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Voigtlandi scher Anzeiger 2. Stück. " Plauen, Sonnabends den 9. Januar 1830. Schönste Huldigung für Thaer.' Der Staatsrath Thaer, der sich durch Schriften und Beispiel so hoch um die Ver besserung des tcutschcn Landbaucs verdient gemacht, hat zwar von vielen Seiten her dankbare und rührende Anerkennung seiner Verdienste oft erhalten, aber wohler kann ihm nicht leicht eine Huldigung gethan haben, als die in einem Briefe eines schlichten Bauersmanns, Paul Adlers in Ober-Steier mark. Dieser schrieb ihm nämlich schon am 20- Mai 1816: daß, nachdem er bei seiner Landwirthschaft nach und nach in große Schuldenlast und Haus und Hof zu verlieren in Gefahr gerathen wäre, er durch die Lesung und verständige Anwendung der guten Lehren in dessen, ihm glücklicherweise bekannt ge- wordcncn Schriften sich in kurzer Zeit der maßen wieder aufgeholfen hätte, daß er nicht nur alle Schulden bezahlen u. seinem Sohne zu einem dreimal größeren Gute, als das scinige, habe verhelfen können, sondern auch mit den Seinigen ziemlich gut leben und selbst Noth dürftigen etwas vorstrecken könne. Er schließt seinen treuherzigen Brief also: „Ich lebe mit den Meinigen durch Sic recht glück lich; also von mir, meiner Gattin und Kin dern unsern ehrerbietigsten Handkuß und Dank, welcher kein schmeichelhafter Tondank Ist; nein, er kommt aus reinem tcutschcn rin- fachen Bayerherzen. Ja, Thaer.' nehmen Sic diesen gnädig an; ich weihe diesem gern eine Thränc, und stellen sie sich im Geiste in die Wohnstube in einer oberstcicrschcn Baucr- hütte, wo Ihr Bild ausgestellt ist. Vor Ihrem Bilde schreibe ich diesen Brief; meine Gattin mit 9 Kindern, alle gesund, stehen um mich, alle falten die Hände; die großen sagen und die kleinen lallen, mit gegen den Himmel erhobenen Augen: Gott! ewiges Wesen, wir bitten dich, gib unserm bcßten Brodvatcr-, welcher unsern Vater geleitet und uns aus Schande und Armuth geholfen, langes, gesundes, vergnügtes, zufriedenes Leben, damit er noch mchrern Manschen nützen könne, und nach diesem Leben, jenseit des Grabes, eine erwünschte fröhliche Ewig keit! Und ich sagte mit einer Thräne im Auge — Amen!" Er sagt in seinem Briefe unter anderm auch noch folgendes: „Nur kurz muß ich Ihnen melden, daß in unserm obcr- stcierschcn Gebirgskunde niemand von Land- wirthschaftsbüchern weiß, ja die Bauern in unserer Gegend wissen nicht, daß solche Bücher sind; und wenn ich zu ihnen sage: „Leset landwirthschaftliche Bücher! Da lernet ihr, wie das Vieh, die Wiese, der Acker, der Dung zu behandeln, wie die Fruchtfolge ein- zuführen ist" — so geben sie mir zur Ant wort: „Was weiß der Buchbinder, wie ich pflügen muß." Aus diesem können sie schließen, daß es in unserem Gebirgslande noch finstere Nacht ist." (In andern zum Theil auch noch; doch scheint das Licht durch brechen zu wollen, und das Vorurthcil gegen das Lesen schwächer zu werden. Mögen sich die Verständigen nicht durch das Geschwätz Anderer irre machen lassen. Was ist denn, das Lesen anders als das An hören einer stillen Rede? Nimmst du aber von Ein sichtsvollen und Erfahrenen gern gute Lehren münd-