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11. Jahrgang. HL 22» Abeno-Ausgave Mittwoch, 11. Mai 1927 Gegründek 18SS vrakianllbritt! Nachricht»« Vreobo« Eenitvrecker - Sammelnummer - 2S 241 Nur »ür NachtaewrSch«: 20011 ^lornnL-ksXoliiiftr »»'" >>>» ». Mat be, täglich iwetmaltaer ^iustellun, irr» Hau» l.SV MK. «)"AUgs*iDLOUl)l Poftbeviasvret» iür Monai Mai i Mark okne voltzuttellungsgebübr. ikt«»«lnumm»r t« <v»,«nia Dt« An,eigen werden nach Goldmark berechne! die einwalNae » mm dretl« 4ln,oi«,on-Kftnaika- ««"» ^ Via., wr auswärts «0 Pta. j?an,ilienan,eigen und Stellengeiuche okne «l"g"igLN-4"LIIL. ,z aukerbalb 2 Pta., die «> mm breite -Keklameieilc M Vtä.. aunerbalb ÄliPsg. vktertenaebiikr NPta. Ausw. Aulträge qeaen Borau»d«»aklg. Nachdruck nur mit deutlicher Quellenanaade Dreedner Nachr »ulälfla. Unverlangt? LchriltktÄckr werden nicht autbewabrt Schriitleltuna und -auvtgetchLltsllelle: Mart««ktrai>» ^42 Druch u. Derlaa von Vtevtcy ch N«t«dard> in Dresden Potttcheck-Konto >0S8 Dresden Pariser BerWeppungsmanöver. Keine „eilige" Entscheidung. — Die Kontrolle der Ostwerke im Vordergründe. Verhan-lungen über ein grobes -euisch-englisches Chemie-KarleH. — Amerikanische Skaribereiischast zum Europa-Flug. Die Pariser Presse zu Aieihs neuem Vorstoß. »Durch Funkspruch.) Paris. 11. Mat. lieber die Unterredung, die gestern Bot. schaftsrat Dr. Rietl, mit dem französischen Minister des Acußeren Brian- batte, verbreiten die Morgcnblätter säst gleichlautende Nachrichten. So schreibt „M a t i n". Briand babe sicher Tr. Nietl, darauf hingewiesen. dast bet der Ent scheidung über die dringlichen Anregungen der Wilhelmstrahe nicht nur Frankreich, sondern auch London und Brüssel mitzusprechcn batten, und man wisse dast das Foreign Office in diesem Punkte mit Vorsicht bandeln wolle. Wen» Deutsche land seine letzten Entwassnungsverpslicht«»gc« rückhaltlos erfülle, dann sei nicht zu bczweiseln. -ast in einer mehr oder minder nahen Zukunst die alliierten Mächte den Antrag Stresemanns in Erwägung ziehe« würden, ader kür de« Augen-'" könne von einer einigen Entscheiduna nicht die Rede sein. Man wisse übrigens noch nicht, wie die alliierten Sach verständigen nach dem 16. Juni die Zerstörung der befestigten Werke an der deutschen Ost grenze fcststcllen würden. Die radikale „Bolont 6" glaubt zu wissen, die Wilhelm, straste babe keine genaue Zahl für die Herabsetzung der Be- satznngSstreitkräfte angegeben, babe aber zum Ausdruck ge- bracht, dast ein französisches Entgegenkommen in dieser Richtung in Deutschland die Locarno-Politik stärken würbe. Der Ouai d'Orsay sei grundsätzlich nicht gegen den deutschen Antrag, ader er wünsch«, noch de« Generalftab z« höre«. Berlin müsse daher Geduld haben. Seine Geduld werde aber nicht aus eine allzulange Probe gestellt werden. Im,.Echo de PariS" gibt Perttnax der Meinung Aus druck. dast die gestrige Unterredung auf Veranlassung deö Ouai d Orkan erfolgt sei, um mit dem deutschen Vertreter die Argge der Ostbefestigiinaen zu erörtern. Bis letzt sei eS weder Briand noch seinen Beratern gelungen, die Frage zu lösen, welches Verfahren man anwenden wolle, um festzustellen, ob die Deutschen daS Februar-Abkommen erfüllt haben. Die Politik von Locarno zeige sich als eine ununterbrochene Folge deutscher Forderungen. Unterbreche Frankreich entschlossen diese Folge, so könne die Politik von Locarno und Genf alö gescheiter» gelten. Znm Schluß setzt sich Pertinax sür die «eitere «esetznng der Koblenzer und Mainzer Zone ein. DaS „Journal" schreibt. Deutschland sei zwar im Locarno-Abkommen eine Verminderung der BesatzungS- trnppen versprochen worden, aber dieser Plan könne erst durch- gefuhrt werde», wenn Frankreich alle Garantien für seine Sicherheit besitze. Mehr Derkkündnls in Paris? Berlin, 1l. Mat. Nach einer Darstellung von französischer Seite, hat