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auhenerDPachrichten. Verordnungsblatt der Kreishanptmannschaft Bantzen als Konsistorialbehörde der Oberlaufitz. Am 1 sötatt der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, deS Landffenchts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Hermhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, ingleichen der Stadtrüt? zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemcinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels- nnd (ttewerbekammer zu Zittau. Erscheinungsweise: Täglich abend- mit Ausnahme der Sonu- und Feiei läge. Uchriftleitung und Geschäftsstelle: Bauden, Innere Lauenstraße 4. Fernsprecher: Nr. 51. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautzen. BezugSp ei« pro Monat: Bei Abholung in der Geschäftsstelle —.90 .st bei freier Zustellima Ins Hans 1.— .st Anzeigenpreis: Die »gespaltene Petitzcilc oder deren Raum 15 Pfennige, in geeigneten Fällen Ermässigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die ügespaltene Petitzeile 50 Pfennige. «r. 244 Donnerstag, den SO. Oktober 1910, abends. 129. Jahrgang. Tas Wichtigste vom Tage. * Die Landtagsersatzwahlen in Leipzig-Land und Plauen-Land ergaben einen bedeutenden Rückgang der sozialdemokratischen Stimmenzahl und eine beträchtliche Stim menzunahme für die Nationalliberalen in ersterem Wahlkreise. Der Reichstag wird nunmehr bestimmt am 22. Novbr. nachmittags seine Sitzungen nach iimonatiger Pause wieder auf nehmen. Der Entwurf eines V e r s i ch e r u n g s g e s e tz e s für P ri nnt beamte ist sertiggestellt und wird dem Bundesräte im November, dem Reichstage Anfang 1911 zugehen. * Luccheni, der Mörder der Kaiserin Elisabeth von Oesterreich, hat sich in seiner Zelle in Gens erhängt. Der französische Premierminister Briand fetn/e Verhand lungen mit parlamentarischen Gruppen Uber : »bahner- streik ab, da die Regierung entschlossen sei, die Verantwor tung für ihre Entscheidungen selbst zu tragen. * Bei der französischen Süd bahn beschlossen die Lokomotivführer und Heizer den Streik fortzusetzen. * Der A u f t e i l u n g P e r s i e n s durch England und Rust-, land will Deutschland keineswegs „Gewehr bei Fust" zu sehen. * König Manuel ist vergangene Nacht in Schloh Wood-! Norton (Englands angekommcn. Er sah müde und krank aus.! * Das neue griechische Kabinett Venizelos mit" dem Gesandten bei der Pforte, G r y p a r i s. als Austenminister! hat die Geschäfte übernommen und findet bei der Athener Presse sehr freundliche Aufnahme. * Wetteraussicht für Freitag: Veränderlich, kühl, Niederschläge. * Ausführliches siehe an anderer Stelle. Deutscher nnd französischer Wettbewerb in Marokko. Wenn die Stimmung unter den Tangerer Kaufleuten schon seit langem keine rosige mehr war, so hat die Art und Weise, wie ihre Reklamationen in den Kommissionen behandelt worden sind, leider sehr dazu beigetragen, den herrschenden Pessimismus noch wachsen zu kaffen. Diese Kommissionen hatten bekanntlich die Aufgabe, die zum Teil recht alten Forderungen der Maghzengläubiger, insbeson dere auch der durch das Bombardement von Casablanca ge schädigten Privatleute nachzuprüfen und eine Zahlungs-! anweisung der definitiv festgesetzten Beträge aus den durch die französische Anleihe zur Verfügung stehenden Mitteln auszufertigen. Die Arbeitsweise der Kommissionen war eine geradezu j unglaubliche. In den Sitzungen pflegten die eingeborenen Kommissionsmitglieder alle Forderungen rundweg abzu-^ lehnen. Unter der Hand suchten sie sich dann mit den Re klamanten zu verständigen. Aber auf welcher Basis! Man bot diesen 50 Prozent, wenn sie hiervon für die beiden i eingeborenen Mitglieder der Kommission hergeben wollten. Sie sollten also netto 33^ Prozent bekommen! Manche Forderungen sind auf solcher