Volltext Seite (XML)
Sisch. lägl. Morg 7Uhr Inserate nerden bl« Abends ü, Tonnt, bi« Mittag- 12 Uhr angenom« wen in der Expedinon: Marienstraße IS. «ldvnnement vtertetjibel. rv Rgr bei unentzeldlicher Lieferung in'< Hau« Dur» di« K. Post viertel- fiihrlt» 22 Rgr- kinzein« Num mern 1 Rgr. und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. ?- Anzeigen i dies. Blatte, da« zur ZeU in 6000 Sxempl M«. SNA. Montag, den 20. October 1862. «rsckeint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. Dresden, den 20. Oktober — Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 18. Der Gerichtssaal ist oben und unten gefüllt — aber auch die Anklagebank — drei Angeklagte sitzen vor uns, es sind Bluts verwandte, die des Diebstahls, resp. der Partirerei beschuldigt sind. Vor dcn Richtern liegen eine Menge Haarzöpfe, deren frühere weibliche Inhaber vielleicht bereits längst den ewigen Schlaf im stillen Grabe schlafen. Es sind deutsche Zöpfe, von denen ein Zuhörer heut sagt: „Die könnten mir auch gestohlen werden! ' Die Personalien sind folgende: Der Hauptangeklagte Alexander Reinhold Lorenz ist Friseurgehülfe, aus Görlitz ge bürtig, 25 Jahr, noch nie bestraft, Stiefsohn des Mitangeklagten Struelenz, Cousin des zweiten Mitangeklagten Springer. Hinter ihm sitzt der hiesige Friseur Alexander Leopold Springer, 27 Jahr alt, noch nie bestraft, in Dresden als Bürger etablirt Neben diesem erblicken wir Maximilian Napoleon Struelenz ebenfalls noch nis in Untersuchung gewesen, 51 Jahr alt, in Dresden als Friseur ansässig. Der Hauptangeklagte Lorenz, dessen Aeußeres Wohl auf seine Beschäftigung schließen läßt, war vor Kurzem noch als Gehilfe bei dem hiesigen Friseur Möller engagirt. Im Laden fanden sich außer andern Verkaufs artikeln 13 lange Zöpfe vor, die in einer Pappschachtel lagen. Im August d. I. vermißte Möller 10 Zöpfe und der Verdacht fiel auf Lorenz. Es stellte sich nun durch die polizeiliche Recherche, die der Polizeicorporal Fischer vornahm, heraus, daß Lorenz sechs Zöpfe seinem Verwandten Springer verkauft, vier Zöpfe aber seinem Stiefvater geschenkt habe Die Anklage sagt, beide Milbeschuldigten hätten Kenntniß von dem unrecht mäßigen Erwerb gehabt Lorenz gesteht heute zu, sechs Stück entwendet zu haben, während er in der Voruntersuchung an- giebt, es wären 10 gewesen. Er behauptet, im Ganzen 5 Thlr. gelöst zu haben; indeß, gefragt vom Herrn Vorsitzenden, warum er früher andere Angaben gemacht, äußert er: „das Protokoll, was mir auf der Polizei abgenommen worden ist, ist unwahr; die haben mich da oben nicht als Menschen behandelt, sondern nur schlechte Witze mit mir gemacht!" Die beiden Mitange klagten sind der Partner ei beschuldigt und gestehen allerdings zu, daß sie in gutem Glauben die Zöpfe von ihren Verwandten theils verkauft, theils zur Aufbewahrung erhalten haben. Zwei Zeugen sind erschienen, der Verletzte, Friseur Möller, und der Polizeicorporal Fischer. Der anwesende Sachverständige taxirt die entwendete Waare auf nur 23 Thlr., während im Anfänge der Verhandlung, wenn ich nicht ganz irre, die Anklageakte die selbe auf 100 Thlr gewürdert hat. Herr Staatsanwalt Heinze b-antragt für alle Drei die Bestrafung. Herr Advocat Robert Fränzel geht mit starken Worten und feuriger Rede. auf das Schicksal der „deutschen Zöpfe," wie