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Verordnungsblatt der Kreishauptmannschaft Bautzen als Konsiftorialbehörde der Oberlausitz. Amtsblatt der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, ingleichcn der Stadträte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemcinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels- und Gewerbelammer zu Zittau. Erscheinungsweise! Täglich abends mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. Echriftleitung und Geschäftsstelle : Baupen, Innere Laucnsiiatze 4 Fernsprecher: Nr. bl. — Drahlnachüchi: Amtsblatt, Bautzen Bezugspreis: Monatlich 1 Mark. Einzelpreis: 10 Picnntge. Anzeigenpreis: Die 6gespallene Peiitzcile oder deren Raum iS Pfennige, in geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die Zgespaltene Petitzeile SO Mennige 129. Jahrgang Mittwoch, den 1!). Januar 191N, abends Nr. 14 Tas Wichtigste vom Tage. * DaS bayerische Zentrum befürchtet, das, wegen der Frage der Schiffahrtsabgaben ein Ver- fassungskonflikt im Reiche ausbrechen wird. * Der Sieg der Konservativen bei den eng lischen Wahlen scheint ein vollständiger zu sein; sie gewannen bisher S2 neue Sitze. Sie zählen jetzt 120, Gte Liberalen 96 Abgeordnete. Mehrere weitere Minister, Garunter Churchill, wurden gewählt. * Die N a t i v u a l s pe n d c für Lilienerons Witwe brachte 36 000 * An der Westküste von Jütland werden fortgesetzt Leichen und Schifsstrümmcr, die Opfer der jüngst ver gangenen schweren Seestürme, an Land gespült. * Nach einer Mitteilung des schwedischen Konsuls in Montreal bestätigt es sich, das; Andrve und seine Begleiter von Eskimos getötet worden sind. * Wetteraussicht für Donnerstag: Temperatur wenig geändert, Regen und Schnee. * Ausführliches siehe an anderer Stelle. Die nationale« Frauen im öffentlichen Leben. Mehr als bisher wird sich die nationale Frau neuer dings um unser öffentliches Leben, um Staat und Gesell schaft, Reich und Nation kümmern müssen, seitdem ihr durch Gas Inkrafttreten des Neichsvereinsgesetzes das Wertvolle Recht der Beteiligung an politischen Vereinen überantwortet worden ist. Die deutsche Frau Gat bis heute infolge der Innigkeit, der Tiefe ihres Ge- mütslebens, mit der sie als Schafferin im Hause, als Ver walterin des heimischen Herdes, als Sorgern: für die Fa- »nilie und als Erzieherin der Kinder gewirkt hat, in der ganzen Welt die größte Anerkennung gesunden und ein un aussprechlicher Zauber liegt in dem richtig betrachteten Worte „deutsche Frau". Die politischen Verhältnisse erfordern es aber, daß unsere Frauen etwas aus ihrer Zu rückhaltung hcraustreten, wobei ihnen nichts von ihren Reizen und Vorzügen verloren zu gehen braucht. Der Kampf der zwei Gesellschaftsanschauungen, der die modernen Staaten durchtvbt, ist in unserem geistig hervor ragenden Volke besonders lebhaft zum Ausdruck gekommen. Die radikale politische Partei der Sozialdemokratie bat sehr wohl den großen Wert der Mitarbeit der Krau erkannt, und so mußte man es erleben, daß Zehn- jtausende sozialdemokratischer Frauen in Deutschland in die politischen Organisationen dieser Partei eintraten und mit -u kämpfen begannen für die Ziele ihrer Männer. Diese Bewegung, mag man den Eintritt der Frau für überhaupt ^berechtigt halten oder nicht, läßt sich nicht mehr über die Achsel anschen, sondern muß beachtet werden. Sollen Hie nationalen Kreise dem ruhig z u s ch a u e n - Sollen sie sich auf den Standpunkt stellen, mögen auch die .Umstürzler ihre Frauen mit ins öffentliche Leben ziehen, unsere Frauen sollen ihm unter allen Umständen fern -leiben- Dieser