sich die Unterredung des deutschen Geschäfts trägers in Paris, Dr. Rieth, mit Briand auch aus die Lage im besetzten Gebiet bezogen. Es wird daraus geschlossen, das« gewisse französische Kreise jetzt mehr Ver ständnis in der Näiimungdfragc zeigten. Der Abgeordnete Gautier, der Mitglied der auswärtigen Kammer- kominission ist, kommt im „Homme Libre" in einer Be trachtung des Standes der deutsch-französischen Beziehungen zu dem Schlust, das, eine vorzeitige Nünmung des Rhcin- lanüeö zu den logischen Schlußfolgerungen des Locarno- Vertrages gehört. Jede unnötige HInausziehnng des NäumungstcrminS könne eine unerquickliche Auseinander» setznng und eine tendenziöse Auslegung der Bestimmungen des Bcrsaillcr Vertrags zur Folge haben. Wenn sich Briand grvste Zurückhaltung auserlcgtc, so wird das darauf zurück- geführt, dast damals von seiten deö französischen General- stabcö noch immer starke Widerstände gegen die Räumung des Rheinlandes geltend gemacht wurden. Nach einer anderweiten Meldung soll Briand in der Besprechung mit Rieth daranf gedrungen haben, bah mit den Restfragen der dentschen Abrüstung endlich Schluß gemacht werde. Vorher könne von einer Weiterentwicklung der deutsch-französischen Beziehungen, wie sie Deutschland wünsche, nicht die Rede sein. Voincare droht dem Parlament. Berlin, 10. Mai- „Petit Parisien" veröffentlicht an gesichts der heutigen Wiedereröffnung bcr französischen .Kammer einen augenscheinlich offiziell inspirierten Artikel über die Haltung Poincarös gegenüber dem Parlament. Das Blatt versichert, Saft, wenn Poincare wirklich gestürzt würde, er sich weigern wird, ein neues Kabi nett. ob nach rechts oder nach links, zu bilden. Er würde auch nicht mit seinem alten Kabinett wieder vor dem Parlament erscheinen, sondern sich endgültig zurückziehen. l?) Rüumuna von Neuenkirchen am 10. Juni Saarbrücken, 11. Mai. Der Abzug der französischen Truppen aus Neuenkirchen Ist ans den 10. Juni festgesetzt worden. lTU.) St. Zoachtmslhal. Kleine Entente oder Balkanbnud? <Lon unserem Balkan-ttorresponde »ten.) . Belgrad, 4. Mai. St. JoachimSthal in Deutschböhmen, nächst der bayrischen und sächsischen Grenze gelegen, wird in wenigen Tagen die Auhenmtntster der Tschecho-Slowaket, Ingo- slawiens und Rumäniens versammelt sehen. Ter Ort ist als Stätte der Silbersundc und Stlbcrprägung wohl- bekannt! von ihm leitet sich der „Thaler" und der „Dollar" her. Jetzt sollen hier politische Münzen geprägt werden, besser gesagt, eine verblichene Münze neu ausgestanzt «erden: Man spricht von einer Renaissance der Kleinen En. tente. Sie soll wieder erstehen, nachdem sie jahrelang in Agonie gelegen hatte. War die Kleine Entente ursprünglich abgeschlossen worden, um eine Wiederkehr der Habsburger un möglich zu machen, um einen Revanchekrieg Ungarns zu ver. hindern und um die antideutsche Front der groben Entente zu verstärken, so war mit dem allmählichen Wegfall dieser Ziele auch die Kleine Entente selbst vom Praktisch-Politischen mehr ins Gefühlsmäßige hinübergeglitten. Ihre Verbindung mit der «rosten Entente war gestört, als Deutschland sich außenpolitisch neu orientierte und jener Block Frankreich. Deutschland-Rußland sichtbar wurde, dem der engst« Zu. sammenschlutz zwischen England und Italien gegenübertrat. Dazu kam noch die offensichtliche Unterstützung Ungarns durch Italien,- schon vor dem Aufkommen des Faschismus wurde Ungarn stets nur mit Handschuhen angefatzt, jedenfalls Oester, reich unbedingt vorgezogen. Diese Sympathien verstärkten sich, als ein erster Versuch, den noch Giolitti unternahm, Italien die führende Rolle an der Donau durch Eintritt tu die Kleine Entente zu verschaffen, scheiterte und dadurch die Kleine Entente definitiv für die italienische öffentliche Mei. nung zum prinzipiellen Gegner der italienischen Expansions- Möglichkeiten im Nordosten