210 Gesangfest in Oelsnitz. Der Voigtlandische Volksschullchrer-Verein hielt am 30. Juni d. I. sein fünftes großes Gesangfest iu Oels- nitz, wobei außer den Lehrern dieses Vereins und den Seminaristen von Plauen thätig waren die von Lehrern gebildeten und geleiteten Gesangvereine von den Städten Plauen, wo deren 4 bestehen, von Oelsnitz, von Treuen, wo deren 2 sind, und von Mylau. Die Stadt Adorf war durch ihr schönes Lehrerquartett ver treten. Von den übrigen Städten worunter sich Pausa und Lengenfeld wohl angemeldet hatten, waren die Ver eine nicht gekommen. Von Gesangvereinen aus Dör fern waren zugegen die Vereine von Rodau und Leubnitz, und der Altensalzer Parochialverein. Der oben abgedruckte Festchoral eröffnete nach dem öffent lichen Einzug der fröhlichen Sängerschaar, mit Musik von dem Schießhause herein, wo die Stimmen geordnet worden waren, das Fest und knüpfte dasselbe an das Vormittag in der Gottesackerkirche gehaltene Bibelfest an. Mit Vergnügen sah man die Theilnahme des Publikums an den Bestrebungen der Männer, die begeistert für diese edlere Art von Geselligkeit, begeistert für Gott, Natur und Vaterland die Mühe und Arbeit, die Versäumniße und Geldkosten nicht scheuten, um sich zu diesem schönen Feste einzusinden und sich und ihre Mitbrüder durch ihre Gesänge zu erfreuen. Doch bemerkte man auch hier, wie in Plauen, daß die Mehrzahl den Honoratioren angehörte, und daß nur in dem zweiten Theile des Festes, auf dem Schießhause, die Bürger mit Weib und Kind die Mehrzahl bildeten. Nach einer Hauptprobe, die noch dazu wie gewöhnlich am Tage der Aufführung stattsinden mußte, gingen die schweren Gesänge, Motetten von Reissiger, Hößler und B. Klein, wirklich recht gut zusammen. Es wäre zu wünschen, daß anderthalber Tag zu diesem Feste verwendet werden könnten, aber die Leute können sich nicht soviel Zeit abmüßigen, und cs würde dann auch zu kostspielig für die Mehrzahl werden. Leichter wäre dies zu bewerkstelligen, wenn bei diesem Feste soviel durch die Eintrittsgelder und den Verkauf der Texte gewonnen werden könnte, daß die sämtlichen Sänger — gewöhnlich gegen 400 — verköstiget werden könnten. Dadurch würde dann auch der doppelte Zweck erreicht, daß dabei der ärmere Sänger seines Lebens eben so froh werden könnte, wie der reichere, und daß eine größere und segensreichere Vereinigung aller Sanger stattsinden könnte. Es ist in der Regel so, wer mit einander gearbeitet hat, der will auch gern mit einander essen; aber wenn bei unserm Gesangfeste die Arbeit vor über ist, nämlich die Hauptprobe, und diese Arbeit ist nicht gering, so stäubt die ganze Gesellschaft hastig aus einander und sucht sich zu stärken mit neuer Kraft, so gut es eben gehen will — „Sehe jeder wie er's treibe, sehe jeder, wo er bleibe." — Doch finden sich immer Freunde des Volkes, welche ihr Haus dem und jenen Mitsänger gastlich öffnen und das ist auch recht schön und von dem Vereine dankbar anerkannt. Aber besser wäre doch die Theilnahme des ganzen Publikums, wo durch allein obige Zwecke erreicht werden könnten. Die Gesangfeste in Niederschlesien finden diese Theilnahme und auch die unsrigen werden sich dieselbe gewiß noch erringen. Nachmittag war auf dem Schießhausplatze, wohin die sämtlichen Sänger wieder mit Musik zurück- zogen ein freudig bewegtes Leben und die Ungunst der Witterung hatte nicht den geringsten nachtheiligen Ein fluß auf die freudige und erhobene Stimmung der Ge- müther. Nur dem Wirthe ist zu rathen, daß er bei künftigen ähnlichen Fällen besser für Bänke und Tische sorgt. Bei solchen Volksfesten reichen Breter hin, die auf Pfählen befestigt werden, so daß ein höheres Bret die Tafel und ein niedrigeres die Bank bildet. Wer „Stimme" hat muß auch „Sitz" haben, besonders wenn er weit herkommt und dann 6 — 8 Stunden in der Kirche hat stehen müssen! Der Abend brachte einen starken Regenguß und traf vermuthlich die meisten Vereine auf ihrer Heimkehr. Dank, herzlicher Dank Euch allen, Ihr lieben Männer und Freunde', daß ihr dem Rufe zum Feste freudig folgtet! F. Politische u. andere Merkwürdigkeiten Inland. Dresden. Hier haben sich die Holz preise er mäßigt, aber leider nur aus dem Grunde, weil immer weiter um sich greifender Raupenfraß, namentlich in eini gen Revieren der sogenannten dresdner Heide, bedeutende Holzschläge nothwendig gemacht hat. Leipzig. Die Generalversammlung der sächsisch- bairischen Eisenbahngesellschaft am 23. Juni d. I.