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VoiHtländikher Anzeiger. Drei und fünfzigster Jahrgang. Redigtrt von Advocat C. Wieprecht. Druck und Verlag von C. Wieprechts seel. Wittwe. Jährl. Abonncmentprns 25 Ngr. M34. Plauen, den 20. August 184S. Das Gymnasium zu Plauen. Sicherem Vernehmen nach hat das Hohe Eultmini- sterium bereits seit längerer Zeit an die Behörden derj Städte Freiberg, Zwickau und Plauen den Antrag ge stellt, ihre Gymnasien an den Staat abzutreten. Wenn nun auch schon dadurch, daß den genannten Anstalten aus der Staatskasse alljährlich beträchtliche Unterstützungssummen zufließen, dieser Antrag und mit ihm die Beanspruchung des Rechts, die einzelnen Lehrer stellen zu besetzen, vollkommen begründet erscheint, so Hal sich doch hin und wieder die Ansicht geltend gemacht, daß es keineswegs im Interesse unseres Gymnasiums sei, dem gedachten Anträge der hohen Staatsregierung zu entsprechen und zwar besonders darum, weil diese Anstalt, sobald sie an den Staat abgetreten sei, aller und jeder Garantie für ihr Fortbestehen entbehre. Obwohl nicht zu leugnen ist, daß einem Jeden, wenn er im Geiste auf die vergangenen Jahre zurückschaut, in denen der Wille der Regierung, unser Gymnasium auf-^ zuheben, auf das unzweideutigste sich kund gegeben hatte, diese Besorgniß erregende Ansicht fast unwillkürlich sich aufdrängt, so scheint dieselbe doch, näher in's Auge ge faßt, kaum auf einem haltbaren Grunde zu beruhen. Denn ist es nicht zu bezweifeln, daß eine öffentliche An stalt, für deren Bestehen die Stände sich ausgesprochen haben, ohne Zustimmung derselben durchaus nicht aufge hoben werden kann, so findet unser Gymnasium, mag dasselbe ein rein städtisches bleiben oder an den Staat abgetreten werden, nach wie vor die Garantie für sein Fortbestehen in der Ständeversammlung, von deren Mit-, gliedern zu erwarten steht, daß sie sich gegen die Auf ¬ hebung desselben so lange erklären werden, als überhaupt die Gründe fortdauern, die für die Erhaltung gesprochen ; haben und noch sprechen, nicht zu gedenken, daß im entscheidenden Augenblicke auch die Stadt für ihre Ge lehrtenschule, die, an den Staat abgetreten, nur sehr ge ringe Ansprüche an die Stadtkasse machen wird, Alles, was an ihr ist, zu thun um so weniger Anstand nehmen wird, je eifriger sie dieselbe sich und dem Voigtlande zu erhalten in einer Zeit bemüht war, in der sie ein kaum zu übersehendes Deficit zu decken hatte. Aber angenommen, nicht zugegeben, daß, wenn auf den Antrag des Hohen Ministeriums eingegangen werde, die Aufhebung des Gymnasiums leichter möglich sei, so ist doch soviel Jedem klar, daß, wenn auf denselben nicht eingegangen wird, die Auflösung dieser Anstalt fast gewiß zu nennen ist. Denn ist, wie zu erwarten steht, auf die Dauer der nächsten Finanzperiode nicht für jedes . einzelne Gymnasium ein bestimmtes Quantum, sondern im Allgemeinen eine Unterstützungssumme für die städti schen Gymnasien postulirt und bewilligt worden, so wird die Regierung, wenn sie über diese Summe disponirt, vorerst diejenigen Anstalten bedenken und bedenken müssen, die, an den Staat abgetreten, nur und allein an den Staat gewiesen sind und dem Gymnasium, für das zu nächst die Stadt zu sorgen hat, nicht etwa das zeitherige Unterstützungsquantum, sondern überhaupt nur soviel geben und geben können, als von jener Summe — übrig bleibt. Wohin dies aber führen wird und in kürzester Zeit füh ren muß, leuchtet von selbst ein. Die Stadt, die bei dem derzeitigen Unterstützungsquantum ein jährliches De ficit von mindestens 300 Thalern zu decken hat, wird,