Volltext Seite (XML)
VoiLtländitther Anzeiger Drei »in- fünfzigster Jahrgang. Redigirt von Advoeat C. Wieprecht. Druck und Verlag von C. Wieprechts seel. Wittwe. Jährl. AbonnementpreiS 25 Ngr. .^33« Plauen, den L3. August ' ' 1842« z - r? Politische nn- andere Merkwürdigkeiten. Inland. Camenz, 5. Aug. Abends 11 Uhr. In der größten Bestürzung schreibe ich Ihnen von dem namen losen Unglück, das unsere Stadt betroffen hat. Es war 104 Uhr des Donnerstags Abends, als man Feuer schrie. Es war in einem Hause eines Luchscheerers auf der Leitergasse, welches durch eine erbärmliche Beschaffenheit, zumal bei der herrschenden furchtbaren Trockenheit, zu den größten Besorgnissen berechtigte und es währte auch nicht lange, als die Diaconatswohnung (das Geburts haus G. E. Lessings) von der Hintern Seite ergriffen und die Flammen nach mehrern Seilen geschleudert wur den. Der Wind trieb sie jedoch bald nach dem nord östlichen Theile der Stadt und in einigen Stunden lagen gegen 500 Häuser in Asche. Von der ganzen innern Stadt steht weiter nichts als die westlichen Seiten der Pulsnitzer und Königsbrücker Straße, ein Fabrikgebäude, der Gasthof zum Hirsch am Markle und 2 Privathäuser, alles andere liegt in Asche, Schutt und Trümmer, von den Vorstädten stehen allerdings die Königsbrücker und Pulsnitzer noch, die Bautzner, die ungleich größere und bedeutendere, ist bis auf etliche wenige Häuser niederge brannt. Die massivsten, vom hiesigen Granitstein erbau ten Gebäude waren nicht im Stande, den Flammen zu widerstehen, Alles ist entweder bis auf die Sohle nieder gebrannt oder wenigstens so, daß kein Splitter Holz mehr Nahrung geben kann. Das alte ehrwürdige Rathhaus, die wendische Kirche, die katholische Spitalkirche, die Schule, Apotheke, die Mühlen, die Post, die schönsten neuen Häuser, an denen jetzt unsere Stadt sich so sehr bereichert hatte, sind vernichtet; einige entfernter stehende Fabrikgebäude, welche außer der Richtung des Feuers lagen, stehen noch. Als der Thurm des RathhauseS mit der Seigerschelle herunterstürzte, war der Schrecken allgemein und alle Fassung verloren. Die Acten sind zum großen Theil gerettet, das Archiv scheint es. Noch sind wir lange nicht außer Gefahr für den Rest unserer Stadt: man ist zu erschöpft, um den aus den rauchen den Trümmern schlagenden Flammen gehörig Einhalt thun zu können, unter einigen Tagen kann die Gluth, die aus dem Innern der Gebäude schlägt, schwerlich gedämpft werden.. Ein Glück für uns noch, daß der Thurm der schönen Hauptkirche nicht von den Flammen erreicht wurde; obgleich es schon in der Nähe der Wohnung des Thürmers geglimmt hatte, so hatte doch der Wind eine andere Richtung und schützte ihn auf diese Art. Das Lessingsstift steht; im Ganzen sind vom Feuer, aber nicht vom Unglück etwas über 100 Häuser verschont geblieben. Leider haben wir auch mehre Menschenleben zu beklagen, einige werden noch vermißt; unter andern sah ich eine 80jährige Frau, die jämmerlich auf der Straße verbrannt war, als sie das halbverbrannte Kind ihres Wirthes aus dem brennenden Hause getragen hatte. Ueber 3000 Menschen sind obdachlos! — Ein grenzen loser Jammer herrscht überall! doch das Vertrauen zu Gott und zu der Hülfe guter Menschen gibt Muth. Jndeß kann unser Orr, zum größten Theile Fabriksiadt, sich von diesem furchtbaren Schlage des Schicksals schwer lich so bald erholen. Man schätzt den Schaden an Grundwerth rc. über eine Million, und wie soll Camenz, ein im Ganzen armer Ort, einen solchen Verlust ersetzen