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Vkevukag. 11. Mal 1926 — »Dresdner Nachrichten* — 7tr. 216 Seite Z Das Gemeindebestimmungsrecht im Reichstage. Annahme -er neuen Arafifahneugikeuer. Amerikas Zustände unter dem Mkaholverbot. Ivradtmeldung unsrer v-rltner »ch,lsrl,1t«n a> Berlin, 10. Mai. In der heutigen NeichstagSsitzung smrden zunächst einige Handelsabkommen dem Aus- w 8 rtigen Ausschuß libcrmicscn. Danach wurde in allen drei Lesungen der Gesetzentwnrs zur Aenderung des Krastsahrzeugstener, « , gesetzea angenommen. Nach den AnSschußbeschlüsscn beträgt die Steuer für Kraft räder jährlich sitr jede halbe Pferdestärke oder de» Teil einer halben Pferdestärke IN Mk., siir Persvncn-Krasiwagcn. mit Ausnahme der Kraftomnibusse, sitr jede Pferdestärke von den ersten IN Pferdestärken NN Mk., von den nächsten 8 Pferde- stärken 6N Mk. und von de» weiteren Pferdestärken «N Mk Kraftomnibusse und Lastkraftwagen zahlen siir je 2NN Kilogr. Eigengewicht NN Mk., und zwar bis 2M0 Kilogr., von dem Eigengewicht über 2NNN Kilogr. 2N Mk.: elektrische oder mit Dampf angctricbenc Lastkraftwagen zahlen unter denselben Bedingungen nur 15 bzw. ln Mk. AlSdann wurde die Aussprache über die Anträge zur Frage des Alkoholiömns und des Semelndebeslimmungsrechles fortgesetzt. Abg. Dietrich-Baden lDem.i erklärte, daß auch in seiner Fraktion die Meinungen geteilt seien, doch sei die »eit überwiegende Mehrheit der Fraktion entschlossen, gegen daS Gcmeindebcstimmnngorccht zu stimmen. Für die ab lehnende Mehrheit sei vor allem die Befürchtung ausschlag gebend, das, für das Gcineindebcstiniinungsrecht der Kamps um die Alkoholsragc in die Gemeindeverwaltungen binein- aetragc» wird, das; in den einzelnen Gemeinden, im Gegen satz zu der sonst in Deutschland herrschenden Einheit der Gewerbcgcsetzgebnng. ein gewerbliches Sonderrecht geschaffen werde, das ans der einen Seite zu anßcrordent- lichen Schwierigkeiten Beranlassnng gäbe, ans der anderen Seite praktisch aber kaum dnrchzusühren wäre. Abg. Rauch-München <B. Vp.i bekennt sich als Anhänger aller Bestrebungen, die ans Bekämpfung des Alkolwlmiß- brauchs abziclen. Aber ebenso sei seine Fraktion entschlossen, gegen eine Trockenlegung Deutschlands und gegen Vor- bercitungSvcrhandlnngcn dazn anszutrcten. Eine solche Hand lung sei auch das Gemcindebestimmnngsrecht. Das beweise die Entwicklung in Amerika. Ein Alkoholverbot würde den Alkoholmißbranch weiter blühen lassen und jeder öffentlichen Kontrolle entziehen, die heute doch wenigstens bestehe. Der Redner ging dann auf die Verhältnisse in Amerika ein, wo di« Trockenlegung nur scheinbar sei. Er sei aus seiner Reise in vielen Privathäseru in Amerika gewesen; tu jedem Privathausc hätte man >hm Alkohol in irgendeiner Form angcbotcn. Ans einer Festlichkeit in einem groben Ncuyorkcr Hotel sei französischer Ehampagncr in Strö men geflossen. Das amerkianischc Alkohvlvcrbvt habe zur Folge gehabt, das; die groben Kongresse in den kanadischen Grenzorten abgehalten würden, wo man Alkohol in Hülle und Fülle haben könne. Die amerikanische Fugend, die früher vom Alkohol nicht viel wnsttc und wissen wollte, mache heute aus dem Erwerb und dem Genus; des verbotenen Alkohols geradezu einen Sport. Der amerikanische Schneider habe es sich schon angcwöhnt, beim Masinchmcn die Taschen für die heimlichen Wiskyslaschen zu berücksichtigen. lHeiterkcit.j Eine Enquetckommission des amerikanischen Senats habe unter dem verbot kürzlich einen Verbrauch von Alkohol im Werte von -.6 Milliarden Dollar scstgestcllt. Die Gefängnisse mubten vergrößert werden, da die Vergehen