Standpunkt dürfte doch wohl ein falscher sein und die Lage verkennen. Bei den einmal gegebenen Verhältnissen müssen auch die Frauen der b tt r g c r l i ch e n Kreise für das national-politische Leben interessiert Werden und wenn sie wirken wollen, und wirken sollen, im Kampfe für das Blühen und Gedeihen des Reiches, in dem sich ihre Kinder wohl fühlen sollen, so müssen ihnen alle die nötigen Kenntnisse beigebracht werden, die ein solches Wirken ermöglichen. Diese Lücke auszufüllen, hat sich eine Körperschaft ge bildet, welche die Aufmerksamkeit aller politischen Kreise verdient, der Deutsche Frauenbund. In kurzer Zeit habeu sich ihm unter der Führung verständiger maß vollen Frauen fast SOOO Mitglieder angcschlossen und in verschiedenen Städten Deutschlands, zuletzt in Branden burg und Dresden, sind Ortsgruppen unter großer Teil nahme der Frauenwelt ins Leben getreten. Wir haben es hier mit einer Organisation zu tun, welche allen Parteirich- tnngen gleich sremd gegcniiberstchen, eine nationale Auf klärung unter der deutschen Frauenwelt verbreiten soll. Alle großen nationalen Körperschaften haben das größte Interesse daran, daß der Verein wachsen, blühen und ge deihen möge. Tenn welche Aufgabe ist edler als die, die Mütter unseres zukünftigen Geschlechts mit allen Waffen des Geistes auch auf dem Gebiete des wirtschaftlichen so zialen und staatlichen Lebens unseres Vaterlandes aufzu- richten? 6. « Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Die GesctzgcbungSdepntation der Zweiten Kammer hat am gestrigen Dienstag nach Beendigung der Plenarsitzung noch die Beratung über den Entwurf eines Gesetzes über d i e A n st e l l u n g dcr Nadelarbeits lehrerinnen, der Koch- und Haushaltungslehrerinnen, sowie der Fachlehrerinnen an den Volksschulen zu Ende ge führt nnd den an die Kammer zn gebenden Bericht gelesen. Die Deputation wird der Kammer die Annahme dcS Ge setzes empfehlen, womit aber keineswegs die Sicherung der Vorlage verbunden ist. Im Gegenteil. Der Gesetzentwurf ist im gegenwärtigen Augenblick schwer gefährdet, denn es besteht zwischen der Anschauung und Beschlußfassung der Deputation und der Stellung der Regierung insofern eine t i ef g e h e n d e D i s f e r e n z, als die Regierung die Kosten der Pensionen der in Betracht kommenden Lehrerinnen den Gemeinden auferlegen will, die Deputation aber beschlossen hat, die Gesetzesvorlage sv abzuündern, daß die Pcnswns- last dem Staate obliegt. Die Deputation geht bei dieser Maßnahme nicht nnr von dem Standpunkte ans, daß die Gemeinden schon genug finanziell belastet sind, sondern sie meint auch, daß die neue Belastung die OK'meinden abhnlten wird, die fraglichen Unterrichtsfächer in der wünschens werten Weise auszubanen. Daß cs der Regierung mit dem energischen Festhalten an ihrer Anschauung sehr ernst ist, zeigt die wiederholte Mahnung des Finanzministers und anderer Regierungskommissare, daß man, wenn man das Interesse jener Lehrerinnen ernstlich fördern will, nichts wesentliches an der Vorlage ändern soll. Es kamen bei dem Disfenzpunktc nach dem Stande von 1R>8 zwar nur 144 Ge meinden mit einer Pensivnssumme von rund 40 8l>0 .