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Verordnungsblatt der Kreishauptmannschaft Bantzen als Konsistorialbehörde der Oberlausitz. Amtsblatt der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, dcS Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Hermhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, inglcichen der Stadträtt zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeindcräte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels- und (üewerbekammer zu Zittau. Erscheinungsweise: Täglich abends mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. Gchriftleitung und Geschäftsstelle: Bautzen, Innere Lauenstraße 4. Fernsprecher: Nr. St. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautzen. BeHugSp ei» pro Monat: Bei Abholung in der MescMEelle —.90 bei freier ZusieNnnv GS OanS 1— .4k Anzeigenpreis: Die ggcspallcue Pelitzcilc oder deren Raum 15 Pfennig«, in geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die Zgcspaltene Petitzcile SO Pfennige. Sir. 247. Montag, deu 24. Oktober NNO, abends. 129. Jahrgang. Tas Wichtigste vom Tage. * Der hessische Finanzminister vr. Braun ist an Ner-! venschwäche erkrankt. Das Schweizer Volk hat bei der gestrigen Abstimmung mit 2 262 066 gegen 238 928 Stimmen das von 142 000 Bürgern gestellte Initiativbcgehren, betr. die Einführung der Verhält-, niswahl für die Wahlen zum Nationalrate, verworfen, s Die portugiesische konstituierende Nationalver sammlung wird bereits vor Ablauf von 6 Monaten zusam-: mentretcn können. Die Wahlen dazu finden wahrscheinlich, im Januar 1911 statt. s * Anläßlich der heftigen Debatte über die Erklärungen des griechischen Ministerpräsidenten Venizelos in der Kammer verließen 2 der großen Parteien den S.'.al, worauf der Premierminister wegen mangelnden Vertrauens zurückzutreten! drohte, was der König rückgängig machte. * Eine persisch-türkische Protestversammlung in Konstantinopel wandte sich gegen England und Rußland und brachte Deutschland Huldigungen dar. * Der König von Siam, Chulalongkorn, ist nach kurzer Krankheit (Urämie) gestorben. * Der Eattenmörder vr. Crippen in London ist zum Tode verurteilt worden. * Von Eordon-Bennett-Flügen wird gemeldet, daß nunmehr auch die Ballons „Düsseldorf" und „Azura" gelandet sind. Ersterer hat 1240 Meilen zurückgelegt. * Wetteraussicht für Montag: Keine Witterungs- änderungen. * Ausführliches siebe on anderer Steile. Die politische Lane im In- und Auslande. (W o ch e n s ch a u.) Die Streik- und Aussperrungsbewegung ist nun endgültig zur Ruhe gekommen, auch die letzten Schiffswerften haben sich mit ihren Arbeitern geeinigt. Es hat sich dabei wiederum gezeigt, wie wenig die Arbeiter selber eigentlich mit dem Getriebe eines großen in dustriellen Unternehmens vertraut sind, auch wenn sie jahrelang dort gearbeitet haben. Es ist einfach unmöglich, Hunderte oder tausende von Arbeitern von heute auf morgen einzustellen. Bedauerlich ist allerdings dabei, daß der Wille zum wirtschaftlichen Frieden den Arbeitern nicht sofort wieder Erwerbsgelegenheit gibt, um so mehr müssen sie aber künftig es sich überlegen, ehe sie einen Streik be ginnen oder eine Aussperrung Hervorrufen. Das Tagesinteresse wendet sich daher wieder mehr der einen politischen Seite unserer inneren Politik zu, und da stehen die Aussichten der künftigen Reichstags wahlen in erster Linie. Jedermann weiß ja, wie ver worren die Lage ist. Zudem ist noch zwischen der „Nord deutschen Allgemeinen Zeitung", dem Organ des Reichs kanzlers, und dem Vorsitzenden des Hansabundes, Geheim rat Rießer, der Kampf ausgebrochen. Rießer bekämpft ge schickt die agrarfreundliche Haltung der Regierung, zum andern hat aber das Reichskanzlerorgan recht, wenn es die laue Haltung des Hansabundes gegenüber der