gegen das Alkoholverbot dauernd zunehmen. All das könne nicht dazn ermutigen, bas amerikanische Beispiel etwa nachahmen zu wollen. Abg. Mollath tWirtsch. Vp.) bekämpft das Gemeinde bestimmungsrecht. Wir hätte,, bereits 2 Millionen ArbcitS- lose. Sollten dazu etwa noch die 3 Millionen der im Gast- wirtSg.'werbe Beschäftigten kommen? Die Zahl der Gastwirt schaften sei bereits erheblich z u r ü ck g e g a u g e n. Das Ge- meindebcstimmungSrecht würde nur neue Kämpfe in die Be- vülkeruna tragen. Wir hätten jetzt wahrlich andere Sorgen genug. Wie das Beispiel Amerikas zeige, führe eine Trocken legung nur zur Heuchelei und zum Pharisäertum. — Abg. Kube (Bölk.i erklärt, das, die Seltcrwasserfanatikcr ein Massenaufgebot von ll e b e r t r ei b u n g e » veranlasst hätten. Die sozialdemokratische Fraktion solle in ihren Reihen anfange», wenn sie in Sachen des Alkohols Erzic- hungsmabnahmcn für notwendig halte. Der Redner er innerte an den Obcrpräsidentcn von Sachsen, Hvrsing. Unter grober Heiterkeit des Hauses erklärt der Redner weiter, in einer Doktordisscrtativn über den Flaschenbicr- handcl werde mit Recht die Behauptung zurückgcwiesc», das; die Einfuhr bäurischen Bieres in Rorddeuischland zur He bung der revolutionären Stimmung bcigetragen hätte. Der Verfasser dieser Dissertation sei der gegenwärtige Außen minister Dr. S t r c s c m a n n. Im übrigen, so schließt der Redner, würden die Solterwasscrfanatiker die Arbeitslosig keit durch eine Trockenlegung ins Unermeßliche steigern. — Abg. Andr» (Zcntr.s verlangt eine gute Lösung der Alkohol- srggc, weil das eine Lebensfrage für das deutsche Volk sei. Der Redner erkennt an, das; die Mäßigkeitsvercine viel Gutes geleistet haben, aber sic hätten in letzter Zeit sich zu viel mit dem Gemcindcbcstimmungörccht beschäftigt und die Erziehungsarbeit vernachlässigt. Der Alkvholverbranch sei erheblich zurückgegangen- und zwar gerade infolge der Auf klärungsarbeit. Wenn es in Deutschland tatsächlich, wie die Alkoholgegncr behaupten, 4M MN berufsmäßige Trinker gebe, dann sollte man deren Frauen und Kinder schützen.»aber nicht die anderen vielen Millionen Menschen unter Kuratel stellen. Abg. Dr. Mumm lD.-N.s betont, die Alkoholsragc dürfe nicht eine Frage der Partei, sondern müsse eine Frage des allgemeinen V o l k S w v h l s sein. Der Redner glaubt, als einmütige Meinung des Reichstages das Eintreten für ein A l k o h o l s ch u tz g e s e tz scststcllen zu können. Er fordert die unverzügliche Vorlage eines solchen Gesetzes. Unentschieden sei der Kampf gegen das Gemeindebcstimmungsrecht. Er stände auf dem Boden des Gcmcindcbestimmnnasrcchtes. Es solle sich bet diesem ia nicht um ein allgemeines Alkoholverbot handeln, sondern nur um ein Verbot des Trinkbranntwcins. Zurücksührung der Zahl der Likörstuben auf ein normales Maß, Verbot des Ausschankes an Jugendliche unter 16 Jahren usw. Abg. Sollmann lSoz.s erklärt gegenüber Zurufen zu nächst, das, der Sozialismus allerdings nur verwirklicht wer den könnte von einer Menschheit, die geistig und sittlich viel reifer sei, als die jetzige. Am Mittwoch werde sich bei der Ab stimmung über den sozialdemokratische» Antrag ein Block für den Sck>navs und ein Block gegen den Schnaps Herausstellen. Abg. Kube lVölk.j meint, die Ausführungen des Abg. Svllmann und die Bezeichnung, daß sich ein Schnaps- und ein Anlischnapsblock bilden würden, sei geradezu ein Ehimborasso von Demagogie. Die knappe Sclterswasicrmehrheit der Sozialdemokratie gebe der Fraktion kein Recht, den Fraktions zwang auszuüben. Damit schließt die Aussprache. Die Abstimmung