// in Frage; allein die Summe wird rasch wachsen. Tritt die Erste Kammer dem zu erwartenden Abünderungsbeschlnsse der Zweiten Kammer bei, dann muß die Regierung ent weder nachgeben oder der Gesetzcntwurs scheitert, geht aber die Erste Kammer mit der Regierung, dann ist zn erwarten, daß die Zweite Kammer im Vereinigungsverfahre» die ursprüngliche Regierungsvorlage wieder herstellt. Aus dem Landtage. Wie wir von zuständiger Seite er fahren, haben die auf Erbauung von E iscnba h n e n und Errichtung vvn Haltestellen usw. gerichteten Pe titionen nur dann Aussicht, während der gegenwärtigen Session in der Zweiten Kammer noch erledigt zn werden, wenn sie bis Ende dieses Monats beim Landtage einge reicht worden sind. Nene sozialdemokratische Anträge. Die Sozialdemo kraten haben im Landtage zwei Anträge eingebracht. Ter eine Antrag soll die Staatsregierung ersuchen, der nächsten Session des Landtages einen Gesetzcntwurs vorzulegcn, durch den die indirekten L a n d e s st e u e r n aufge hoben werden und Ersatz dafür durch entsprechende Re formen nnd weiteren Ausbau der direkten Steuern ge schasst wird. Ter andere Antrag wünscht einen neuen Ab satz zum Berggesetz, wonach bei allen Unternehmungen, die unter den Begriff Bergbau fallen, aus der Mitte der Arbeiter Sicherheitsmänncr zur ständigen Ueberwachnng der Sicherheit der Betriebe nnd deren Belegschaften hcran- zuzichen sind. Die Wahl der Sicherheitsmänncr soll auf die Dauer vvn 2 Jahren crfvlgen und direkt und geheim nach dem System der Kuvertwahl vvrgenommen werden. Der Antrag wünscht, daß der Sicherheitsmann seine Ent lohnung aus der Staatskasse erhalte. Kommunales aus Aue. Nach dem in der ersten ge meinschaftlichen Sitzung der städtischen Kollegien vvn Herrn Bürgermeister I)r. Kretzschmar gegebenen Rückblick hat sich die Stadt Aue im vergangenen Jahre günstig und stetig weiter entwickelt. Die Einwohnerzahl stieg um 620 aus über 19 000. Tas Wasserwerk gab 280 000 Kubikmeter Wasser ab; die Gasanstalt erzeugte 1117630 Kubikmeter Gas; die Sparkasse wird bei 406 000 mehr Einzahlungen als Rückzahlungen in ihrem Einlegerguthaben um rund 640000 auf 7 160 000 steigen. Als Stadtverordneten- Vorstehcr wurde Rechtsanwalt Raabe wiedergcwählt. Nach mehreren Wahlgängen wurden Fabrikant Wellner nnd Baumeister Wieland als erster und zweiter stellver tretender Vorsitzender gewählt. Konflikt im Stadtparlament Schöneck. Unliebsame Vorkommnisse brachte in Schöneck die erste diesjährige Stadtgemeinderatssitzung, in der Lehrer S i e b e r, der Vor sitzende des sreisinnigen Ortsvereins, mit o Stimmen zum Stadtverordneten-Vor st eher gewählt wurde. Mit dieser Wahl ist ein Teil des Kollegiums nicht einver standen. AlS es, wie aus dem Sitzungsbericht zu ersehen war, zu den Ausschußwahlen kam, lehnte Stadtverordneter Petzold eine Wahl in den Bauausschuß, aus Gründen, die er vorerst nicht nennen werde, ab. Aus mehrseitiges Verlangen nach Bekanntgabe der Gründe erklärte er, daß er einen Mann wie Herrn Sieber, der so öffentlich ge logen habe, nicht als Stadtverordneten-Vorsteher aner kennen könne, er wvlle deshalb in keinen Ausschuß, in dem Herr Sieber sei, er werde der Sitzung überhaupt fern bleiben, wenn Sieber Stadtverordneten - Vorsteher bleibe. Herrn Petzold wurde vvn Herrn Sieber ein Ordnungsruf erteilt und er verlieh die Sitzung. Fabrikant K v ch erklärte gleichfalls, keine Sitzung besuchen zu wvllen, sv lange Sie ber Stadtvervrdneten-Vvrsteher sei. Seine Gründe würde er der Kreishauptmannschast mitteilen, und diese iverde, wenn sie die Personalakten einsähe, seine (Herrn Kvchsj Gründe wohl billigen. Als Stadtvervrdneten-Vvrsteher ge nieße man neben dem Herrn Bürgermeister das höchste An sehen im Kollegium, und deshalb müsse der, der zum Stadt- vervrdueten-Vorsteher ernannt werden svll, völlig makel los dastehen; dies könne man aber vvn Herrn Sieber nicht sagen, und darum möge er sein Amt niederlegen. Auch er verließ die Sitzung. Ten Ausführungen des Herrn Koch schloß sich der zum ersten Schriftsührcr