Volltext Seite (XML)
Leben drK blinden Lartzariä, von ihm selbst höchst mühsam aufgesetzt, zu einem unterhaltenden und belehrenden Lescbuchk für edcldenkcndc Familien "bearbeitet von Johann Friedrich Adolph Krug, Direktor au der Friedrich-August.-Schule zu Dresden. Ein streng gewissenhafter, frommer und unermüdeter, aber schuldlos erblindeter Mann von 46 Jahren, Bruder des zu Kloster Roslebcn verstorbenen Professors der Mathematik, A. W. Aachariä, ist cs, für den Endesunterzeichneter vcrtrauungsvoll als Vermittler erscheint. Wohl giebt cs jetzt der Leidenden Viele; aber unter ihnen allen gewiß sehr Wenige, die diesem gleichen. Schon in seinem Z. Jahre sah er den schönsten Leitstern seines Lebens, seinen verdienten aber unbemittelten Vater, einen Prediger im Mcisnischcn Kreise, erbleichen. Nur wenige Jahre darnach mußte der vaterlose Knabe auch die vortreffliche Mutter, von Sorge und Krank heit aufgericben, in Grabcsnacht sinken sehen. Sechs hülflosc Waisen begleiteten sic hände ringend zur Gruft. Wohl goß die älteste Schwester mit christlichem Heldenmuthc und uner müdeter Thatigkeit lindernden Trost in die kummcrschwcren Herzen ihrer vcrlaßnen Geschwi ster. Aber schon im 12. Jahre fing unserm unglücklichen Knaben das Licht scincr Augen all mählich zu ermatten an. Dem Fache der Oekonomie dcsswcgcn gewidmet, mußte der arme und blvdsichtige Jüngling harte Prüfungen als Lehrling erdulden, und im 18. Jahre war ihm auch die Sonne des Tages verschwunden. Er erblindete völlig auf beiden Augen. Gottver- trauen, dieses herrlich und reichlich wuchernde Erbtheil von seinen frommen Aeltcrn, schützte ihn vor Verzweiflung. Er hoffte von einer glücklichen Operation seine Rettung; aber dieser Versuch mißglückte gänzlich. Dem jammervollen Schicksale völliger Blindheit preiflgegcbcn, scheiterten jetzt mehrere Jahre hindurch Plan auf Plan, Versuch auf Versuch; aber felsenfest stand sein Vertrauen auf Gott. Nicht vergebens. Der hochverdiente Hofrath, vr. Jung, dieser Retter von Tausenden, operirtc ihn endlich, und Ein Auge ward gerettet. Mit dem neuen Himmclsglanzc drang neues Freudenlicht in seine Seele, regere Thätigkcit in sein Le ben. Ein edler Rittergutsbesitzer übertrug ihm die Aufsicht über seine Oekonomie. Nach dem Rathc desselben errichtete er dann ein eignes Fabrikgeschäft. Erfreut über den Erfolg seines Unternehmens verhcirathete er sich mit der sehr achtungswürdigcn Tochter eines Landprcdigcrs. Von seinem treulosen Compagnon aber wurde er hierauf um die Frucht seiucs ganzen Fleißes betrogen, und mit Gattinn und Tochter in die qualvollste Armuth gestürzt. So kämpfte er jetzt wieder Jahre lang mit unverschuldetem Elende, bis er im Gebirge in ein neues Fabrikgc- schäft als Gehülfc ausgenommen wurde. Kurzes Glück! Ein Ncrvenficber warf ihn in dm Kricgsjahrcn auf's Krankenlager, und, ob er gleich dem Tode entrissen ward, so erblindete dennoch sein genesenes Auge von neuem fast gänzlich, so, daß er die Hauptbcgcbcnheiten die-