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Dresdner Nachrichten : 24.10.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-10-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189910244
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18991024
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18991024
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-10
- Tag 1899-10-24
-
Monat
1899-10
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 24.10.1899
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I Sette 504. Belletristische Beilage zu den ..Dresdner Nachrichten ". die AvcrrterrrVekl. Merkspruch: Schlägt die Zeit Dir manche Wunde. Manche Freude bringt ihr Laus; Aber eine sel'gc Stunde Wiegt ein Jahr voll Schmerzen auf. E s-lbrl. Material zu bergen hat: Bucheckern. ' be' ' ' Eicheln. Tannenzapfen, Lärchenäpfelchen Aestchen, die Prüfend nach der gedeckten Tafel hinüber, die man durch die geöffnete Thur im Nebenzimmer erblickt. Blendend weiß leuchtet das Lcincngeoeck, freundlich grüßen die Blumen vom Aufsatz herüber. „Ob auch nichts fehlt?" scheinen Die Augen der sorgenden Wirtin» zu fragen. Eine Dame, die sie beobachtet, wendet sich jetzt an ihre Nachbarin und bemerkt spöttisch: „Unserer guten Frau Amtsrichter scheint's heute schwül zu Muthe zu sein. Sehen Sie nur. liebe Frau Doktor, wie ängstlich sie nach der Tafel schielt! Und auf den Wangen liegt auch noch der Wiederschein vom Hcrdfeuer, wie unfein! Hätte sie wenigstens Puder übergestrcut!" „Nun, sie wird soeben noch in der Küche nach dem Rechten gesehen haben!" entschuldigte die Angeredete. „An solch' einem Tage konnte sic eine Köchin nehmen." fuhr die Andere fort, „das junge Dienstmädchen, das ungeschickte Ding, ist dazu wenig geeignet: es berührt die Gäste peinlich, wenn sie der Wirthin ansehen, daß sie sich abgehetzt hat!" „Das gebe ich zu. Frau Assessor, aber unserer kleinen Frau merkt man das nicht an. man ist gewohnt, sie immer thätia zu scheu, und findet ihre Sorge um das Gelingen des Festes begreiflich!" Die Assessorin nickt. „Eben darum hätte sie Alles thun müssen, um den Abend so glänzend als möglich zu gestalten. Der Herr Justizminister kommt nicht oft nach dem kleinen Nest, rhr wird nickt so bald wieder die Ehre zu Theil werden, Excellenz zu bcwirthen! Und nickt einmal silberne Gabeln!" „Hätte sie diese borgen sollen?" „Warum nicht? Zu einer solchen Gelegenheit sicher! Doch sehen Sie. sie trägt wahr lich noch das ehemalige Brautkleid; ich glaube, es ist zum dritten Male auf- gefärbt!" „Sie sieht trotzdem niedlich aus!" antwortet die Doktorin ruhig. „Niedlich? Na ja. sie ist zierlich, und das hellblonde Haar macht sich zu dem frischen Teint gut. Aber sehen Sie nur die Hände'" „Die Hände sind wohlgeformt, was wollen Sie?" „Man sieht ihnen zu deutlich an. daß sie Arbeiten verrichten, die unserem Stande nicht zukommen!" eifert die Assessorin. „Meine Liebe. Arbeit schändet nicht! Unsere brave Frau Amtsrichter ist durch sie zur wahren Gehilfin ihres Mannes geworden. Als er durch einen Bankkrach um sein Privatvcrmögen kam, hat sie nicht gejammert, sondern die Köchin und Kinderfrau abgeschafft und muthig mit Hilfe des kleinen Dienst mädchens die Lasten der Hauswirthschaft auf die eigenen Schultern genommen. Die tapfere Fmu hat durch ihr energisches Eingreifen den Mann vor