Volltext Seite (XML)
Noigtländifekeo Anreiger. ^O. 11. Plauen, Sonnabend den 12. März 1836. Der Industrie - Verein im Königreich Sachsen. (Beschluß.) Die Weberei ist eine schöne, große Kunst und sic muß nicht wie das Dreschen betrachtet werden, sondern wie ein edler Organismus, dem der Mensch Leben und Bewegung ein- haucht. — Ein solcher Organismus ist die Webemaschine (xovver 1oom), in welcher alle das Gewebe hervorbringcnde Bewegungen durch Umdrehung geschehen, werde diese Um drehung nun durch Maschine, Thicre oder irgend eine andere Kraft bewerkstelliget. — Von diesen Webemaschinen sind in England ungefähr 60,000 im Gange, in Nordamerika 20,000, in Frankreich 50,000, in Sachp n — nicht eine Einzige.— Es werden darauf nicht nur alle glatten Zeuge gewebt, sondern auel- gemusterte und namentlich langstreifige m-d carrirte Waaren, indem man nämlich durch die Maschine den Schützen selbst wechseln läßt oder auch auf die Spüle mehre Farben ab wechselnd zugleich getrieben werden. Alle Merino, Flanelle re. werden darauf geferti- get, besonders die einfachen baumwollenen Stoffe: Cattune, Cambrics, Shirtings u. s. w. Diese mit der Hand zu weben, würde keinen Engländer und Amerikaner nur im Traume einfallen. — Ein Arbeiter z. B. macht auf 2 Maschinen ungefähr 600 Ellen H breite Eattune, wofür crsSthlr. erhält, welches xr- Stück von 48 Ellen ungefähr 10 gr. abwirft. Ist dieß ein Lohn, wobei ein sächsischer Cat tunweber bestehen kann? Giebt man im Voigtlande nicht 16 und 20 gr. für dieselbe Waare? Aehnlich, wie im angeführten Bei spiele, geht es mit andern Zweigen derWebe- rei. So werden in Glasgow Laisle^, baum wollene Listaclos, Lorten, Oliers, OinA- kams mittelst der Webemaschinc gewebt, und die Arbeiter stehen sich gut dabei, wahrend die sächsischen Webcfobrikantcn diesen Artikel fast haben aufgebcn müssen, da er bei Hand arbeit zu schlecht lohnt. Man hat sich in Sachsen mehr aufvielfarbige u. viclgemuster- te Modewaarcn geworfen (.die allerdings zur Zeit auch in England noch mit Händen ge macht werden) u. nur durch die der sächsischen Weberei inwohncndeThätigkcit, Gewandtheit und den ihr eignen Kunstsinn behauptet sie in diesem Artikel noch das Feld. Wer kann aber sagen, wie lange — und wer wollte nicht rachen, schon jetzt einen ernsten Blick auf die Zukunft zu werfen, um möglichen Unfällen vorzubeugcn? Die engl. Webemaschinen ha ben zwar vieleVerbefferungcu erfahren, sind aber doch zu schwer, kostspielig und nur für große Etablissements berechnet, nur geeignet durch Dampf- oder Wasserkraft bewegt zu werden. Man sichts ihnen an, daß sie für eine reiche Industrie arbeiten und ihre Be wegung durch eine zerstörungslustige Kraft erhalten. Darum eignen sie sich nicht für eine bescheidene Continental-Manufactur. Eine solche bedarf eines vcrvollkommten Webestuhls, der den Arbeiter vom Marter holz befreit, an dem er mit Brust und Beinen seit Jahrhunderten angeschmiedet ist, eine leichte tragbare Maschine, die nur ungefähr die Hälfte von dem Platze cinnimmt, den die jetzt gebräuchlichen Stühle in Anspruch neh men und die man in beliebiger Anzahl in jedes Webers Stube aufschlagen kann, ohne die