er sie nennt, näher ein und beantragt für seinen Schützling Springer Freisprechung , oder wenn er sich in seinen Hoffnungen täuschen sollte, wenigstens die größte richterliche Milde. Der Vertheidiger des Struelenz, Herr Advocat Kretschmar, hatZin fruchtbares, günstiges Feld! und benützt es auch geschickt, um ebenfalls von den . Richtern das „Frei!" für seinen Clienten verlangen zu können, der Zöpfe nicht geschenkt, sondern nur zur Aufbewahrung er, halten haben will Nachdem die Staatsanwaltschaft mit der Vertheidigung noch einige Punkte debattirend erörtert, wurden dem 71jährigen Friseur Möller die vorliegenden Zöpfe zurück, gegeben Lorenz erhielt 1 Jahr Arbeitshaus, Springer 5 Monat Gcfängniß und Napoleon Struelenz wurde wegen Mangel an vollständigem Beweise klagfrei, beziehendlich straffrei gesprochen. — In den vier Monaten Juni, Juli, August und Sep tember d I. sind aus hiesiger Armenkasse 7466 Thlr. (5717 Thlr. wöchentliche Almosen und Erziehungsbeihilfen an >007 Personen, >430 Thlr. außerordentliche Unterstützungen an 792 Personen und 3:8 Thlr. Legaten- und Stiftungszinsen) ver ausgabt worden. Hiernächst gelangten aus Stiftungen 3554 Brode an 203 Personen, aus der Hofrath v. Wagner'schen Stiftung 2tz2 Portionen Essen nebst Waldschlößchenbier, sowie auS Anlaß der Feier des Constitutionsfestes circa 3000 Por tionen Essen zur Vertheilung. Ferner wurden 644 Personen mit ärztlicher Behandlung und Medikamenten, sowie 81 Per sonen mit freier Beerdigung versehen; 104 Personen erhielten verschiedene Bekleidungsgeg«nstände< Am Schluffe des Monats September befanden sich auf Kosten „der Hiesigen Commun 79 Personen in den Landesanstalten untzrxgebracht, auch wurden zu gleicher Zeit auf communliche Kosten 208 Kinder (50 im Waisenhause, 112 in den Kindercolonieen, 37 im Findelhause rc.) erzogen Im städtischen Versorghause befanden sich 170, im Asyl für Sieche 58 und in der Arbeitsanstalt 113 Perso nen, so daß sonach 341 Personen verpflegt bez detinirt wa ren. (Dr. I.) — Sämmtliche Vertreter der Zweigvereine der Schiller stiftung haben sich in der in Weimar getagten Generalversamm- lung mit der lebenslänglichen Anstellung des Herrn l)r. Gutz kow als Generalsecretair einverstanden erklärt Ebenso ist der Anschluß sämmtlicher Zweigstiftungen an den Hauptverein zu Weimar gesichert, und hat sich hierfür ganz besonders die Dresdner Deputation, bestehend aus den Herren »r. Georgi (Direktor der Blinden-Anstalt) und Advocat l)r. Judeich, ver dient gemacht — Unser Omnibuswesen wird in nächster Zeit in ein neues Stadium treten, indem sich ein Verein von acht be mittelten und geachteten Bürgern gebildet hat, um das Unter nehmen unter einer Verwaltung gedeihlich fortzuführen und durch geregelte > geschickte und coulante Leitung zu der jenigen Rentabilität zu bringen, dessen Keim unbedingt in ihm liegt. Selbstverständlich wird diese neue Leitung nichts ver säumen, um jeder billigen Anforderung des Publikums Rechnung zu tragen. Von Anfang Mai bis Ende September sind laut Nachweis auf den jetzt bestehenden Linien oa. 200,000 Menschen gefahren worden. Ein immerhin günstig zu nennendes Resultat. — Zu einem hiesigen Pfandleiher kam vorgestern ein Mann mit dem Anliegen, er wolle 25 Thlr. geborgt haben und dagegen ein Pfand einsetzen, dqs. ihm weit über 80 Thlr.