gewählte Lehrer Thiele an. Er wvlle das Amt des ersten Schriftführers nicderlegen, wenn Sieber Stadtvervrdneten-Vvrsteher bleibe. Für diese Sitzung wvlle er die Niederschrift führen, weitere Schritte behalte er sich aber vvr. Eine ähnliche Er- klürnng gab auch Stadtverordneter R cnne r ab; er lehnte ebenfalls eine Wahl in den Bauausschuß ab. — Sv darf man denn auf den Ausgang des Kvnslitts im Stadtparla ment gespannt sein. Jedenfalls dürfte der neue Stadtver- vrdneten-Vorsteher auf seinem Sitze wenig Freude erleben. Kommunales aus Riesa. Durch Bürgermeister Ur. Scheider fand am Freitag die Einweisung der wie der- bezw. neugewählten Stadtverordneten statt. Dem hierbei von Bürgermeister vr. Scheider gegebenen Rückblick ans das Jahr 1909 war zu entnehme», daß auch in hiesiger Stadt im verflossene» Jahre im wirtschaftlichen Lebe» eine Auswürtsbewegung stattgefunden hat. Beson ders ist in: zweiten Halbjahr eine rege Bautätigkeit zu be obachten gewesen. Ter Bedarf im Stadthaushalt hat eine weitere Steigerung erfahre». Von 1 182 678 im Jahre 1909 ist er auf 1 214 929 .// im Jahre 1910 gestiegen. Durch Anlagen sind 36 741 mehr aufznbringen ivic im Vorjahre. Trotzdem durch die Aufstellung eines Nachtrags zu»: Ge- meindeanlagenregulativ, der die Weiterführung der Pro gression bis zu 6 Prozent (bisher 4 Prozents Vorsicht, eine Steigerung der Teckuugsnnttcl herbeigesührt worden ist, wird ein Zuschlag auf den einfachen Steuersatz dvch nicht zu umgehen sein, dvch dürfte dieser die Höhe des bisherigen Zuschlags von 7 Prozent kann: übersteigen. An die Ein weisung schloß sich die Ncukonstituierung des Kollegiums. Als Vorsteher wurde Mühlenbesitzer Schönherr wieder gewühlt. Zur Entlastung des Reichsgerichts. Zwecks Entlastung des Reichsgerichts beabsichtigt die ReichSrcgicrung den: Ver nehmen nach vorzuschlagcn, daß die Revision unzulässig sein soll, wenn die beiden Vvrinstanzen übereinstimmend ent schieden haben. Gegen diesen Vorschlag ist mit Recht gel tend gemacht worden, daß alsdann die Gesahr bestehe, daß sich die Rechtsprechung der einzelnen Oberlaudesgerichte verschieden gestalte, weil sie der Einwirkung des Reichs gerichts entzogen werde, sobald die Landgerichte der Judi katur ihres Oberlandesgerichts folgten. Wegen dieser Bedenken hat nun in der am 1. Januar d. I. erschienenen Nummer der „Deutschen Juristen-Zeitung" Professor I)r. Hellwig vorgeschlagcn, daß die beabsichtigte Maßregel erst dann getroffen werde:: möge, wenn es keine anderen Mittel mehr gäbe, die jetzt bestehenden unerträglichen Zu stände zu beseitigen. Als ein solches Mittel empfiehlt er die Vorschrift, daß die Revision nnr auf die Verletzung von Reichsrecht gestützt werden könne; erforderlich sei dann allerdings, daß, wie in Bayern, auch in Preußen ein oberstes LandcSgericht für die Revision in solchen Sachen errichtet werde, in denen es sich um preußische Ge setze handele. Dieses Gericht würde alsdann der Aufgabe der Herbeiführung und Erhaltung in der Rechtsprechung über preußisches Recht eben so gerecht werden, wie jetzt schon die Senate des Kammergerichts, welche in anderen Rechtssachen als Zivilproz essen die oberste preußische In stanz bilden. Professor vr. Hellwig bemerkt noch, daß sein Vorschlag geeignet erscheine, das Kammergericht, das be kanntlich ebenfalls überlastet sei, zu entlasteu, indem man dem letzteren die Sachen, in denen es jetzt als „kleines Obrr- tribunal" entscheide, nähme nnd dem obersten Landes gerichte zuweise. 4-4-4- Ein Berfaffungvkonflikt im Reiche? Von feiten des bayerischen Zentrums wir- betont, das Drängen PrenßenS