wird in einer späteren Sitzung vorgenommcn. DaS HanS ver tagt sich auf Dienstag nachmittag. Auf der Tagesordnung steht die sozialdemokratische Interpellation über die Flaggcn- verordnung, in Verbindung mit dem völkischen und kommu nistischen Misstrauensvotum. Der Polflug -es Amerikaners Byrd. Neuyork, 10. Mat. Nach neuen Fnnksprüchcn aus Spitz bergen ist Oberleutnant Bnrd mit seiner Fokkcrmaschine um 13 Uhr SN Greenwicher Zeit, in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag, aufgcstiegcn und kehrte am Sonntagnachmittag gegen 4 Uhr zurück. Die Berechnungen und Peilungen während Ser Fahrt geschahen ausschließlich an Hand des Sonncnkompasscs. Bnrd hielt den Kompab in der einen Hand und lenkte das Flugzeug mit der anderen. Unterwegs setzte einer der drei Motoren aus und die Gefahr bestand, daß die Maschine die nötige Zugkraft verlieren könne. Bnrd setzte jedoch nach kurzer Ueberlegung den Flug fort. Der ganze Flug war von gttnstige m Wetter begleitet. Bnrd sand die Angaben Pcarys restlos bestätigt. Der Nordpol »urde mehrere Male ohne Landung umflogen. Bei der Rück kehr zeigte cS sich, daß Byrd mehrere Finger der linken Hand erfroren hatte. Der Empfang auf Spitzbergen war sehr begeistert. Amundsen und seine Mannschaft nahmen an der Begrüßung der Flieger teil. Präsident Coolidge sandte ein Glück wunschtelegramm. in dem er seiner Genugtuung Aus druck gibt, daß ein Amerikaner als erster den Nordpol er reicht habe. Sin neuer Flug Byrds zum Nordpol? Paris, 1v. Mai. Der Pariser „Times" wird aus Neu- york gemeldet, daß Leutnant Byrd die Absicht hat. einen neuen Flug zum Nordpol anzntretcn. Er beabsichtigt bei seinem neuen Flug, auf dem Nordpol zu landen. T. N. Vor einem Siark Amun-sens. Oslo, 1<>. Mai. Norgcs Handels-Og Sjösartstitende er hielt folgendes Telegramm aus Tromsö: Das hiesige geophy- stsche Institut hat von N m undsen den Auftrag erhalten, von morgen früh ab, alle W c t t e r n a ch r i ch t e n von uordnorwe- gischen und nordrussischcn Stationen zu senden. Dies dürfte auf einen Start am morgigen Tag hindcuteu. Das Wetter ist andauernd o"°--"^'"et auf lW. T. B.) Kullskers Wechselsüljchungen. iEI-nrr Drabtbertcht de, „D r e « i> n > > 1> richte v"l Berlin. 10. Mat. In der heutigen Sitzung wurde als erste Zeugin Frau Dr. Klopfer, die Schwester des Ange klagten Holzmann. über den Vorgang vernommen, der sich im Polizeipräsidium nach der Vernehmung des Elim abgespielt haben soll. Nach ihrer Darstellung, die sich mit der ihre- Mannes deckt, ist Elim aufgeregt aus dem BcrnebmungS- ztmmer gestürzt und hat. zu Torbini gewandt, gerufen: „Mein Gott, woher weiß Holzman«. dab ich für ! Kutisker Wechsel gefälscht habe!" Bei diesem späteren Besuch habe Elim gesagt. KutiSker habe ihm sehr große Versprechungen gemacht, aber schließlich nur ei« paar Mark für die Wechsrlsälschunge« bezahlt. Kutisker ha; »ach Elims Darstellung auch gesagt, die Staatsbank sei in seinen Händen, er fürchte sie nicht. Der Konkursverwalter der Stctnbank, Schuster, äußert sich dann Uber den am Sonnabend erörterten Verkauf der Geschäftsbücher als Makulatur. Er bekundet, er habe, als ein gewisser Abschluß des Verfah rens erreicht worden war, Berger beauftragt, alles noch Wichtige herauszuiuchen und das übrige als Makulatur zu verkaufen. — Der Sachverständige Lachmann legt dann eins der vom Althändler zurückgekauften Bücher vor. uird der Zeuge Schuster erklärt, ein solches Buch würde er niemals verlaust haben. Der Zeuge Berger sagt ans. er habe diese Bücher aus eigene Faust verkauft, weil sie vom Gericht schon geprüft und von dem Sachverständigen