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290 Politische u. andere Merkwürdigkeiten. Inland. Plauen. Die diesjährige Turnfahrt der hiesigen allgemeinen städtischen Turnanstalt ist am 3. u. 4. dies, gehalten worden. Ausgezeichnet war der Empfang der rüstigen Turner, gegen 200 an der Zahl, in Schöneck und Adorf, wo sie das Konstitutionsfest mit feierten. Sie kehrten erst den 5. in die Stadt zurück, wo sie von einer großen Volksmenge am Weichbild der Stadt empfangen wurden. Wir hoffen, im nächsten Blatte eine Beschreibung dieser Turnfahrt mittheilen zu können. Gesetzgebung. Eines der wichtigem legislativen Resultate des vorigen Landtags, welches noch zurück war, das Gesetz, die Einführung einer Todtenschau und die Anlegung von Leichenhäusern und Leichen kammern betreffend, publizirt das 13- Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes unterm 22. Jan. Bekanntlich hatte die Staatsregierung, einem Wunsche der Stände auf vorletztem Landtage entsprechend, diesfallsige Vor lagen an die vorige Ständeversammlung gebracht. Ob wohl sich nun diese im Wesentlichen nicht auf genügende, aus der Fassung der Vorlagen gezogene Gründe gegen dieselben auszusprechen vermochte, gab sie doch eine unerwartete, dem früheren Wunsche entgegengesetzte Sinnesänderung kund und im Wesentlichen mur mit Rücksicht auf den Kostenpunkt sprach man sich gegen die Einführung der Leichenhäuser im Wege eines Zwang gesetzes unbedingt und selbst gegen die Todtenschau aus, und nur der die letztere betreffende Theil des Gesetzent wurfes konnte in dieser Maaße durchgebracht werden. Als Folge hiervon ist das vorliegende Gesetz nur rück sichtlich der Leichenschau zwingend, rücksichtlich der Lei chenhäuser nur dispositiv. Jnskünftige sollen demnach alle Leichen, unter Beobachtung einer 12stündigen Frist für die Regel, der Besichtigung eines aus der Klasse der Aerzte oder Wundärzte anzustellenden verpflichteten Leichenbeschauers unterworfen, und nur mit dessen Ge nehmigung beerdigt werden. Ausnahmsweise können jedoch auch Nichtärzte zu einer solchen Funktion ver pflichtet werden. Die dazu gehörige Verordnung vonj gleichem Datum verbreitet sich zunächst über die admi nistrative Einrichtung der Leichenschau, die Zweckmäßig keit und zweckmäßigste Anlegung von Leichenhäusern und Leichenkammern, die Leichenöffnungen und Begrabniß- plätze. In einem Anhänge giebl sie Belehrung für nicht ärztliche Todtenbeschauer und die Instruktion kür die Todtenbeschauer im Allgemeinen und die Leichen ¬ wäscherinnen, in der ersten namentlich eine sehr zweck mäßige Anweisung über die Behandlung Verunglückter und die Mittel, solche entweder in's Leben zurückzu rufen oder sich von deren Tode zu überzeugen. Das Konstitutionsfest ist am 4. September in Leipzig sehr schön gefeiert worden. Den an diesen Tag fallenden Wochenmarkt hatte man auf den Tag vorher verlegt. Vor 5 Uhr früh 31 Schüsse aus den Kanonen der Schützengesellschast; um 5 Uhr große Reveille von den Musikchören der Kommunalgarde; 4 7 Uhr Abblasen des „Nun danket alle Gott" von den beiden Hauptthürmen und Lauten aller Glocken; Vormittagsgottesdienst in allen Kirchen; Ausrückung der Kommunalgarde und Parade derselben auf dem Markte; Maria v. Webers Jubelouvertüre auf dem mit den Sachsenfarben geschmückten Balkon des Rath- hauses; Lebehoch dem König und der Verfassung durch den Bürgermeister; festliche Mittagsmahle größerer und kleinerer Gesellschaften: die königl. und städtischen Be hörden und die Stadtverordneten im Hotel de Saxe; am zahlreichsten das 4. Bataillon der Kommunalgarde mit seinen Gästen im Schützenhause; am Abend fest liche Vereinigungen, festliche Beleuchtung des Marktes durch eine Gaspyramide; erster öffentlicher Gebrauch einer am Rathhause angebrachten Normal - und Nacht uhr mit transparentem Zifferblatt, ein Geschenk des geschickten Uhrmachers Scholle in Leipzig. — In Dresden wurde das Constitutionsfest durch Beleuchtung der öffentlichen Gebäude und Ausstellung von Musikchören gefeiert. — Dent sch land. Baiern. Manche Augsburger haben sich in der Woche, wo das jährliche Volksfest in Augsburg gefeiert wurde, nicht abhalten lassen, nach München zu reisen, um ein in der dortigen Peterskirche sichtbares Wunder mit eignen Augen zu sehen. Von den Heimgekehrten haben es, wie es auch den Münchnern ergehen mag, die Einen gesehen, die Andern nicht gesehen. Die Ersten behaupten denn, ein Christusbilv auf einem Altargemälde in jener Kirche bewege die Augen. Darin besteht nämlich das Wunder. Bei jedem guten Gemälde kann der Beschauer, der eine lebhafte Phantasie besitzt, dieses Wunder beobachten, wenn er bei der Veränderung seines Standortes seinen Blick auf die Augen eines Bildes richtet. Der König der Niederlande hat den Anschluß seines deutschen GroßherzogthumS Luxemburg an den