Basis geregelt worden, und die beiden Marokkaner sollen ein sehr gutes Geschäft gemacht haben. Doch in manchen Füllens ist natürlich keine Einigung erzielt worden,' sie kommen zur Entscheidung vor die Schiedsgerichte, da die Kommis sionssitzungen am 8. Oktober geschloffen worden sind. Derartige Sachen sind nicht imstande, die Stimmung zu heben, leider zeigen sie aber auch aufs neue, daß es den Franzosen durchaus nicht darum zu tun ist, der Korruption zu steuern, sonst wäre es ihnen bei ihrem großen Einfluss ein Leichtes gewesen, hier Wandel zu schaffen und zu ver hüten, dah neuerdings noch immer große Summen in die Taschen ungetreuer Beamten fließen, zum Schaden der leeren Staatskasse. Was unsere Kaufleute am schwersten empfinden, ist die großartige Unterstützung, die die französischen Staats angehörigen seitens ihrer Regierung erhalten. Mit Be ängstigung betrachten unsere Landsleute den amtlichen Apparat, dessen Netze über das ganze Land ausgespannt sind, um den französischen Handel zu stützen und zu heben. Frankreich hat fast in jedem Ort seinen Berufskonsul mit einen Stabe von gut geschulten Beamten, und diese sind be reit, umgehend und energisch einzug wo es sein muß, und auch da, wo es nicht unumgänglich nöiig ist. Die fran zösischen Instrukteure der Eingeborenenpolizei haben diese Trupps ebenfalls in den Dienst der französischen Sache ge stellt, und Aerzte, welche den Eingeborenen gratis Hilfe leisten, da sie hierfür vom französischen Staate gut bezahlt werden, Krankenhäuser, in welchen die Eingeborenen gratis ausgenommen werden, französische Schulen und andere Ein richtungen sorgen dafür, daß das Volk Frankreich schätzen lernt und französische Bildung in sich aufnimmt. Politische Agenten sind überall tätig, um Propaganda für Frankreich zu machen. Wir Deutsche dagegen haben, abgesehen von Tanger, Fez und Casablanca, nur Wahlkonsuln, d. h. Leute, welche die Konsulatsgeschäfte nur im Nebenamte und daher nicht mit ganzer Kraft wahrnehmen können. Wie sollen wir da mit den Franzosen konkurrieren? Ein erfreuliches Zeichen ist es vorläufig noch, daß die deutschen Kaufleute, obwohl ganz auf sich selbst angewiesen, den Franzosen im Geschäft zu sehr überlegen sind und zu festen Fuß im Lande gefaßt haben, um ohne weiteres an die Wand gedrückt zu werden. Doch die Zeit wird da Wandel schaffen, die Besorgnis vor der Zukunft ist nicht unberech tigt. Auf die Dauer kann unter den jetzigen Verhältnissen der deutsche Kaufmann den Wettbewerb mit dem von seiner Regierung auf das Nachdrücklichste geförderte» französischen Kaufmann nicht bestehen. Jedenfalls sind unsere Leute immer mehr bestrebt, Differenzen mit den französischen und im französischen Solde stehenden Beamten nach Möglichkeit zu vermeiden und sich mit ihnen möglichst gut zu stellen, da sie eingesehen haben, daß sie den Kürzeren ziehen müssen, wenn sie in Streitigkeiten mit jenen kommen. Im allge meinen kann man sagen, daß der größte Teil der deutschen Kaufleute in Tanger noch aushalten wird, daß aber auch die größten nnd angesehensten Firmen sich zurückziehen werden, wenn sie merken, daß es nicht mehr geht. Niemand wird es ihnen verdenken können, wenn sie quittieren, ehe sie den Ruin vor Augen sehen. Sie werden sich nicht hinopfern lasten zu Gunsten einer Politik, deren Vorteile für das deutsche Element weder in Marokko selbst noch sonst wo ersichtlich sind. mcnverlustcs ohne weiteres von selbst auf und zwar um so mehr, weil die Sozialdemokratie erst vor wenigen Wochen im Reichstagswahllreise Zschopau-Marienberg eine überwältigende Vermehrung ihrer Stimmen und den glänzendsten Wahlsieg zu verzeichnen hatte. Die „Dresdner Volkszeitung" erklärt den Stimmenriickgang auf folgende Weise: „Wir müssen gestehen, dast wir einen wesentlichen Stimmen rückgang