abgcschricben waren. Kutisker habe ihn dazu nicht beauftragt. — Ter nächste Zeuge, Photograph Lichte, schildert, wie seine Filmkopieranstalt an die Scharlachbank und damit an den Kntiskcrkonzern über ging. lieber die Wechseldiskonttcruna sagt der Zeuge: Eines Tages kam ein Herr von Kolst und verlangte meine Unter schrift zu dem Wechsel über 200 000 Mark. Als ich erklärte, die ganze Gesellschaft sei doch nur 40 000 Mark wert, meinte er, es sei egal, der W"chsel würde an? dem Tresor gar nicht hcranskommcn. Ans Veranlassung des Kulisker-Dircktors Hans Meier wurden dann weitere Wechsel geschrieben im Gesamtbeträge von mehr als SM NM Mark. Auch hier wurde gemgt. die Wechsel würden im Tresor bleiben. S-'rtcr wurden die Wechsel aber doch von der Staatsbank v-äsa-tf-rt. Der Zeuge Matter, ein früherer Buchhalter der Stein- Bank, der nach einer Paule vernommen wird, war an der Auf stellung des Status vom 3N. April 1V24 beteiligt. Die Anklage sieht in diesem Status, der mit einem hohen Uebcrschuß ab- schUcßt, den Versuch, einen Gewinn vorzutäuschcn, während tatsächlich damals ein Defizit von 8 Millionen bestand. Der Zeuge erklärt, er habe immer die Notwcndiakcit betont, bei den Debitoren Abschreibungen zu machen. Das sei aber nicht ge schehen. — Anaekl. Blei gibt das zu, meint aber, der am 30. April 1924 anfacstellte Status habe nur die nackten Zahlen ohne Wcrtbcstimmnng der einzelnen Posten wieder- geben sollen. — Bors.: Die Staatsbankbeamten hätten aber doch wissen müssen, daß sie mit einem solchen Status gar nichts zur Beurteilung des Defizits anfangen konnte. — Zeuge: Ja» das musste jeder wissen. — Angekl Iwan Kutisker: Die Leiter der Staatsbank haben auch nach der Vorlage des Status er klärt, daß sie die einzelnen Konten in den Büchern nachprüken müßten. Daraus ergibt sich schon, daß sie den Status gar nicht als Bcwcrtungsgrnndlage betrachteten. Als nächster Zeuge wird Obersinanzrat Dr. Hellwig ver nommen, der früher in der Leitung der Staatsbank war und letzt als EnndiknS tätig ist. Der Keuae ^ält es für möglich, daß er im Mai schon davon gewußt habe, daß es sich um Kon- zcrnwcchsel gehandelt habe. Er gibt auch die Möglichkeit zu, daß er selbst die Vergabe solcher Wechsel angereat habe. Der Zeuge erklärt weiter, in dem Status der Stein-Bank habe er nur eine rohe zahlenmäßige Ausstellung erblickt. Die Weiter» Verhandlung wird dann aus Mittwoch vertagt. Kein Wiederaufnahmeverfahren gegen Fechenbach München, 10. Mai. Die 1. Strafkammer des Landgerichts München I hat den von Fechcnbachs Verteidiger gestellten Antrag ans Wiederaufnahme des Verfahrens abgelehnt mit der Begründung, daß bei einem Wiederaufnahmeverfahren weder aus tatsächlichen, noch aus rechtlichen Gründen die Freisprechung oder eine geringere Bestrafung Jeckenbachs zu erwarten sei. Gegen diese Entscheidung hat der Verteidiger Beschwerde beim Reichsgericht angemeldct. Wartburg-Maienkage 192«. „Wenn Kunst wird in Natur verwandelt, Dann hat Natur und Kunst gehandelt." Noch niemals wurde dem Natur- «ud .Kunstschwärmer dieser tiefsinnige Ausspruch Lcssingö klarer, als durch die eben verlebten Festtage in Eisenach. Seit nunmehr vier Jahren veranstaltet der Verein „Freunde der Wartburg" sogenannte „Wartburgmaicntage" zur Erhaltung dieser wundervollen deutschen Kulturstätte durch Ausführungen hervorragender deutscher Kunstwerke. Gewöhnlich widmete man diese Bcr anstaltungcn in geschmackvoller Einheitlichkeit einem unserer großen Meister. Kamen in den Vorjahren Wagner, Bach und Mozart zu Ehren, so gedachte man dieses Mal unserer beiden Kunstherocn Goethe und