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35 ohne Achtung vor dem Gesetze und Liebe zur Ordnung wahre Freiheit unmöglich scy. Jn- deß waren auch die Zöglinge des Kollegiums Barle und Heinrich I V. in voller Empörung, Hatten Barrikaden errichtet und sich ans 8 Tage verproviantier. Doch soll auch dort Ruhe geschafft worden seyn. — In Straßburg sind mehrere aus Göttingen geflüchtet» Stu denten angckommcn und haben in französische Dienste zu treten begehrt. — Die Bewaff nung aller festen Platze im Departement der Ost-Pyrenäen (also gegen Spanien hin) wird eifrigst fortgesetzt; auch wird das Material zum Felddienstc in Bereitschaft gesetzt. — Das polnische Commite' in Paris, aus den Gen. Lafayette, Lamarque, Fqbvier u. v. a. bestehend, hat sich konstituirt und wird sich mit den Mitteln beschäftigen, denPolen Hülfe an Waffen und Geld zukommen zu lassen, so wie den zahlreichen Officicren re., welche mit ihrem Blute die Schuld Frankreichs an Polen zahlen wollen, den Weg zu bahnen. — Der Minister Sebastian! hat in der Dcputir- tenkammcr gesagt: „Die Vernichtung der braven und rdelmüthigen poln. Nazion war ein Unglück für Europa; (Gewiß!) doch die ses große polit. Attentat fällt nicht in unsere Zeit. Die Urheber desselben sind von der Wcltbühne verschwunden. -Die Klagen der Polen ertönen tief in unsere Herzen; aber Ivas können wir für sie thun? Wie zu ihnen gelangen? Friedlich; das würde Preußen verweigern. Mit den Waffen in der Hand; das hieße, wieNapoleon, de» Norden erobern wollen. — .Das angränzendc Belgien hin gegen ist durch den ausgssprochenrn Grund« satz der Nichteinmischung vor einem fremden Einfalle geschützt worden. Jetzt kommt es daraufan,es vor sich sclbstzü schützen." Italien. Seit einiger Zeit verspürte man hier und da starke Erdstöße; am 2. Jan. waren sic in der Provinz Basilikata so heftig, daß fast alle Häuser Schaden litten und eine Kirche zusammenstürzte. — Der König von Neapel fährt fort, Einschränkungen in seiner Eivilliste und allen andern Zweigen zu machen. um die große Staatsschuld desto eher tilgen zu können; auch hat er 21 Personen, welche, der Theilnahmc an geheimen Gesellschaften wegen, theils znm Tode, thcils zu längjahr. Kcttcnstrafe verurtheilt waren, begnadiget. Polen. Prof. Lelcwel überbrachte dem Reichstage eine Adresse von 200 jetzt in War schau befindlichen Bewohnern Litthauens, Wolhyniens, Podoliens und der Ukraine, um, vorgeblich im Auftrage ihrer Landsleute, den Wunsch zu erkennen zu geben, sich an die poln. Sache anzuschließen. — Nach einem neuen Beschlusse soll das Steuer der Regie rung nicht in den Händen der Minister ruhen, sondern einer getrennten Gewalt übergeben werden. — Die Nachricht, „daß der Reichstag die poln. Nazion als ihrer Unterthanenpflicht gegen den Kaiser Nikolaus entbunden habe und sie für berechtigt erklärt worden sey, über die Krone Polens anderweit zu verfügen," hat sich bestätigt. Di' Erklärung lautet also: „Die feierlichsten Verträge sind nur in so fern verbindlich, als sie von den kontra- hirendcn Parteien treulich beobachtet werden. DieLangmuth, mit welcher wir unsere langen Leiden erduldet haben, ist der ganzen Welt bekannt. Die so oft wiederholte Verletzung der Freiheiten, ''ie uns durch die Eidschwüre zweier Monarchen verbürgt worden, entbin det Vorjctzt die poln Nazion des Eides der Treue, den sie ihrem Souverain geleistet, und da der Kaiser Nikolaus ausdrücklich erklärt hat, daß der erste, von unserer Seite abge- feuerte Schuß die Losung zum Ruin Polens geben würde, so ist uns alle Hoffnung, Ge- nugthuung für so viele Verletzungen zu ver langen, benommen, und es bleibt uns weiter nichts übrig, als einer großherzigen Ver zweiflung (noble 6esespoir) Gehör zu geben. Die poln. Nazion, repräsentirt durch die bei den Kammern, erklärt sich zu einem Mab- hängigen Volke und mit dem Rechte bekleidet, die poln. Krone demjenigen zu verleihen, den sie deren würdig erachtet, demjenigen zumal, den sie für unfähig halten wird, den von ihm zu leistenden Eid zu verletzen, und für fähig,