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Voigtländifcher Anzeiger. 8. Stück« Plauen, Sonnabends den 20. Februar 1830. Vaterländisches. DieUniversitätLcipzig hat eine verbesserte Einrichtung bekommen. Die noch aus der Verfaffungsurkunde -von 1409 hcrstammcnde Einthcilung der Professoren nach vier Na- zionen ist aufgehoben und dafür ist der je desmalige Rector und die vier Fakultäten als der Mittelpunkt der Verfassung anzusehen. Die Professoren alter und neuer Stiftung sind sich in ihren Rechten und Obliegenheiten einander völlig gleich gestellt, und aus ihnen beiden ist künftig der Rector, dessen Amts führung auch nicht mehr 4, sondern ein gan zes Jahr dauert, zu wählen und zwar nach der Reihe der 4 Fakultäten. An die Stelle des bisherigen Loncilii nsUonslis mgßnl wird zu Berathung und Entscheidung für die allgemeinen akadem. Angelegenheiten ein, un ter dem Vorsitz des Rectors aus sämmtlichen ordentlichen Professoren aller 4 Fakultäten zu bildender akademischer Senat eintrc- ten; auch ist zur Leitung aller ökonom. An gelegenheiten an die Stelle des Lollegü cleca- nsUs und des für aufgelöst erklärten LoUeg. Secemvirstis einVerwaltung saus schuß aus den Dekanen der 4 Fakultäten und aus 4 ordentl. Prof, unter Vorsitz des Rectors zu errichten. Ucbrigens soll dem Rector für die Zeit seiner Amtsführung der Rang in der Hof ordnung nach dem Domdechantcn zu Meißen und vor dem Direktor des Konsistoriums zu Leipzig, den ordentl. Professoren aber nach den Beisitzern des kath. geistl. Kon sistoriums in Dresden, und vor den Re- gierungsreferendarien zukommem S. M. der König hat an die, durch den strengen Winter so sehr leidenden Armen 500 Thaler austheilen lassen, sc wie auch die übri gen Mitglieder des königl. Hauses sich virlfach wohlthätig erwiesen haben. Selbst ein Aus länder, der franz. Gesandte v. Caraman, hat eine bedeutende Menge Holz unter mehr als 60 Arme vertheilen lassen und will noch eine milde Gabe an Brod undKartoffcln Nach folgen lassen. Daß das edle Publikum Dres dens, in ganzen Vereinen und einzeln, viel Gutes gethan habe, läßt sich denken. Ein rührendes Eteigniß von Armuth und Edel sinn darf hier nicht unerwähnt bleiben: Ein armer Mann nämlich, welcher im Vertrauen auf seine noch rüstige Arbcitsthätigkcit die dargebotene Unterstützung ausgeschlagen hat te, wurde Anfangs Februar auf einem Boden erfroren gefunden. Ungezogen aber führte sich eine Wärm flasche auf, die man auf einen warmen Ofen gestellt hatte; denn sie zerplatzte, zer schmetterte den Ofen und die Fensterscheiben, doch ohne sonstigen Schaden anzurichten. (Also zur Warnung!) Die Frau eines Schuhmachers in Dresden, der durch die Sucht, sich Hervorzuthun, von Wohlhabenheit bis zur äußersten Armuth her- abgesunken war, wurde kürzlich als Wöch nerin sammt ihrem Säuglinge in einem Schranke, mit halbfaulem Stroh bedeckt, er- frorcwHtfunden. Man schickte dem Manne sofort Holz und Nahrung (verdient?), und seine zwei Kinder, wovon der Knabe auch schon durch die Kälte schrecklich gelittenem, wurden in milden Stiftungen untergcbracht. Na-