Beethoven: letzterem dadurch gleichsam eine Borgedenkscicr seines 100. Todestages bringend. Außerordentlich viele „Freunde der Wartburg" aus dem ganzen Reiche hatten sich cingefundcn, um den erstklassigen Darbietungen tu begeisterter Ergriffenheit zu lauschen und sich an der ewig strahlenden Sonne echtester deutscher Kunst zu er wärmen. ' Die beiden sächsischen Gcistesmetropolcn entsandten ihre besten Kräfte für die Festaussührungcn: ein Gastspiel des Schauspielhauses der StaatSthcater Dresden unter bewährter Leitung Paul WicckcS und zwei sich wieder holende Konzerte des G c w a n d h a n s o r ch e st e r s Leipzig unter der zielbewussten Stabführung des General musikdirektors Gustav Brecher. Der Sonnabend brachte im Eisenacher Stadtheater eine äußerst stilvolle Aufführung von Goethes Schauspiel „Iphi genie auf TauriS", das eine tiefgehende Wirkung auS- löste. Antonia Dietrich verkörperte die Iphigenie in edelster Weiblichkeit, großzügig und hinreißend. Den König ThoaS vertrat Bruno Dccarli außerordentlich überzeugend, während Friedrich Lindncr den gebrochenen und wieder zn neuem Leben ausstürmeuden Orcst glänzend gestaltete. Auch Willy Klcin- oschcgg als PyladcS wußte den treusten bcr Freunde ganz wundervoll zu beleben und glaubwürdig dgrzustcllcn. Adolf Müller fand wiederum herzenSwarme Töne für den um daS Schicksal seines Herren besorgten ArkaS. Besonders eindring liche Höhepunkte der Darstellung waren daS LicbcSwcrben des Königs und das allmähliche Sicherkennen bcr Geschwister. Die Inszenierung des Werkes erbrachte in seiner geschmackvoll ge haltenen Einfachheit Bilder klassischer Schönheit und Größe. DaS auSverkanstc Hans dankte den Dresdnern durch herz lichen Beifall und rief die Darsteller nach Becndiguug dcS Werkes wiederholt vor die Rampe. Am Sonntagmorgcn fand in der stimmungsvollen Wart- burgkapellc ein F c st g v t t c S d i c n st statt, bet dem LaudeS- obcrpfarrer ». Reichhardt-Eisenach eine zu Herzen gehende Fcstpredigt hielt. Um )410 Uhr begann dann im großen Saale des Fttrstcnhofcs die vierte Mitgliederversammlung, bei der der Jahresbericht und die Rechnungslegung durch den Präsidenten, Herrn Kommerzienrat Dr.-Jng. h. c. B. Dem mcr-Eiscnach vorgetragcn wurde. Im vergangenen Jahre war ein erfreulicher Aufstieg des großen Wartburggcdankcns sowie eine ständige Zunahme der Mitglieder zu verzeichnen deren man zurzeit etwa 7000 zählt. Das BcreinSvermögen stieg von 35 000 auf 45 000 Mark. Man konnte infolgedessen manche dringend notwendig gewordene Reparatur der Wart bürg ausführen lassen, z. B. Trockenlegung der Grundmauern und Erneuerung einiger morscher Deckenbalken im Pallas. Außerdem beginnt Pgul Gerhardt-Düsseldorf mit der Wieder Herstellung der Schwind-FreSken in der Elisabethcn-Galcrie. Der Redner dankte in herzlicher Weise allen denen, die sich um die Erhaltung des herrlichen deutschen Kleinods Verdienste er worben haben. Den Fe st vortrag hielt Dr. Friedrich Castelle sBreslaus. DaS ausgestellte Thema „Goethe und B e e th o v c n" gab dem Vortragenden trefflich Gelegenheit, sein glänzendes Redncrtalent, verbunden mit einem den Stofs beherrschenden Wissen zu entfalten. Er wußte von der inner: lichen Zusammengehörigkeit Goethes und Beethovens zn über zeugen. Der äußerst fesselnde, von innerer Hcrzcnswärme und echtem Idealismus durchflutete Vortrag fand stärksten Widerhall bei der den Saal bis auf den letzten Platz füllenden Zuhörerschaft. Das ganze Programm wurde von zwei Beet Hovcn-Strcichguartctte», Opus 95 und 74, umrahmt, die daS Strctchguartett des Leipziger GewandhanS-OrchesterS fHcrren