Schulden bewahrt!" „Er bezieht doch ein gutes Gehalt, die Köchin hätte sie wenigstens behalten können!" warf die Assessorin ein. „Das Gehalt ist nicht gering, eS soll aber auch viel davon bestritten werden. Bedenken Sie. vier Kinder! Die Eltern, die gleich dem Amtsrichter um ibr Vermögen kamen, bedürfen der Unterstützung, und diese wird nur durch die thätige. kleine Frau ermög licht!" Die Assessorin zuckte die Achseln. „Das mag ,a sein, aber der Geht leidet durch so prosaische Thätigkeit; sie zieht ihn hinab, macht stumpf!" „Sehen Sie unserer kleinen Frau in die klugen, braunen Augen, unterhalten Sie sich mit ihr. Sie werden die geistige Frische nicht vermissen. Arbeit zieht nicht hinab, sie adelt, wenn der Zweck zu „prosaischer Thätigkeit" ein so edler ist!" „Bravo, meine Gnädige!" Erschrocken fuhren die Damen herum, die sich vor der Portiere, die daS Herrenzimmer vom Empsangssalon trennte, befanden. Der Minister stand vor ihnen! „Ah!" Bestürzt knickte die Assessorin zu einer tiefen Verbeugung zusammen. „Verzeihen Sie, meine Damen, ich war Zeuge Ihrer Unterhaltung. Ich bereue nicht, Ihr Gespräch mit angehört zu haben, ich habe dadurch Einblick in ein edles Frauenherz gewonnen. Muthig und vorurtheilsfrei wie Frau Amtsrichter sollte >edes echte Weib handeln!" Wie vernichtet hielt die Assessorin die Lider gesenkt: als sie sie endlich oufzuschlagen wagte, sah sie, wie der Minister auf die Hausfrau zmchritt, die kleine harte Rechte an die Lippen zog und mit Wärme sagt „Meine gnädige Frau, ich küsse die fleißige Hand!" N. Dol- crenz (Cberlsdi) und wohl auch besonders hübsch gewachsene Aestchen, die als Grundlage zu kleinen Bilderrahmen dienen. So schüttet Mutter Natur uns unzählige kleine Schätze vor die Füße, immer von Neuem zu fleißigem Einhciimen anregend. Und wenn dann, vielleicht allzufrüh, der Nordsturm über die Fluren geht, so beginnt für uns die Zeit, wo wir im traulich stillen Zimmer, voll fröhlicher Vorsorge Weihnachtspläne entwerfend, unsere eingesammeltcn Reichthümer nochmals prüfen und dabei gern der schönen Tage herbstlichen Wandems gedenken! r>jsa Niccrur: Waldfreudc im Zimmer. Mit leichter Mühe und fast kostenlos läßt sich ein Stückchen Waldespracht in's Zimmer, resp. vor's Fenster zaubern, wenn wir nur auf rechtzeitiges Sammeln bedacht sind. Farrenkräuter, Erd beeren, Vergißmeinnicht, Gänseblümchen vertragen jederzeit das Verpflanzen, andere Gattungen wiederum dürfen, um zu gedeihen, nur im Frühjahr oder Herbst umgeietzt werden. Von den verschiedenen in unserer Gegend wachsen den Farnarten kan» man eigentlich nie genug einheinncir. Je nachdem die zierlichen Gewächse mit Licht, Luft und Feuchtigkeit bedacht werden, lassen sich dieselben zum Treiben oder Einziehen anregcn. Ein zeitweiliges Ruhen lassen chrrrch Lichtentziehung) ist besonders nach dem Umsetzen dienlich und führt ein späteres sehr üppiges Entwickeln der Wedel herbei. Vereinzelte Spezies, wie Petersilien-, Farren-, sowie Frauenhaar und einige außerordentlich zarte, am Wasser wachsende Arten, wollen sich gewöhnlich Anfangs gar nicht mit ihrem veränderten Standorte befreunden, ziehen vollständig ein um aber dann, oft erst nach Monaten, doppelt schön zu treiben. Alle Farrenkräutcr. vorwiegend die zarteren, verlangen zu ihrem Gedeihen gute lockere Waldcrde. große Feuchtigkeit, machen aber an Licht