleicher Festigkeit die Interessen des selbständigen Mittelstandes vertreten wird." —* Aus Lindau wird gemeldet: „Der Mannschastsbestand der Gendarmerie wurde durch auswärtige Abkommandierung ver stärkt zum Zwecke der Bewachung der Villa Toskana. Das ge schah alljährlich, wenn der toskanische Hof hier weilte, doch wurde dieser Dienst nicht gerade auffällig ausgeübt, so daß ihn Nicht eingeweihte kaum tvahrnahmen. Gegenwärtig aber ist dies anders. Außer einem in der Villa angebrachten SicherheitSpo-sten latrouilliert längs der am Park der Villa vorbeiziehenden Staats- traße beständig ein Gendarm in Uniform ohne Obergewehr. Es oll wohl damit gegebenenfalls ein Besuch der Villa imrch Giro» oder Wölfling abgehalten werden. Die hiesigen Photographen haben von auswärtigen illustrierten Tagesblätteru und Journalen zahlreiche Aufträge für Photographien der Villa Toskana er- halten." — Das Brüsseler Blatt „Petit Bleu" veröffentlicht eine von Giron ausgehende Mitteilung, die erklärt, er habe niemals die Absicht gehabt, die Prinzessin Luise von Toskana in Lindau zu besuchen. Die Mitteilung stellt weiter sest, daß die Prinzessin angeblich weder ihren Eltern, noch dem sächsischen Hose jemals versprach, die Beziehungen mit Giron dauernd abzubrechen. Wenn eine vorläufige Trennung erfolgte, so sei dieselbe die Folge einer Vereinbarung zwischen der Prinzessin und Giron. Allerdings habe der sächsische Hof die Prinzessin wissen lasten, daß ein vollständiger Bruch mit Giron die unerläßliche Bedingung sein müsse, unter der sie ihre Kinder Wiedersehen dürfe. — Zwischen Dresden und Lindau sollen wegen der Zusammenkunft der Prinzessin Luise mit ihren Kindern Unterhandlungen gepflogen iverdcn. Es heißt, daß die Prinzen im Mai zu vierzehntägigem Aufent halte in Lindau eintrcffen werden. Aus Dresden sollen zwei Damen eingetrofsen sein, welche vom Sächsischen Frauenvereinc delegiert seien, um authentische Nachrichten über den Verbleib der Prinzessin einzuholen. —* Alt Heidelberg-Fest im Gewerbehause. Weiß der Himmel, woher es kam, aber es lag Stimmung in der Sache, und — was die Hauptsache ist! — man war wirklich lustig! Wer oder was dafür verantwortlich zu machen ist. läßt sich heute in frohem Gedenken an die harmlos heiteren Stunden, die man gestern im Gewerbebause verlebte mit Hunderten von fröhlichen Zech- und Festgcnosse», nur schwer sagen. In erster Linie war cs wohl das zwanglose Arrangement der ganzen Veranstaltung, das von vornherein die Stimmung frei und ungebunden gab, dann aber das Publikum, dem man es förmlich ansah. daß es gekommen war, sich ä tont prir zu amüsieren! Ueberall lackende Gesichter unter vielfarbige» Mützen, mit denen, unter gleichzeitiger Verleihung des Bandes, vor Betreten des Saales Männlein und Weiblein ge schmückt wurden. Schon das gab dem Jestbilde rin ungemein buntes, scubiges Gepiäge und Gepränge, auf das von der Galerie herabznichauen ein tatsächlicher Genuß war. Und diese Fülle! Um 9 Uhr war noch der Platz inmitten des Saales frei sur den „Tanz bis zum frühe» Morgen" — ko das Programm! — aber schon eine halbe Stunde später saß man, Stuhl an Stuhl, Tisch an Tt'ch. in tiaullcher studentischer Kameradschaft und wies lachend dem Büttel, vulgo Herrn Weise, dem allezeit gefälligen Sekretär Kilt,st und Wissenschaft. ß* Mitteilungen aus dem Bureau der Kön'gl. Hos- theater. Im Schauspielhause wird Sonnabend den 7. März Grillparzers historisches Trauerspiel „DieIüdinvon