wurde. Die Gefahr einer Donau» konföderatton wurde als das größte Nobel betrachtet, das Italien widerfahren konnte, weil damit das, was man als die wichtigste Frucht des italienischen Steges im Weltkrieg betrachtete, dle Zersprengung der Donaumonarchie, durch eine Neubildung bedroht schien, die noch dazu den Nachteil hatte, diesmal von Paris aus kontrolliert zu werben. Man erkannte alsbald, -aß in Budapest unter Umständen der Hebel angesetzl werden könnte: man brauchte Ungarn als Sprengpunkt, und zwar nach zwei Richtungen hin: gegen die Kleine Entente und gegen den franzö. fischen Einfluß. 1924 versuchte Italien mit Jugoslawien jene societas leonin» etnzugehen, die unter dem Namen Nettunovertrag be kannt ist, bis heute aber Projekt geblieben ist. Der Vertrag bedeutete die Kolonisation Dalmatiens durch italienische Ein wanderung. Das mißtrauisch und zurückhaltend gewordene Jugoslawien wurde nun politisch eingekreist: der Tirana- Vertrag sicherte für Italien den faktischen Besitz Albaniens, der vor zwei Monaten erfolgte Abschluß eines Freundschafts vertrages mit Rumänien, in dem Italien Rumänien den Be sitz Bessarabiens garantiert, schmiedete Rumänien in jenen Ring ein, der Jugoslawien mit Bulgarien, Albanien und Un garn umschloß: di« zwischen Belgrad und Bukarest bestehen- den dynastischen Bande, wie auch die seit 1921 bestehende Milt, tärkonvention, verblaßten. Nun holte Jugoslawien zum diplomatischen Gegenzug aus, um nicht gezwungen zu sein, eine Linde rung des Tirana-Vertrages mit einer Ratifikation des Ver trages von Nettuno zu erkaufen. Die Kleine Entente neu zu beleben, bot vorläufig wenig Aussicht. Rumänien war so gut wie adgesallen: aber auch die Tsch-echo-Sloivakei hatte sich an- dere Auffassungen Mer die Weltpolitik zurechtgelegt. Hier behagte es dem Dr. B-cnesch nicht, im Kielwasser der Groß mächte zu schwimmen, er wehrte sich gegen eine Bevor- inundung der kleinen Staaten in Mittel- und Osteuropa und förderte deren Zusammenschluß. Jugoslawien dachte dabei zu- nächst an einen Balkanbund, an ein „Balkan-Locarno", dem sogar von der Türkei stark das Wort geredet wurde. Dle Bemühungen bcS türkischen Außenministers Nuschdi-Bet, ein Balkan-Locarno oder sogar einen Balkanbnud znstand« zv. bringen, nahmen eine Zcitlang ziemlich konkrete Formen an. Zunächst sollte eine Verständigung der Türkei mit Jugo slawien erzielt werden, später aber auch Bulgarien und Griechenland einbezogen werden. Jugoslawien hätte den Plänen des türkischen Außenministers gerne Gehör gegeben, weil es auf diesem Wege den italienischen Ring durchbrechen zu können hoffte. Die inncrpolittschen Krisen Jugoslawien- Häven die Verhandlungen letztchtn wieder ins Stocken gebracht, weshalb König Alexander ihre Leitung selbst in die Hand nahm. Ader dies«, bis Ende April in Belgrad stark be- triebcnen Verhandlungen sind wenig vorwärtsgckommen und stseßen namentlich in Sofia und Athen auf Ab. lehyung. Auö dieser Lage ergab sich ein neues Projekt. daS zrnn Telle den Ideen des Dr. Bcncsch näherltegt: Es ist die Donaukonföderatton mit Ungarn und ohne Oesterreich. In Rumänien war man über den Abschluß des FreundschastSvertrages zwischen Italien und Nnaarn ziemlich verstimmt, ließ sogar durch Außenminister Dr. Mtth> Der Welllaus um öen erslen Ozean-Flug. Die Amerikaner slarlen am Sonnabend. Trotz einer Warnung deS amerikanische« Botschafters in Paris. Washington, 11. Mal. Wie die „Associated Preß" meldet, gibt baS Staatsdepartement bekannt, Botschafter Herrtck habe auS Paris gekabelt, solange über baS Schicksal Run ge s s e r S und Colts Ungewißheit herrsche, könne jeder Der- such eines UebersceflugeS der amerikanischen Flieger falsch »erstanden nnb ausgelegt werden. IW.T.B.i Sogleich nach Bekanntgabe deS Telegramms deS Pariser Botschafters berieten sich die Flieger Berta nb und Chamberlain mit dem