und Wärme nur in der Zeit des Treibens Ampruch; die dankbare Pflanze gedeiht aber auch auf wenig günstigem Platz ganz gut und bildet jederzeit einen hübschen Ziiumerschmuck. Lissa Nicciuü. Lierbftbluine n. Bleich und duftlos, einsam blühen Wen'ge Blumcnkinder nur. Zitternd unter rauhen Winden, Dort im Garten, auf der Flur; Bald sind sie dahingestorben Und von Schnee und Eis bedeckt, Die zu neuem, frischem Leben Keine Frühlingssonne weckt. Armes Herz, auch Deine Blüthen, Sie erschlosten sich zu spät. — Herbstcsstürme sie umtosten. Farblos, matt, sind sie verweht. Magst nun still, ergeben tragen Olnie Klage tiesttes Leid Durch den Rest des Erdenlebens In die große Ewigkeit! Adelaide o. Gonberg-Herzog. Herbstwandcrung. Sonnendnrchlenchteter klarer Oktobcrtaa mit deiner bunten, goldig schimmernden Farbenpracht, wie mächtig lockst du die Menschenkinder aus den dumpsen Mauern, dem lärmenden Getriebe der Groß stadt hinaus in die durch die letzten Grüße des Sommers so zauberisch geschmückte Natur! Gerade gegenwärtig bietet das Wandern durch Heide, Wald und Feld nicht allein eine Fülle von Genuß, sondern auch willkommene Gelegenheit zum Einernten von allerlei kleinen Schätzen, denn das verschiedenste Material zu winterlichen Arbeiten, zu zierlichen Weihnachtsgeschenken, läßt sich jetzt da draußen finden. Daher wird bei einem Hcibslausfluae die sammet- freudige Naturfrcnndin sich stets- gern mit Mappe und Tasche zur Unterbringung der in Aussicht stehenden Beute belasten, und nnt Freuden werden auch die lieben Kleinen ihr beim Tragen und Sammeln hilfreich zur Hand gehen. Räthsel-Lcke. Es siebt ein Wort, das aus der Lieb' entsprungen: Dem Gläubigen ist seine Deutung tlar, Es wird genannt von Millionen Zungen. Es macht uns selbst die Hoffnung offenbar. Will Traurigkeit das Menschenherz beschleichen. Wenn ihm die Pflicht die Trennung anferlegt, So sind's allein des gold'nen Wortes Zeichen. Die Trost verleih'», wenn Kummer uns bewegt. D rum sprich es aus, wenn Sturm und Wetter toben, Wenn die Natur in's Sterbekleid gehüllt. Es kehrt die Zeit, wo durch den Ruf von oben Von Neuem dann die Wandlung sich crsüllt. Ja, sprich es aus, wcuu Deine Hand will drücken Des Freundes Hand, um daun von ihm zu geh'n: Ja, sprich es aus. wenn Tu das Grab willst schmücken Von theuren Lieben, die von hinnen geh'n! — So lange wir iin Erdenthale wandern, So lange Kampf und Sorgen unser Loos. So treibt es uns von einem Ziel zum andern. Bis wir vereint dereinst in Vaters Schooß. Scher;-Rätbsel. Wer hätte wobt icmals den Streit geschlichtet. Ob Schiller, ob Goethe der Größere sei? Die erste Silbe hat dieser gedichtet. Von icnem ist Silbe zwei und drei. Ta Schiller's Zweite und Dritte schwerlich Wohl über die Erste von Goethe geht. So scheint mir das- Streiten ganz ungesähtlich, Zumal für Jemand, der Spaß versteht. D'rum schlag' ich als Schiedsmann vor, sich zn einen: Vereinigt der Dichtungen herrliches Paar! — Dann werdet im Ganzen Ihr, sollte ich meinen. Auch nimmer die Finger erfrieren. Nicht wahr ? «sprießen. ^ ^ Eine reiche Auswahl der letzteren wird der mitgenommene» Tasche einverleibt, die auch noch das zur Anfertigung der reizenden Waldmosait verwendbare Mit E kam ich vom Himmel geflogen. Mit A wird der Fisch ans- der sibüh gezogen. - G »tn» »ge Erscheint jede« AM«. ImM« m) §mi«i. »«. LS«. Dienstag, den 84. Oktober. Ein Gottesmanu. Roman von Marie Bernhard. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Ich hoffe, der ausgestandene Schreck und das Wafferbad wird Ihrer Kleinen nichts geschadet haben!" Friedhelm stand auf und verneigte sich. Abschied nehmend. „Ich halte sie für ein körperlich und geistig sehr gesundes Kind, das höchstens einen Schnupfen davonträgt. Um mich dürfen Sie wirklich nicht in Sorge sein. Wer Soldat ist. der muß noch andere Dinge ertragen können, als einen heftigen Wolkenbruch und ein starkes Gewitter, obgleich freilich Beides heute von ungewöhnlicher Gewalt war. Ich habe nur um Verzeihung zu bitten, daß ich mit meine» durchweichten Stieseln und nassen Kleidern Ihr Zimmer so schlecht zugerickstct habe. Einen Hut hatte ich wohl nicht, — den hat mir der Sturm vom Kopf gerissen, drüben bei de» Znckerschotcn! Die Herrschaften gestatten mir wohl gütigsl, morgen vorzu- sprechcn. um mich nach Naemis Befinden zn erkundigen!" „Aber selbstverständlich, lieber Herr von Küster, — cs ist so liebenswürdig von Ihnen!" Frau Johanna, geweilt zwischen dem Wunsch, ihre Kleine selbst zu Bett zu bringen und dem Retter des Kindes immer wieder zu danken, stand noch vor Friedhelm und hielt seine Hand fest. Als er ihre Rechte jetzt ehrfurchtsvoll an seine Lippen zog, wehrte sie ihm erschrocken. „Nicht doch. — nicht doch, — ich bitte Sie! Ich müßte Ihre Hand küssen, die mir mein Herzblättchen so schön behütet hat! Tausend, tausend Dank nochmals!" „Sie beschämen mich wirklich, gnädige Iran! Meine Damen — Herr Psarerr — ich habe die Ehre!" Unwillkürlich nahm Friedhelm die Hacken zusammen und verbeugte sich in militärischer Haltung: gleich daraus kam ihm seine äußere Erscheinung zum Bewußtsein und er mußte lächeln. „Gott sei^nit Ihnen!" sagte Ulrich Deinhardt warm. „Stecken Sie nur Ihren Bruder bald in's Bett, mein gnädige? Fräulein!" wandte sich Friedhelm an Maria und freute sich, während er sprach, ihre Hand in der seinen sesthaltcn zu dürsen. „Er ist ebenso schlimm zngerichlct, wie ich, vielleicht aber nicht ganz so abgehärtet!" „Ja. gewiß! Sie haben Recht. — geh' auf Dein Zimmer, Hans, ich braue Dir ein Glas steifen Grog!" rief Maria hastig und zog ihre Hand aus der des jungen Mannes. Ihre Augen aber blickten noch in die seine» und strahlten einen warmen, schönen Glanz ans- „Wir brauchen Lille Ruhe und Pflege. Wollen Sie nicht einen Schien: Von uns mitnehmcn, Herr von Küster?" „Vielen Tank, — nein, mein gnädiges Fräulein! Lin Regenschirme darf Unsereiner sich nicht gewöhnen, zudem haben wir jetzt keinen Wolkcnbruch mehr, sondern nur noch einen gehörigen Landregen." Das war richtig. DaS Gewitter hatte bedeutend an Stärke nachgelassen : zwar grollte immer noch von Zeit zu Zeit der Donner, aber die Pausen zwilchen den einzelnen Schlügen wurden immer länger und der stürzende Wasscrwall hatte sich in einen gewöhnlichen, freilich noch immer h flig genug strömenden stiegen verwandelt. Fmu Johanna und der Pfarrer waren ihrer» Kinde nachgegangen, Hans schüttelte sich wie ein nasser Pudel und schickte sich gleichfalls an. daS Zimmer zu verlassen. ES blieb Friedhelm nichts übrig, als endlich gleichfalls zu gehen. 