Toledo" gegeben. Frl. Pölitz spielt zum erstenmal die Rolle der Königin Eleonore. Die übrige Besetzung des Werkes in den Hauptvartien ist die folgende: Mphons: Herr Wiecke. Isaak: Herr Frodöse, Manrigue: Herr Winds, Garccran: .Herr Dettmcr, Rahel: Irl. Serda. Esther: Frau Esillag. -s* Königl. Hosoper. „Mignon". Infolge einer Unpäßlich keit unserer hiesigen Vertreterin der Titelrolle wurde, um die Vor- stellung aufrecht zu erhalten, in letzter Stunde die jugendlich dramatische Sängerin des Leipziger Stadttheaters, Frl. Alda Gardini, als Gast berufen. Die junge Dame bringt viel für die Mignon mit, zunächst eine liebenswürdige, der Figur gut ent sprechende Aeutzerlichkeit, eine Mignon-Erscheinung in des Wortes bestem Sinne und dazu Frische und Jugend, die für die Mignon kaum entbehrlich sind. Allerdings bedeutet die Jugend nur in den seltensten Fallen auch ein Garantie für die künstlerische Leistungs fähigleit, und was in einer Hinsicht einen nicht unwcicntlichcn Vorteil ausmacht, kann in anderer als solcher nicht immer gelten. Auch Irl. Gardini leidet zur Zeit noch einigermaßen unter den liebenswürdigen Erscheinungen der Jugend, di« mit der Aus- reisung der Künstlcrschaft kämpft, unter den Folgen, die sich natur- gemäß aus dem Bestreben ergeben müssen, eine Aufgabe zu erfüllen, oer man, wenigstens für eine erste Bühne, vorläufig noch nicht völlig gewachsen ist. So war denn alles, was Frl. Gardini als Darstellerin und Sängerin der Mignon darbot, sehr anerkennens wert, hübich und niedlich, aber doch nicht voll genügend, um den hiesigen Anforderungen ganz zu entsprechen. Aehnlich, wie Frl. Gardini sich im Spiel noch bedeutend wird vervollkommnen müssen, wird sie auf Verfeinerung des Vortrages zu achten haben, namentlich auch auf tadellosere Zuverlässigkeit der Tongebung. Denn ganz abgesehen von der Unzulänglichkeit der Gcsangstcchnik, detonierte Frl. Gardini in beiden Strophen der Romanze und im Schlußtempo der Styrienne etwas sehr empfindlich, sodaß der diesen Stucken sonst unfehlbar sichere Beifall ausblieb. Aehnliche Be- obachtunaen ließen sich im Duett mit Lothario machen Diese JugesdfHler korrigieren sich sicher mit der Zeit ganz von selbst. gestern traten sie indes noch stark genug hervor, um nicht ganz unbeachtet bleiben zu können. — Frau Abendroth war eine vor treffliche Philine und die Herren Perron, Gießen und Greder aus gezeichnete Vertreter der Rollen des Lothario, Meister und Jarno. II. 8t. Berliner Veden. O. Berlin, 4. März. Unsere Nachbarstadt Potsdam hat in mancher Hinsicht große Vorzüge vor der Millionenstadt Berlin. Mit ihren rund 60000 Einwohnern ist sie eine mittlere Stadt, ja in ihrem ganzen äußeren Zuschnitt, mit den meist wie ausgestorben daliegenden Straßen und dem ganzen behäbigen Leben und Treiben eine Kleinstadt. Aber jeder bessere Zug führt ihre Bewohner in einer kleinen halben Stunde nach Berlin, mitten hinein in das lebhaft pulsierende Weltstadtgetricbe am Potsdamer Platz und die in dieien mündende Leipziger Straße. Der Berliner verbindet zwar mit der Bezeichnung „Potsdamer" einen ironischen Nebcnbcgriff. Wer sich leicht über das Ohr hauen läßt, wer auf jeden Schwindel bereitwillig hereinsällt, kurzum, wer irgend einen Schaden er leidet, ist >ür den Berliner Spott ein „Potsdamer". Nicht als ob die Potsdamer so ohne weiteres als besondere Tumuiköpse anzusprcchen wären. Weder in ihrer Intelligenz, noch in ihrem Charakter imterschciden sie sich im Durchschnitt