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90 Holland. Dio Flotte in der Schelde zählt 65t Kanonen, und für den Nothfall wer den noch 6 Linienschiffe, 18 Fregatten und eine Menge kleinere Schiffe dazu stoßen; die Citadelle von Antwerpen aber hat 300 Kano nen und ist mit einer außerordentlichen Menge Kriegsbedarf, besonders Bomben und con- grcvschen Raketen, versehen. So wäre also Antwerpen 1100 Fruerschlünden prcisgegc- ben. Belgien. Zu Antwerpen wurde am 18. April ein Freiheitsbaum aufgepslanzt, um welchen Officiere, Bürgrrgarden und Solda ten tanzten und auf dessen Spitze sich eine patriotische Mütze mit der Aufschrift be fand: Hinweg auf immer mit den Nassauern! — Mehrere Personen, die in der Revolu- zionszeit geplündert haben, sind zu 2ojahr. Zwangsarbeit, öffentlicher Ausstellung und 2000 Fl. Geldstrafe verurtheilt worden. Groß-Britannien. In mehrern Grafschaften Irlands herrscht die größte Auf regung unter den Bauern, die durch Hunger zu den schauderhaftesten Seenen des Mordens und Raubens getrieben werden. Die Empö rer machen keinen Unterschied zwischen Pro testanten und Katholiken, sondern wüthen gegen Alles, was Vermögen und Ansehn hat. — Durch Stimmenmehrheit für das Amen dement in der Reformbill, damit diese nicht Schottland und Irland zum Nachtheil Eng lands begünstige, ist diese Bill selbst gehindert worden. Man glaubte, das Ministerium würde sich nun zurückziehen; allein noch gibt es seinen Sieg nicht auf; denn es hat den König vermocht, das Parlament in eigner Person zu prorogiren, damit es demnächst ganz aufgelöst werde. Die Prorogazion er folgte, nach stürmischen Debatten im Obcr- und Unterhaust gegen das Ministerium, am 22. April wirklich durch eine feste Entschlos senheit ausdrückende Rede des Königs vom Throne. Die Minister hoffen, bei dem neuen Parlamente 20 Stimmen für die Reform zu gewinnen. Frankreich. Das Anlehn von 12oMill. ist von mehrern Banquicrs endlich mit 82 übernommen worden. Die Festigkeit des Ministeriums hat die Renten seit 14 Tagen mn 12 Pc. in die Höhe gebracht. — Die in Marseille angekommeucn ital. Flüchtlinge mußten die Stadt binnen 24 Stunden ver lassen. — Der Gesetzentwurf, daß Karl X. und seine Nachkommen auf immer vom franz. Boden ausgeschlossen sind und ihre Besitzun gen binnen Jahresfrist veräußert werden sol len, ist, jedoch nach stürmischen Debatten, auch in der Pairskammer angenommen wor den. — Ain 20. April ist nun die Depu- tirten - Kammer nicht geschlossen, sondern nur bis zum 15. Jun. vertagt worden und zwar zum ersten Mal vom Könige in Person und in Gegenwart der Pairskammer. Der König gab in seiner Thronrede beruhigende Zusicherungen über die Erhaltung der inner» und äußern Ruhe; aber mehrere öffentliche Blätter sind gar nicht mit ihr zufrieden, weil sic die Dinge im alten Zustand lasse und der Polen und Italiener gar nicht gedacht habe. Empörend gegen Gefühl und Anstand sprach sich besonders der Figaro aus, welcher sich sogar nicht entblödetc, den gewiß liberalen, nur zu friedliebenden, König als einen müßi gen Usurpator zu bezeichnen. (Sollte diese Preßfrechhcit wol ungeahndet blei ben?) — Nach Portugal sind noch einige Fregatten geschickt worden, um wegen der, franz. Bürgern widerfahrnen Mißhandlun gen Genugthuung zu verlangen. — DaS Journal desDebats äußerte kürzlich: Europa habe gegen Frankreich unendliche Verbindlich keit, weil es sich aus der Anarchie gerettet habe. Es sey daher billig, daß es einen Lohn dafür erhalte, und dieser müsse in einer Ver größerung bestehen, und diese werde ein- trcten, wenn man (wo?) Frankreichs Hülfe brauche; denn diese erfolge jetzt nicht mehr umsonst re. (Wir glauben s gern.) Italien. Der Papst hat in einer Pro- klamazivn Gott und den Oestreichern für die Rettung, so wie den treu gebliebenen Untcr- thanen für ihren ergebenen Sinn gedankt, auch