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Voigt ländischer A n z e i g er. 12. Stück. Plauen', Sonnabends den 20. März 1830. * Wasserfluthen. Der Eisgang hat einen Theil der Land brücke zu Flöha cingestürzt und auch die über die Mulde bei Bockwa zerstört und fortge führt. In Zwickau war der Wasserstand un erhört ausgebrcitet und hoch; man mußte in der Stadt auf Kähnen fahren, und da sich die Eismaffcn ganz nahe aufgcthürmt hatten, so mußte man befürchten, derFlizß möchte sich ein anderes Bette aufsuchen, welches je doch zum Glücke nicht geschah. — Auch die Brücke zuMcißcn hat durch den Eisgang sehr gelitten und in den Straßen liegen noch eine Menge großer Eisschollen. Ebenso war der größte Theil von Pirna unter Wasser gesetzt und der Elbstrom führte unaufhörlich Bau- stämme und Trümmer von Häusern, Schiff- mühlcn und Elbkähnen re. — Die Brücke bciWittenberg hat 2Joche verloren, auch hat die bei Torgau bedeutend gelitten. — Die Ueberschwemmung bei Wien hat diesmal Punkte erreicht, die noch nie dadurch gelitten hatten und in ihrer Sicherachtung desto grös sern Schaden litten. Mehrere hundert Men schen sind dabei umgekommea. Der Verlust im Ganzen ist überaus groß, aber groß auch die liebreiche Hülfe von allen Ständen durch Subskripzionen für die Beschädigten. S. M. der Kaiser hat 40000 und I. M. die Kaiserin L2000 Gulden K. M. beigetragen. — Größer fast soll das Unglück in den Ortschaften des großen Marchfeldes seyn, wo auch viele Men schen und fast alles Vieh den Tod fand.—Auch Bremen und seine Umgegend weit und breit hat durch Überschwemmungen sehr gelitten, da besonders einige Deiche (Dämme der We ser) durchbrochen worden sind. — Bei der letzten Wasscrsnoth in Dresden gab es auch manches spaßige Schauspiel. So nahmen sich z. B. selbst die Leichenzüge durch die ganz überschwemmte Ziegelgaffe dadurch höchst son derbar aus, daß die Trager auf den Leichen wagen standen, ja auf deli Särgen ritten, die Begleiter in den nachfolgenden Kutschen die Beine hoch heraufzogrn, auch die geleerten Leichenwagen als willkommene Retourgele- genheiten von mancherlei Volk benutzt wur den, da cs dann beim Entladen einer solchen schwarzen Stachelbeere an Scherzen nicht fehlte. Das Lustigste aber bot ein wohlbe leibter Fleischer, der auf einem Kahn nach sei ner Heimath zurückkommen wollte, wo aber das Wasser in der Hausflur so hoch stamd, daß er weder eingehen, noch einschiffen konnte. Eine Leiter erkletternd, wollte er den Wcy durchs Fenster suchen, fand cs aber zu klcin und mußte nun, da dcr Kahn fort war und so bald nicht wieder kam, dem schaulustigen Publikum auf seinem hohen Standpunkte wol eine halbe Stunde lang das Bild eines Man nes zeigen, der nach dem häuslichen Heerde sich sehnt und ihn nicht erreichen kann. Naturmerkwürdigkelten. Jn Boulogne kamen am 2.Feb. eine solche Menge Fische an die Küste, daß die ältesten Fischer sich nicht dergleichen erinnern können. Besonders fing man sehr viel Heringe, waS in dieser Jahreszeit ganz ungewöhnlich ist. Am 2». Februar herrschte in einem Theile Sachsens ein gewaltiger Sturm, der unter an