nicht erwartet haben. Er zeigt, dast uns ein Teil der Mitläufer von 1909 verlassen hat. Offenbar hat die durch die Vorkommnisse in Moabit veranlaßte bürgerliche Preß- hctze eine größere Anzahl kopfscheu gemacht und von der Wahl urne ferngehalten. Vor allen Dingen darf aber nicht übersehen werden, dast eine solche Hetze drei- und vierfach bei den sächsischen Landtagswahlen wirken muß, die unter dem Pluralwahlsqstem vorgenommen werden. Zu einem Verlust von 909 Stimmen bedarf es bei dem Vicrklassenwahlrecht nur eines Abschwenkens von 300 Mitläufern. Im 14. ländlichen Wahlkreise Plauen- Land haben offenbar nur etwa 150 bis 200 Wähler der Sozial demokratie die bisherige Gefolgschaft verweigert, und das Ergeb nis ist infolge der Pluralwahl ein Verlust von 500 Stimmen. Dazu kommt, dast die Wahlen aus Grund der alten Wählerlisten vorgenommen wurde». Infolgedessen konnten neu hinzuge wachsene Wähler nicht ausgenommen werden, dagegen wurden weggezogene gestrichen. Der Rückschlag ist also bei weitem nicht so groß, wie er auf den ersten Blick erscheint. Die Sozialdemo kratie must sich aber die jetzigen Landtagswahlen besonders in sofern zur Lehre dienen lasten, als daraus hervorgeht, dast sich ein geringfügiges Abschwenken von Mitläufern drei- und vier fach im Wahlresultat bemerkbar macht." So weit die „Dresdner Volkszeitung". — Der vor gestrige Wahltag hat aber gezeigt, daß die sozialdemokra tische Hochflut des Jahres 1909 verebben wird, wenn das Bürgertum nicht kampflos die Flinte ins Korn wirft. Die ersten Anzeichen dafür sind vorhanden, wie die letzten Wahlen zeigen, und sie sind um so bemerkenswerter, als die Nachwehen der Neichsfinanzreform noch lange nicht über wunden sind. Der V e r l u st der Sozialdemokratie beträgt nach den letzten Feststellungen in beiden Wahlkreisen 1500 Stimmen. Wir möchten hieran noch folgende Bemerkungen knüpfen: Die Nationalliberalen haben in Leipzig- Land sehr gut abgeschnitten. Die seitherige Deroute auf Seite der bürgerlichen Wähler scheint, wenn nicht alles trügt, endlich zum Stillstand kommen zu wollens denn der Nationalliberale hat gegen die vorjährige Hauptwahl, ob schon jetzt etwa 2500 Stimmen weniger abgegeben wurden, ein Mehr von ziemlich 1000 Stimmen, der Sozialdemokrat dagegen über 1100 Stimmen weniger, erhalten. Von den konservativen Wählern sind offenbar sehr viele zu Hause geblieben, wodurch sich der bedeutende Verlust von rund 2300 Stimmen erklärt. Im Wahlkreise Plauen- Treuen hat sich dagegen der Anhang der konservativen Partei gegen die Hauptwahl im vorigen Jahre ein wenig gesteigert, während die Nationalliberalen 200 Stimmen eingebüßt und die sozialdemokratischen Stimmen sich sogar um 400 vermindert haben. Also auch hier wie im Leip ziger Kreise haben die Genossen einen empfindlichen Rück gang gegen die Wahl des Jahres 1909 zu verzeichnen, ein Resultat, das die Herrschaften gewiß sehr überrascht haben wird, denn die „Leipz. Volksztg." hat in der letzten Zeit sich durchaus so gebärdet, als sei der Kreis eine sichere Beute der Sozialdemokratie, die schon davon träumte, daß sie die zweitstärkste Partei im Landtage werde. So aber ändert sich am gegenwärtigen Besitzstände der Fraktion in der Zweiten Kammer nichts. Die Zunahme der nationalliberalen Stimmen im Leipziger und ebenso die der konservativen im vogtländi schen Kreise scheint ein Zeichen dafür zu sein, daß die Zeit schließlich doch ihre heilende Wirkung zu üben beginnt. Und zutreffend schreiben die „Leipz. Reuest. Nachr.": „Man kann schließlich nicht immer aufgeregt sein; nicht monate- und schließlich jahrelang in Ekstase leben, und wenn man auch Grund hat, sich über die verteuerten Zündhölzer und andere Dinge zu ärgern, so kann eine große Nation doch nicht vom Äerger allein leben. Akan kann nicht Kirch hofspolitik