Sozial demokratie hervorhebt. Alle bürgerlichen Parteien sind mehr oder weniger gezwungen, in dieser Sache eine un zweideutige Haltung einzunehmen. Die Nationalliberalen haben das in Kassel mit Entschiedenheit getan, was eines der Verdienste jener Tagung war. Vielleicht mag es daher kommen, daß zwischen der nationalliberalen Partei und dem Hansabunde es zu einer merklichen Abkühlung ge kommen ist; denn die rheinisch-westfälischen National liberalen sind sicher nicht mehr bei der Parteifahne zu halten, wenn sie gezwungen werden, möglicherweise für einen Sozialdemokraten von Parteiwegen zu stimmen. Der Hansabund zögert mit einer klaren Stellungnahme, und dieses Zögern ist geeignet, tatsächlich seine Politik zu dis kreditieren. Der Winkel um Naumann herum, samt den Mannen Hello v. Gerlachs und vr. Breitscheids, sollte doch nicht als politischer Führer gelten, dazu sind diese Herr schaften doch in ihrem politischen Leben allzuschnell durch alle möglichen Parteien hindurchgehopst, wenngleich das Ende dieser lustigen Hüpferei noch nie : abzusehen ist. Eine Parole: „Auf jeden Fall gegen die Sozialdemokratie" findet aber in den weitesten bürgerlichen Kreisen Ver ständnis. Die Genossen haben ja in dem Empfinden dessen da; blöde Schlagwort aufgebracht von der „einen" re aktionären Masse. Man kann ein sehr scharfer Gegner des Sozialismus unserer Tage sein, und braucht deshalb noch nichts vom Reaktionär an sich zu haben. Mit der Ankunft des Königs Manuel II. in Eng land ist das erfolgreiche Schicksal der portugiesischen Revo lution besiegelt. Der König wird vom englischen Könige nur als Privatmann im Schlöße Woodnorton begrüßt werden. Damit bietet England Manuel II. lediglich ein Asyl, für sein Königtum tritt es nicht mehr ein, und man darf jetzt wünschen und hoffen, daß wenigstens die jetzige Republik in Portugal eine Besserung der Verhältnisse her- beiführcn und von langer Dauer sein möge. In Serbien ist durch die Erkrankung des Thron folgers auch die Existenz der Monarchie in Frage gestellt. König Peter, über den die Schatten König Alexanders und der Draga Maschins schweben, wäre sicher längst froh, wenn er seine Krone niederlegen könnte. Dumpfbrütend hockt er in einem Winkel seines Konaks, unzählige Zigaretten rauchend. Es scheint ernst um die Existenz des Kronprinzen zu stehen. Die Krankheit ist bedenklich, und zudem droht neben dem Typhus noch eine Lungenentzün dung auszubrechen. Gerüchte sagen sogar, der Kronprinz leide gar nicht an Typhus, er sei vielmehr von Partei gängern seines älteren Bruders, des Prinzen Georg, ver giftet worden. Man kann gewiß dem Prinzen Georg große Dummheiten und Wutausbrüche zutrauen, aber eines solchen Schurkenstreiches dürfte man ihn doch kaum für fähig halten. Den Serben aber wäre es zu wünschen, daß ihr Kronprinz am Leben erhalten bliebe. Von ihren Dynastien, der jetzigen und der alten, haben sie nicht gerade viel Gutes erfahren. Das Land liegt zudem wirtschaftlich dar nieder. Ein Blick in das benachbarte Bosnien zeigt, was aus Serbien hätte werden können. Man bekommt dabei das Gefühl, daß für dieses Land eine Annexion durch Oesterreich-Ungarn sicher ein Glück wäre, wenn gleich daran natürlich von keiner Seite aus gedacht wird. Die Streitigkeiten im türkischen Kabinett, die Verzögerung in der französischen Anleihe und die Er nennung des Kreters Venizelos zum griechischen Mi nisterpräsidenten, das alles sind Dinge, die die Verhältnisse im Balkan keineswegs in rosigem Lichte erscheinen laßen. Die Verhältnisse in Persien, wo England offen eine Okkupationspolitik beginnt, sind gleichfalls nicht geeignet, ruhig den Dingen ihren Lauf zu laßen. Von einer Winter ruhe kennt man in den Kabinetten nichts, nur der D r e i - bund steht fester wie je, wie die Rede Aehrenthals an die Delegationen beweist. Und gerade, daß er dabei fast garnicht von Deutschland sprach, hat man hier mit beson derer Befriedigung und in dem Bewußtsein ausgenommen, daß die Bündnisse am besten sind, von denen am wenigsten gesprochen wird. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Vundessürsten und FUrstcnbund. „In unserer Zeit müßen die deutschen Vundessürsten treu zusammenstehen!" So sprach an der Festtafel im Schloße zu Neustrelitz unser König. Es war nicht das erstemal, daß er diesen Ruf ergehen ließ, schon bei früheren Staatsbesuchen hat er in seinen Trinksprüchen ähnliche Wendungen gebraucht, aber der besondere Hinweis auf die gegenwärtige Zeit gibt dem Appell eine verstärkte Bedeutung. Im Anschluß an das Wort unseres Königs, daß die deutschen Bundesfllrsten an gesichts der rücksichtslosen Propaganda der Sozialdemo kratie treu zusammenstehen müßen, bemerkt die „Allgemeine Zeitung" in Chemnitz: „Die Zeiten der Kabinettspolitik, in denen das Schicksal der Völker von den gegenseitigen Sympathien oder Antipathien der Fürsten abhing, sind zum Glück endgültig vorüber. Nicht rein dynastische Fragen können heute noch allein maßgebend sein für die Haltung der Mächte zu einander. Selbst die Bestimmung der Regierungsform muß schließlich jedem Volke überlassen blei ben. Ist dies maßgebend für Deutschlands auswärtige Politik, so liegen die Verhältnisse ganz anders, wenn es sich um die zum Deutschen Reiche gehörigen Bundesstaaten handelt. Hier gehen dynastische Interessen und die der monarchisch gesinnten Bevölke rung Hand in Hand. Mag immerhin eine radikal gesinnte fanatische Führerschaft und die gewissenlose, nur den Partei zwecken dienende Presse der Umsturzpartei unsere Fürsten ver unglimpfen und das Vertrauensverhältnis zwischen Fürst und Volk zu zerstören suchen. Wir danken in Deutschland für die Segnungen der republikanischen Staatsform, und darum be grüßen wir es im Interesse der gedeihlichen Weiterentwickelung der politischen wie wirtschaftlichen Verhältnisse Deutschlands, wenn seine Fürsten scharfe Wacht halten gegenüber dem drohen den Despotismus der revolutionären Sozialdemokratie." Der König von Sachsen über den päpstlichen Baron Mathhies. Wie die „Sachs. Zentral-Korresp." in Dresden, die kürzlich die Auslassungen des Königs Friedrich August zur Fleischteuerung brachte, aus guter Quelle erfährt, ist der König über die in dem Pamphlet des päpstlichen Ba rons vr. v. Matthies „Wir Katholiken und die — anderen" enthaltenen „apologetische Randglosse", (es werde „dereinst zum Totlachen sein, daß ein Duodezfürst, der über noch nicht 15 000 Kilometerquadrate Kulturboden „regiert", dem Papst einen Protest schreibt",) in hohem Grade ent - rüstet gewesen. Der König soll sich in sehr scharfen Worten Uber diese Beschimpfung seiner Person ausge sprochen haben, die um so unerhörter wäre, als er, der König, sich bewußt sei, mit seinem damaligen Protestbrief an den Papst gegen die Borromäus-Enzyklika nur das Beste, nämlich konfessionellen Frieden, ge wollt zu haben. Der „apologetischen Randglosse" würde weniger Gewicht beigelegt werden, wenn nicht ihr Ver fasser vr. Paul Mathies sich der besonderen Wertschätzung des Papstes erfreute, der ihn zum Baron und Alonsignore ernannte. Es erscheint nach Ansicht gutunterrichteter Per sönlichkeiten in der Umgebung des Königs Friedrich August von Sachsen nicht ausgeschlossen, daß der König ein neues Handschreiben an den Papst richtet, um Aufschluß darüber zu erhalten, ob der Papst diese Beschimpfung seiner, des Königs Person, billigt und welche Maßregeln er da gegen zu unternehmen gedenkt, damit nicht diese Be schimpfung in einem von: Papst sonst sicherlich gut ge heißenen Schriftstück bestehen bliebe. Denn aus den „Index" verbotener