Präsidenten der Columbia Air- craft Corporation und erklärten darauf, daß man ihrerseits den Flug nicht unternommen hätte, wenn die Franzosen in Amerika glücklich gelandet wären- Da dies aber nicht der Fall sei handele es sich jetzt um eine Herausforderung an alle Flieger, den Ozean als erste zu überfliegen. Ein StimmnngSumschwuna zuungunsten der Amerikaner sei daher völlig unbegründet und werde sich schnell wieder legen. Der Start werde am Sonnabend crsolgen. «nb man hosse. daß bis dahin die Franzosen sich in Sicherheit befänden. Vergebliche Suche nach Aungesser. Ottawa. 11. Mai. Das Marincdepartement gibt Ve» kann», daß Anfragen bei den drahtlose« Stationen «nd de« Lenchttttrmen entlang der Küste keinerlei Spur von den sranzösischcn Atlaniikslicgcrn ergeben haben. DaS Wetter an der nenschottländlsche« Küste ist jetzt gni «nd die Sicht ansgczcichnet. Der Amerikaflug vor -er Kammer. «Durch Funkspruch.) Paris, ly. Mai. In der heutigen Kammersitzung wurde die Jnterpeüatto« des Generals Girod über die falschen Nach richten zum Fluge Nnngesser—Colt auf Vorschlag deS Handelsmiiiisters bis zum Abschluß der eingeleitcten Unter suchung vertagt. — Handelsminister BokanomSki gab eine Er- klärung ab, in der er betonte, daß von offizieller Stelle keine Nachricht über die Landung -er Flieger ausgegangen sei, bah auch bas «diversen von Leuchtkugeln, di, die Ankunft an- künblgen sollten, von einem Privatflugzeuge vorgenommcn worden sei, daS vom Handelsministerium aus telegraphisch über die Ankunft verständigt worden sein wollte. Dies käme ieboch nicht in Frage, vielmehr müßte eine unbekannte Per- sönlichkett, die in gutem Glauben gehandelt habe, ihre Hand Im Spiele gehabt haben. — Kriegsminister Painlevs mußte zugeben, daß er, was ein Teil der Abendpresse bereits ge meldet hatte, vorzeitig ein Glückwunschtelegramm nach Neuyork abgesandt hatte, und zwar auf Grund einer nicht kontrollierten Nachricht, die die bevorstehende Ankunft der Flieger in Neuyork meldete. tW. T. B.) Auch die Südamerlka-AUeger verschollen. Paris, 11. Mai. Nach einer im „Journal" veröffentlich ten Meldung aus Rio de Janeiro sind die Nachforschungen nach den französischen Fliegern St. Roman und Mounayere, die den Flug nach Südamerika versucht hatten, bis jetzt crgebnislvs verlausen. Steigendes Kochwafser in Kanada. London, 11. Mat. Nach 24stü»bigem Regen und Schnee fällen hat die Provinz Manitoba in Kanada unter ähn- ltchen Verhältnissen zu leiden, wie die Provinzen Alberta und Saskatchcvan. Die Ucberschwemmungsgefahr im Tale des Assintboinc ist außerordentlich groß. Die Bauern arbeiten fieberhaft am Bau neuer Deiche, um die Ueber- flutung von Tausenden von Meilen Ackerlandes durch das Wasser zu verhindern. lT.-U.) Saeasa tätzt sieb nicht entwaftnen. Neuyork. 10. Mat. Die Regierung hat weitere 890 Mann amerikanische Marinetruppen nach Nikaragua beordert, da man Zusammenstöße mit den Liberalen bet der Entwaffnung sür möglich hält. Trotz der letzten Nachrichten sprach sich Saeasa gegen die Entwaffnung seiner Truppen auS. lT. U.j Renyork, 11. Mai. Dt« „Associated Preß" meldet aus Managua, Konteradmiral Lattmer verbreite durch Flug- zeuge eine Proklamation, In der beide Parteien zur Waffen. Übergabe aufgcsordcrt werden. Falls keine gütliche Ucber» gäbe erfolge, würde eine gewaltsame Entwaffnung dnrchge» sithrt »erden. sW.T.B.) Der neue iapanifche Archenmlnlsler. vetonnng der Beziehungen z« den vereinigten Staate». »Durch Funkspruch.) Renyork» 11. Mai. „Associated Preß" hört aus Tokio, baß der iavanifche Botschafter in Washington, Matfudatra, zum Minister des Ae u Heren ernannt werden würde, da die Beziehungen Japans zu Amerika die Grundlage der japanischen Politik für die nächste Zeit bilden werde. Der ftcühere Geschäftsträger in Berlin, Dcbuchi. solle Matsudairaö Nachfolger in Washington werden. <W. T. v.)