treiben und nicht immer nur von den Toten reden, man muß sich tapfer der Zukunft stellen und die Rolle der Klageweiber eben den Weibern überlassen." Wählern ein Eintreten für den jungnationalliberalen Rechtsanwalt vr. Zöphel empfehlen. Dadurch wird die Wahl des nationalliberalen Kandidaten gesichert. Die englischen Spione. Die Untersuchung gegen die beiden auf Borkum beim Photographieren der Be festigungen verhafteten englischen Spione Brandon und Tren ch, die sich jetzt im Untersuchungsgefängnis zu Leip zig befinden, ist noch nicht abgeschlossen. Im Gegenteil. Die Affäre scheint sich noch weiter auszuwachsen, sodaß aber mals Verhaftungen bevor stehen; denn bei den jüngsten Vernehmungen des einen Verhafteten hat sich dieser mehrfach in Widersprüche verwickelt und bei den Ver nehmungen von Bekannten Brandons hat man neue Spuren gefunden. Außerdem sind neuerdings auch wie derum Briefe entdeckt worden, die weitere deutsche Reichs angehörige in ein recht bedenkliches Licht setzen und be weisen, wie leicht es den Spionen gemacht worden ist, ihren Auftraggebern zu dienen. Nach wie vor bestreiten die Ver hafteten aber, sich des Verrats militärischer Geheimnisse schuldig gemacht zu haben. Doch das Beweismaterial ist heute schon derart, daß die Spione bestimmt vor das Reichs gericht gestellt werden. Wann dies geschehen wird, hängt von dem weiteren Verlaufe der Untersuchung ab. Jeden falls aber wird der Prozeß kaum vor Beginn des nächsten Jahres stattfinden. Die politische Haltung des Vicomte de Pindclla. In Dres den eingegangene Nachrichten bestätigen, dast der auch am säch sischen Hofe beglaubigte portugiesische Gesandte Vi comte de Pindella nicht in den Dienst der Republik übertreten wird. Notstands-Fonds. Das Königl. Sächs. Ministerium des Innern erließ folgende Verordnung an die Kreis- und Amtshauptmannschaften: Die Maßregeln, welche in diesem Jahre durch das Auftreten der Cholera notwendig wurden, haben wiederum gezeigt, wie wichtig es für die Gemeinden und Bezirke ist, bei Eintritt außergewöhnlicher Ereignisse finanziell gerüstet zu sein. Hierzu gehört vor allen Dingen, daß die Betriebsmittel einigen Spielraum gewähren — ein Erfordernis, das insbesondere in vielen Landgemeinden noch zu vermissen ist. In weitaus besserer Lage aber sind diejenigen Gemeinden und Bezirksverbände, welche einen durch jährliche, wenn auch bescheidene Rücklagen gegrün deten Notstandfonds besitzen, auf den sie beim Eintritt von Naturereignisten oder beim Ausbruch ansteckender Krank heiten (z. B. behufs Ankaufes einer Baracke usw.) alsbald zurückgreifen können. Das Ministerium des Innern möchte der Bereitstellung eines solchen Notstandfonds sogar in vielen Fällen den Vorzug geben vor der vorsorglichen An schaffung der etwa künftig nötig werdenden Einrichtungen, Geräte und Vorräte, da diese Gegenstände erfahrungsgemäß bis zum Eintritte des Ereignisses nicht nur häufig un brauchbar werden, sondern auch infolge der Fortschritte von Politische Nochrichten. Deutsches Reich. Der Rückgang der sozialdemokratischen Stimmenziffern bei den vandtagsersatzwahlcn. Von großem Interesse ist der Rückgang der sozialdemokratischen Stimmziffern bei den vorgestrigen Landtagsersatzwahlcn in Leipzig und Plauen. Die Sozialdemokratie gibt unumwunden zu, daß die Wahlen für sie wider alles Erwarten ungünstig verlaufen sind. In beiden Wahlkreisen empfindliche Stimmenver luste, die umsomehr wiegen, weil die Sozialdemokratie eine regere Agitation als bei den Hauptwahlen entfaltet hat. Es drängt sich nun die Frage nach den Ursachen des Ctim- Zur Leipziger Landtagsstichwahl. Bei der bevorstehen den Landtagsstichwahl im fünften Leipziger Kreise wird sowohl der konservative Kandidat, Sanitätsrat Or. B r ii ck- n e r, als auch der Reformer Justizrat Schnauß den