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— 219 — Allgemeinen fortwährend über diese Opposition. — Am 30. Juni hat der König die allgemeine Ständeversammlung ausgelöst, weil sich die Mehrheit der zweiten Kammer durch ihr seitheriges Verhalten zur Erfüllung der ihr obliegenden Funktionen als unfähig bezeigt habe. Preußen. D. 16. und 17. Juli halten die 30 Schützengilden der Neumark und Niederlausitz in Frank furt an der Oder der Hauptstadt des Regierungsbezirks ein Provinzialkönigsschießen. > Oesterreich. Die kaiserliche Regierung hat eine neue Anluhe zu 80 Mill. Gulden durch vier Bankier- Hauser abgeschlossen, bei welcher Letztere fast 4 Mill. Fl. gewinnen sollen. 2lnsla nd. Spanien. Der Jahrstag der Konstitution von 1837 wurde am 20. Juni in Madrid sehr festlich be gangen. Auch die junge Königin wohnte dem Feste bei. Frankreich. Bei dem Begräbniß des ausgezeich neten liberalen Deputirten Garnier-Pages waren 20 — 30,000 Leichenbegleiter meist aus dem Stande der Handwerker. Von polizeilichen Sicherheitsmaßregeln war keine Spur zu sehen, ein Beweis, daß die Re gierung dem Volke traute. — Die Unzufriedenheit der Truppen über ihre Mitwirkung bei der Befestigung von Paris hat eine offizielle Bestätigung erhalten, da die Regierung den Offizieren Gratifikationen versprochen hctt, welche die Gleichgültigkeit der Soldaten beim Bau der Befestigungen um Paris in Eifer verwandeln. — Die Flotte hat Befehl erhalten, unter dem Oberbefehl des Admirals Lalande nach den levantischen Gewässern ab zugehen. Großbritannien. Die Königin hat das Parla ment mit einer einfachen Thronrede aufgelöst, um durch eine neue Wahl die Meinung des Volkes zu erfahren in Be zug auf die Zweckmäßigkeit, den Staatsbedürfnissen „in der am wenigsten drückenden Weise" zu genügen. Ein Berichterstatter des Journal des Debats entwirft folgendes interessante Bild von den Wahlumtrieben in London. „Wenn dieser Brief in Paris ankommt, wird die große Wahlschlacht schon begonnen haben, und der Schlachtruf erschüttert dann schon die uralten Gewölbe in Guildhall. Von der City geht der Funke aus, der das Leitfeuer entzünden soll, welches durch ganz England gelegt ist. Die Flamme dringt zunächst in die Städte, dann zu den Grafschaften, ferner zu den Universitäten und kehrt endlich zum Ausgangspunkte heim, ohne auf ihrer raschen Bahn Trümmer zurückzulassen. So darf man wenigstens glauben, wenn man die Ruhe erblickt, mit der dieses Volk sich unter den Aufreizungen bewegt, die täglich an dessen Leidenschaften gerichtet werden. Man darf auch wohl annehmen, daß der komische, ost burleske Charakter, den diese Anregung hat, dazu bei trägt, sie unschädlich zu machen, und daß häufig ein herzliches lautes Lachen die Lust zum Aufstande vertrieb. Die Polemik auf der Gasse hat jetzt eine solche Aus dehnung erreicht, daß es schwer wird, sich darin zurecht zu finden. Man erkennt die Häuser nicht mehr, so sehr sind sie mit Anschlagzetteln bedeckt; man findet Fenster und Thüren nicht, weil die Fahnen sie verbergen und das Volk der „wandelnden Ankündigungen" ist zu einem wahren Heereseinfall geworden. Nichts kann seltsamer sein, als das Schauspiel, was gegenwärtig die Altstadt darbietet. So giebt es Platze, z. B. der Vorhof von Guildhall, wo man eine vollständige Vor lesung über Politik an den Mauern findet. An einer andern Stelle belehrt man die Wähler, daß die Ab stimmung blos Einen Tag dauert und fügt hinzu: „Daß keine Lustreise nach Ramsgate, Margate rc. euch abhalte, zum Abstimmen zu kommen!" Geht man weiter, so finden sich Aufrufe an religiöse Leidenschaften, und es heißt: „Mitbürger, wollt ihr den Candidaten der Katholiken (Lord I. Russell) unterstützen in dieser Stadt, wo eure Vorältern durch Katholiken auf Schei terhaufen verbrannt wurden?" Fernerhin wendet man sich an die Frauen, die bekanntlich sehr thätigen Antheil an den Wahlen nehmen. Ihnen sagt man: „Frauen Englands! unterstützt eure Königin! Wendet euch an eure Männer, Brüder, Geliebte!" Lord I. Russell wird sehr von den Dissidenten unterstützt. Nun findet sich aber in einem Buche, was er früher herausgegeben, daß er sich höchst anmuthig über die Methodisten lustig gemacht. Diese Scherze sind von den Tories überall ausgehangen worden und mehre darunter sind zum Unglücke für Lord John, sehr geistreich. So sagte er: „Die Methodisten vervielfältigen die Wunder mehr als erlaubt ist. Bedarf einer ihrer Prediger eines Mittags essens, einer Hose, einiger Pence Brückengeld, schnell spricht er seine kleine Bitte, und seine Wünsche sind wunderbarerweise erfüllt." Nicht weit davon erblickt man ein großes Tableau mit einem kleinen Mann, auf einer Seite weiß, auf der andern Seite schwarz, mit der Unterschrift: snä Lluclc." Das ist Lord I. Russell, der im I. 1841 zu den Wählern in London sagte: „Ich hoffe durch Ihre einsichtsvolle