Bücher kann das Mathiessche Pamphlet nicht gesetzt werden, da es nicht gegen die Kirchenlehrer verstößt. In den Kreisen des katholischen Klerus in Dresden befindet man sich dieser Angelegenheit wegen in großer Bestürzung. — Wie die genannte Korrespondenz weiter erführt, hat man sich auch in maßgebenden Regierungs- und Justizlreisen eingehend mit der gegen den sächsischen König gerichteten Schmähschrift des päpstlichen Barons beschäftigt und auch die Frage ventiliert, ob eventuell gegen den Verfasser straf rechtlich vorzugehen wäre. Da aber letzterer sich zur Zeit nicht aus deutschem Boden befindet, sondern sich in Rom aufhält, so ist die Erledigung dieser Frage einstweilen zu- rückgestellt worden. Man ist aber in Dresdner juristi schen Kreisen der Ansicht, daß der Majestätsbeleidigungs- Paragraph nicht heranzuziehen ist. Die Wirkung des sächsischen Pluralwahlsystems. In Sachsen besteht bekanntlich seit kurzem das Pluralwahl system, das die Landtagswähler in vier Klasse» mit 1 bis 4 Stimmen einteilt. Nur hierdurch ist es möglich, den Einzug einer sozialdemokratischen Mehrheit in den Land tag zu verhüten. Natürlich wüten die Sozialdemokraten gegen dieses „niederträchtige" System und verlangen immer wieder das Reichstagswahlrecht. Wie dieses bei der letzten Wahl am 18. Oktober im 5. Leipziger Wahlkreise, in dem die bürgerlichen Parteien die Stimmenmehrheit haben, gewirkt haben würde, zeigt die nachfolgende Zahlen zusammenstellung, welche die „Leipz. Volksztg." zum Be weise der „Brutalität" des sächsischen Pluralwahlrechts bringt. Das Blatt schreibt: „Für den sozialistischen Kan didaten gaben 4720 Wähler 7712 Stimmen ab, für den Nationalliberalen 347!) Wühler 10 703 Stimmen, für den Konservativen 015 Wühler 1934 und für den Antisemiten 498 Wühler 1520 Stimmen. Im Durchschnitt hatten somit die nationalliberalen und konservativen Wühler 3,1 Stim men abgegeben, die antisemitischen Wühler 3 Stimmen und die sozialdemokratischen Wühler nur 1,38 Stimmen. Alle drei bürgerlichen Parteien brachten zusammen 4582 Wähler, aber 14 217 Stimmen auf, die Sozialdemokratie dagegen 4720 Wähler, also 138 mehrals die bürgerlichen Parteien, jedoch nur 7712 Stimmen. Die sozialdemokrati sche Wählermehrheit hat somit nur ganz wenig mehr als die Hälfte Stimmrecht gegen die bürgerliche Wähler minderheit . . . Bei gleichem Wahlrecht hätte der So zialdemokrat mit 138 Stimmen Mehrheit im ersten Wahl gange über alle drei bürgerlichen Gegner den Sieg davon getragen." — Die Herren Genossen können trotzdem mit dem jetzigen Wahlrecht wohl zufrieden sein, denn unter 91 Abgeordneten in der Zweiten sächsischen Kammer be finden sich 25 Sozialdemokraten. Wir meinen, das genügt vollkommen zur Vertretung ihrer Interessen. Trotz dem aber tobt die sozialdemokratische Preße fortwährend über „Vergewaltigung" und „Volksentrechtung". Eine Konferenz der sächsischen Hansabnnds-Ortsgruppen fand dieser Tage inDresden unter dem Vorsitz des Vize präsidenten des Hansabundes, vr. Albert Steche- Leipzig, statt. Man beschloß, um ein Zusammenwirken der sächsi schen Ortsgruppen des Hansabundes herbeizufiihren und namentlich auch die speziell sächsischen Interessen innerhalb der Bestrebungen des Hansabundes zur Geltung zu bringen, eine ständigeLandeskonferenz der Vorsitzen den der sächsischen Hansabunds-Ortsgruppen einzurichten. Die Konferenzen sollen abwechselnd in verschiedenen Städten Sachsens abgehalten werden, um möglichst enge Fühlung mit allen Ortsgruppen zu ermöglichen. Ferner wurde empfohlen, die innerhalb der einzelnen Kreishaupt mannschaften liegenden Ortsgruppen mit der größten Orts gruppe als Vorort zu Einheiten zusammenzufaßen. Die weitere Aussprache betraf die Frage der Durchführung der Organisation des Hansa-Bundes in Sachsen.