irgendwie von ihnen bekanntlich auch nicht in der Mehrzahl wirklich mit Spree- wasser getauften Berliner Nachbarn. Die Geschichte hat auch eine ganz einfache Bewandtnis und schreibt sich von der ersten preußischen Eisenbahn her. die bekanntlich zwischen Berlin und Potsdam gebaut wurde, trotz der Bemerkung des Königs Friedrich Wilhelms III., er könne sich keine besondere Seligkeit davon ver sprechen, wenn er mit der Eisenbahn eine halbe Stunde früher nach Potsdam kommen könnte, als mit seinem schnellen Rappen. Tie Erbauer jener Eisenbahn sagten sich gewiß, daß weit mehr Berliner nach Potsdam, als Potsdamer nach Berlin reisen würde», und deshalb dekretierten sie, daß eine Eisenbahnfahrkarlc von Berlin nach Potsdam einen Taler, eine solche von Potsdam nach Berlin aber einen Taler und 10 Silbergrojchen kosten solle — nebenbei bemerkt — fährt man heute hin und zurück für eine Mark. Wegen jener Tarifierung setzte sich nun das Märchen von den „dummen Potsdamern" fest, ohne rechten Grund, wie man so haben die Potsdamer alle Im übrigen, wc sieht, über die Pc Ursache zu lachen, wenn die Berliner Potsdamer lache». . . . ^ ,en, und sich ihres im allgemeinen weit angenehmeren Lebens zu freuen. Sie wohnen im Durchschnitt besser und zugleich weit billiger, als die Berliner, sie können jederzeit jede Berliner Annehmlichkeit genießen und bleiben bei sich zu Hause von dem ohrenbetäubenden Lärm, dem aufreibenden Halten der Millionenstadt glücklich verschont. Dann erst, wenn der Frühling ins Land zieht! Hat man die Mark Brandenburg mit Berlin an der Spitze zutreffend des Deutschen Reiches Streusandbüchse genannt, so bildet die Umgebung Pots dams eine entzückende Oase in dieser Sandwüstc. Wohin man kommt: großartige Wälder und Gärten, herrliche Wasserflächen und sogar anmutige Erhöhungen, dazu diese Fülle prächtiger Schlösser und gcsAichtlichcr Stätten! Potsdam ist denn auch im Frühling und Sommer das bevorzugte Ziel erholungsbedürf tiger Berliner und der mcisieik nach Berlin kommenden Fremden. Dann beleben sich sogar zeitweise die langweiligen, noch gerader und einförmiger als die Berliner gebauten Potsdamer Straßen- zügc. Ein erheblicher Teil der Potsdamer lebt von diesen zahl reichen Gästen, und wenn dort in der zweiten preußischen Residenz, stadt ein regsamerer Geschäftsgeist vorhanden wäre, dann hätte sich neben den Droschken und Restaurants eine ganz erkleckliche Fremdeuindustrie längst entwickeln können. Genug, Potsdam hat mannigsachc Vorzüge, und so gibt es nicht wenige reiche Berliner, die es vorziehen, dort, anstatt i» Berlin zu wohnen. Außerdem ist Potsdam eine beliebte Pensiono- polis für verabschiedete hohe Militärs und Beamte. Nimmt man dazu, daß ein Teil der Hofgesellschaft dort beständig wohnt und daß sich im Potsdamer r. ffizicrlorps zahlreiche Angehörige deut scher Fürstenhäujcr und der reichsten preußischen und deutschen Ädelssamilien befinden, dann wird man verstehen, daß die Pots damer mit Stolz aus ihre Stadl den Kehrreim eines Berliner Couplets anwcndcn: „Klein - aber oho!" Eine erlesene »nd in sinaiizicllcr Beziehung sehr leistungsfähige Gesellschaft hat sich dort zusammengetundc». Kein Wunder, daß cs in Potsdam auch eine verhältnismäßig stgltliche Zahl großer Bankhäuser gibt, trotzdem i» Potsdam keine Böric ist. Die Potsdamer Bankiers fahren täglich um die Mittagsstunde nach Berlin zur Börse, an der sie mit den Berliner Bankiers völlig gleichberechtigt sind. Sie gälte»