11. Kapitel. „Gott sei Dank und Lob, — sie ist cingeschlasen! Seit einer kleinen baiben Stunde liegt sie ruhig da und athmet friedlich und gleichmäßig, das Greisen mit den Händchen hat auch arffgchört. Mieze sitzt neben ihrem Bett und beobachtet ihren Schlummer und rührt sich nicht von ihr fort!" Frau Johanna war auf den Fußspitzen in das Arbeitszimmer ihres Mannes bercingekommen, hatte die Thür ganz sacht hinter sich in s Schloß gelegt und sprach so leise, als ob die Krankenstube dicht nebenbei wäre, — nicht aber, wie thatiächlick, auf der anderen Seite des Hauses, durch die ganze Breite des Flures und mehrere Zimmer von dem Gemach des Hausherrn getrennt. „Gott sei Lob und Dank, ich sage cs mit Dir!" Der Pfarrer küßte seine Frau zärtlich auf Augen und Lippen, schloß dann ferne gefalteten Hände um die ihrigen, wie er das besonders gern that, und verweilte ei» paar Augen blicke in stillem Gebet. Als ec seine Frau wieder anicch. glänzte cs feucht in seinen Augen. „Welch' liebevoller Vater er doch ist!" dachte Frau Johanna gerührt, wie sie es schon unzählige Male gcthan hatte. — Es war am Tage nach dem schweren Gewitter. Man hatte sich um Naemr ängstigen müssen. Sie begann sehr bald im Bett zu fiebern, wart sich bernm, ohne Schlaf zu finden, pbantasirte, ries beständig nach Friedhelm. er solle sie schützen, hörte unaufhörlich den Donner grollen und sah die Blitze zucken, — mit einem Wort, das Kind stand noch ganz und gar unter dem Eindruck aller ausgestandenen Schrecken. Man batte ihr aus der kleinen Hausapotheke sofort fieberstrllende Pulver gegeben, eine kühlende Limonade bereitet und ihr Umschläge um die heiße Stirn gemacht, die Nackt aber war doch recht unruhig gewesen, so daß Maria darauf bestand, bei der Mutter unten zu bleiben und zu wachen. Jetzt erst, gegen Mittag, hatten die von Neuem angewandten Mittel Erfolg gehabt, und das Kind war endlich ein- geschlafen. „Du glaubst nicht, wie froh ich bin!' AuS tiefster Brust aufathmeud setzte sich die Pfarrfrau neben ihren Gatten auf das schwarze Ledersopha. auf welchem sie am Tage zuvor ihre Gcwitterangst durchgekämpft hatte. „Ich hoffe bestimmt, wir kommen ohne den Doktor ab. Sie hat keine Fieberfarbe mehr, die Bäckchen sind ganz schwach rosig angehaucht, aber es ist keine un natürliche Hitze dabei, ich kenne das! Mein Goldkrnd! Wenn es ruhig so weiterschlüft, dann mußt Du später leise, leise hrncinkommen und es Dir an- sehen. Ulrich. Es ist ein zu hübscher Anblick, wie es da in seinem weißen Bettchen liegt und all' die blonden Locken ringeln und kräuseln sich um das liebe, süße Gcsichtchcn, und die dunklen Wimpern — ganz so, wie Miczeus Wimpern, weißt Du — liegen so tief auf den Bäckchen!" „Eitle Mutter, die Du bist!" sagte der Pfarrer lächelnd. „Als ob Du Dich nicht freust, wenn unsere Kinder hübsch aussehen!" „Ganz gewiß ist es mir lieb, wenn sie ihrer hübschen Mutter gleichen —" „Aber Ulrich!" Frau Johanna wurde roth wie ein junges Mädchen. Murr. Du weißt doch, liebes Weib, daß Du für mich das Liebste und das schönste auf der ganzen Welt bist! Oder weißt Tu das etwa nichts Sie schmiegte sich an ihn. -r- „Das Liebste wohl. Gott Lob! Und so soll es ja auch sein zwischen Mann und Frau. Llber wie Du bei mir von „schön" sprechen kannst —" Er rückte etwas weiter von ihr fort und bettachtete sie mit glänzenden Blicken. „Ist denn Dein volles, blondes Haar und Deine rosige Gesichtsfarbe und Dein frischer Mund etwa nicht schön? Und Deine lieben Äugen. Deine