Edgar Wvllgandt, Karl Wolschke, Karl Herrmann und HanS Münch-Hollandf in ausgezeichneter Weise spielte. Man lauschte in atemloser Andacht den Zanberklängen dieser idealen Kamcrmusikncrcinignng. Den Höhepunkt dcS ganzen WartburgfestcS erbrachten aber die beiden Bcethovcn-KonzertedeSGcwandhauS- orchesterS Im Bankettsaale der Wartburg selbst. Eine froh- bewegte Menge strömte durch die herrlichen blütenreicken Wälder zum Berge hinauf, um oben von der Schönheit der Natur und der allgewaltigen Stimmung, die über den fest lichen Räume» der Burg lag, hingerissen zu sein. Zarte Maicn- sträußc füllten die herrlichen Rundbögen, brennende Kerzen in alten Bronzelcuchtern warfen Ihr flackerndes Licht in den aal, der heimliche EmpfindungSbildcr anSznlöscn schien. Man träumte in weite Ferne» ... Da erklangen die wuchtigen Töne der „Egiuvnt"-Ouucrtüre. die sich allgemach znm trotzigen Lebenskämpfe und zur selbstbewußten Lebens- bejahnng emvvrrangcn. Beethovens urgewaltige Kraft riß Spielende und Hörende mit Macht in ihren Bann. Man fühlte hier auf geweihtem deutschen Boden die Offenbarung seines Geistes in elementarer Größe und Erhabenheit. Ein welt verlorener Blick durch die hohen Fenster über die herrlichen Thüringer Wälder, aus deren Wipfeln sich der jubelnde Ge sang der Waldvögel mit den Harmonien der Musik vermählte, ließ ein nicht znrückzudrängcndes Gefühl echtester Heimatliebe übcrströmcn: „wie ist mir wohl, daß ich ein Deutscher bin!" — und als die jubelnde „Siebente" mit ihrem übermütigen Schlußsätze vorübergeranscht, übcrkam einen das Empfinden neuer HoffnungSfreudigkcit. neuen Glaubens an Volk und Vaterland: „es muß doch Frühling werden!" — Das Gewand- hauSorchcstcr spielte ganz wundervoll. Generalmusikdirektor G. Brecher nahm die Tempi straff und staffelte prächtige dyna mische Steigernngen. Aber auch die lnrischen Stellen kamen in ihrer ganzen Melodiekrendigkeit zur schönsten Geltung. Kein Wunder, daß die Zuhörerschaft den Künstlern in dankbarer Be geisterung znsubeltc. Mit der pastosen Lconorcn-Ouvcrtüre Nr. 3 schloß bas denkwürdige Konzert ab. Nur ganz langsam verließ man die Stätte reinsten Genusses und vermochte sich erst allmählich wieder In die Wirklichkeit zurttckzufinden. Tief ergriffen schritt man schweigend zu Tale . . . um ein Erlebnis reicher. So verliefen auch die dieSiäbrigen „Wartbnrg-Maien- tage" in gelungenster Weise. Eine Neuerung im Programm bot man anßcrdem noch durch zwei auf den Geist dcö Festes vorbereitende Vorträge. Staatspräsident a. D. Herr Prof. Dr.-Jng. Hermann Hummel, Heidelberg, sprach über Deutscher Geist in der Weltwirtschaft": Uni- versitä'Sprvfcsior Dr. Friedrich Neumann, Leipzig, über „Wolfram von Eschenbach und daSJdcal dcS Ritters". Beide Vortragende verstanden in eindringlicher Ueberzcimung die aebotcnen Themen zu erschöpfen. Die Fcstaufsührungcn wurden im Rundfunk durch die Mitteldeutschen Sender Leipzig-Dresden weitergeaeben. so daß auch die große Welt teilnchmen konnte an einer Kultur veranstaltung. die hier in Eisenach durch deutsche Männer um ein heiliges Nationglknlturaut in treuester Hingabe erfüllt wird mit dem Grundsätze: „Deutsch sein heißt, eine Sache um ihrer selbst willen tun!" — AlsrcdPellegrini. Kunst und WisteMast. s Dresdner Thcatcr-Spielplan für heute. Opern haus: „Martha" <)48s: Schauspielhaus: „Der Revisor" l^3i: Albert-Theatcr: „DaS hohe C" Residenz-Theater: „Paganini" s!48f: Neues Theater: „Und das Licht scheinet in der Finsternis" <^8f. -f Albert-Theaier. Tonnerdtag, !>en 18. Mai tHImmelfahrtl ge langt „Die fremde Frau", Schauspiel ln vier Akten von