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Noigtländiseker Anzeiger. k^o. 44. Plauen, Sonnabend den 29, Octoker 1836. Ueber Sachsens Interesse, daß die Eisen bahnen auf den größten Routen im Lande selbst, sowie in ganz Deutschland zum ordinairen Transportmittel werden und über den sichersten Weg, sie allge mein einzuführen. (Fortsetzung.) Betrachten wir, um die Sache anschau licher zu machen, den Verkehr einer einzelnen Stadt dem Lande gegenüber. Die Gewcrbs- lcute in der Stadt leben von den Nahrungs mitteln, sie verarbeiten die Materialien, die ihnen das Land zuführt und bezahlen mit ih ren Fabrikaten. Wird nun dieser Tausch durch wohlfeilere Frachten befördert, so gewinnen nicht nur die in dem bisherigen Verkehrkreis der Stadt lebenden Landwirthe, sondern die ser Verkehrkreis wird auch nach Maßgabe der Transporterleichterung erweitert. Man wird mehr Lebensmittel und Materialien zu Mark te bringen, und die Nachfrage nach Fabrika ten wird in gleichem Verhältniß steigen. Da durch wird die Stadt von zwei Seiten zum Wachsthum getrieben, einmal durch größere Zufuhr nnd dann durch größern Absatz. Auf gleiche Weise steigt die Landwirthschaft zu grö ßerem Flor, indem der Landwirth einmal durch bessere Preise seiner Produkte und dann durch erleichterten Bezug dessen, was seine Genüsse und seine productiven Kräfte ver mehrt, zu größerer Thatigkeit und besserer Benutzung der ihm zu Gebot stehenden Na- turkräfte angespornt wird. Dehnen wir unsern Blick auf ein ganzes Land aus, z. B. auf unser Vaterland, das Königreich Sachsen, so erscheinen uns diesel ben Vorthciie in einem bedeutend vergrößerten Maßstab. Der erleichterte Transport ruft nun Kräfte in s Leben, die bisher todt in un seren Bergen gelegen sind. In seinen Braun- und Steinkohlenflötzen besitzt Sachsen einen Reichthum, welcher erst durch Vertheilung auf die ganze Oberfläche des Landes voll ver- werthct werden kann. Dieses Brennmaterial wird bewegende Kraft, die erste Bedingung der Gewerbsthätigkeit, allen Gegenden ver leihen, die bisher derselbenermangelten. Das Brennholz wird als Nutzholz die Industrie und die Reichthümer des Landes erhöhen. Die vermehrte Thätigkeit auf der Ebene wie in den Gebirgen wird die Bevölkerung und die Einkünfte, also in gleichem Verhältniß die Nachfrage nach den Produkten des Ackerbau es vermehren. Daß dies nicht blose Eingebungen sangui nischer Hoffnungen, sondern auf Thatsachen gestützte Beobachtungen sind/ lehrt die Er fahrung aller Länder, die uns auf dem Wege der Verkehrserleichterungen vorangingeu: England, Frankreich und Nordamerika. Un ter so vielen Beispielen wollen wir nur ein einziges anführen. Pensylvanien, das erst vor 12 Jahren angefangen hat, die Stein kohlen der blauen Berge zu benutzen, förder te mit Hülfe seiner Eisenbahnen nnd Canäle im Jahre 1835 10 Mill. Cntr. Die Agrieul- tur von Pensylvanien setzt nun an diejenige Bevölkerung, welche mit Förderung und Transportirung dieser Kohle, oder in Fabri ken beschäftigt ist, die durch Kohle in Gang gesetzt werden, doppelt so viel Produkte ab, als sic in den blühendsten Zeiten des auswär-