mädchenhafte Geikalt. — wirklich. Johanna, ich finde, Du hast Dich kan« verändert seit Deinen Mädchentagen, höchstens, daß Du noch hübscher geworden bist, als Du dainals warst!" „Nun hör' aber auf. Du verblendeter Ehemann, sonst werd' ich wahr und wahrhaftig noch eile! auf meine alten Tage. Du würdest mich doch ebenso lieb behalten haben, wenn ich häßlich geworden wäre!" . . „Das bedarf keiner Frage' Das Herz darf doch nicht an Acußerlichkeiten hängen!" „Ein Herz wie Deines nicht, mein liebster Mann, das ist wohl sicher. Aber Menschen wie Dich findet man selten. Die meisten Leute machen ihr Urthcil von äußeren Eindrücken abhängig, das ist leider eine unumstößliche Thaisachc. Für ein Mädchen zum Beispiel ist ein hübsches Aussehen ei« sehr wichtige Beigabe und Empfehlung. Es freut mich daher ganz besonders» daß unsere Meze —" — „Maria, liebste Frau!" „Ern wirklich auffallend hübsches Mädchen geworden ist!" „Auffallend? Das möchte ich gar nicht wünschen!" „In, ober Du kannst cs nicht ändern!" Frau Johanna lachte ihren Mann schelmisch an. Und wenn Tu es könntest . . . rch würde es nicht wollen! Ich freu'mich an ihr. so wie sic ist! Sahst Du nicht, wie Küsters sie neulich Alle bewundernd ansahcn, Jeder in seiner Weise?" „Ich hoffe, cs findet sich künftig selten Gelegenheit dazu!" ^ „Ganz vermeiden läßt sie sich nicht. Mieze hat ihren Besuch auf dem Schloß zugcsagt und muß ihr Wort doch halten. Und den Leutnant Hab' ich ganz in mein Herz geschloffen! Wie sorgsam er unsere Kleine gehalten und getragen bat! Ihr Köpfchen war ganz cmgewühlt in seinem Ami, er hat sie beschützt, so gut er nur konnte, und gar nicht an sich selbst gedacht. Naemi hat in ihre» Phantasiceu immer Friedhelm und wieder Friedhelm gerufen» und wie er heute zu ihr in's Zimmer trat —" „Der junge Küster ist bei uns gewesen?" „Ja, vor etwa anderthalb Stunden — Du hättest das Wiedersehen zwischen ihm und dem Kinde scheu solle», es war rührend, sag' ich Dir! Er mußte sich neben Naemis Bert sehen, sie ließ ihm keine Ruhe, und da hat er sie so sanft gestreichelt und geküßt und ihr Allerlei erzählt. Ich glaube ganz bestimmt, daß seine Anwesenheit diesen günstigen Einfluß ans das kleine Ding ausgeübt hat, — als er ein Weilchen fort war, fing es mi. müde zu werden, und dann kam der Schlaf!" „Hm — ja!" machte der Pfarrer gedankenvoll. Nach einer Panse setzte er lebhafter hinzu: „Und wie geht cs Johannes?" „Ach. Hans ist zum Glück ganz munter, er hat gestern nach Miezens Schlummerpunsch geschlafen, wie ein Murmelthicr: das Sturzbad hat ihm weiter nichts geschadet. Er pronienirt mit Taute Lotte im Garten; die Beiden haben ja große Freundschaft geschloffen!" „Ich weiß!" nickte Deinhardt. „Der intime Verkehr mit einem so klaren mü> reifen Fraueugeist kann für unseren Sahn in vieler Beziehuug nur förder lich sein, wenn ich auch freilich nicht wünsche» möchte, daß Lotte ihn in moralischer Hinsicht zu sehr beeinflußt. Denn das, was sie ihre ethische Welt anschauung nennt, ist doch himmelweit verschieden von dem, was den religiöse« Untergrund meines ganzen Wesens bildet!" „Wenn Du für Hans schon Lottens allzu große» Einfluß nicht billigst." meinte Johanna etwas zaghaft, „so müßtest Du ihn doch noch viel mehr stxr Mieze fürchten, die ihm Jahre lang ansgeictzt gewesen ist!" "
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