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B MtzenerD Nachrichten. Verordnungsblatt der Kreishauptmannschast Bautzen als Konfiftorialvehörde der Oberlausttz. AmLsölatl der Amtshauptmannschasten Bautzen und Löbau, deS Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, ingleichen der Stadträtr zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgcmeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels- und Gewerbekammer zu Zittau. Erscheinungsweise r Täglich abend» mit Ausnahme der Som», und Feiertage. Gchriftleituug «nd Geschäftsstelle» Bautze», Innere Lauenstraße 4. Fernsprecher: Rr. 51. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautzen. Bezugspreis pro Monat» Bei Abholung In der Geschäftsstelle —.90 ./l bei freier Zustellung ins ssauS 1.— Anzeigenpreis r Die kaespaltene Petitzeile oder deren Raum 15 Pfennige, in geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen» Die Jgespaltenr Petitzeilc 50 Pfennige. «r. 231. Mittwoch, de« 5. Oktober 1910, abeuds. 12S. Jahrgang. Das Wichtigste vom Tage. * In P o r t u g a l ist eine Revolution zum Sturze des Königtums und zur Errichtung einer Republik ausgebrochen. Heer und Flotte sollen revolutionär, der König gefangen, das Palais erstürmt sein. * InLi > sabon wurde der berühmte Irrenarzt vr. B om bar d a, ein Anhänger der k l e r i k a l e n Partei, von einem an geblich wahnsinnigen Offizier erschossen. Die russisch-persische n Unterhandlungen über die Zurückziehung der russischen Truppen sind abgebrochen worden; die russischen Truppen haben Winterquartiere bezogen. Der südafrikanische Premierminister Botha und der bisherige Finanzminister Hull, die bei den Wahlen zum Unionparlament unterlegen waren, haben die Mandate an genommen, die ihnen in Losberg bezw. Barberton angeboten worden sind. Der demokratische Parteitag zu Rochester (N.-V ) hat John A. Dix für den Posten eines Gouverneurs des Staates New - Pork als Kandidaten aufgestellt. * Die Einigungsverhandlungen zwischen den englischen Spinnereibesitzern und den Vertretern von 150 000 aus gesperrten Arbeitern sind gescheitert. Die Aussperrung dauert fort. * In Leipzig begann vor dem Schwurgericht heute der Prozeß gegen das Mörder- und Erpresserpaar Karl und Fritz Koppius. * Bei einem Eisenbahn-Zusammenstoß in der Nähe von Gillespie wurden 3 7 Personen getötet. * Wetteraussicht für Donnerstag: Abnahme der Bewölkung, wärmer, kein erheblicher Niederschlag. * Ausführliche» sieh« an anderer Stelle. Ausbruch einer Revolution iu Portugal. Am 1. Februar 1908 waren König Carlos l. von Por tugal und der portugiesische Kronprinz Ludwig Philipp, Herzog von Braganza, einem Anschläge republikanischer Meuchelmörder auf die gesamte königliche Familie, als diese in die Residenz Lissabon zurückkehrte, auf öffentlichem Platze zum Opfer gefallen. Schon damals befürchtete man einen gewaltsamen Umsturzder Regierungsform zu Gunsten der Republik, deren Anhänger im Lande bedeutende Fortschritte gemacht hatten. Der neuen Re gierung des zum Könige ausgerufenen sehr jugendlichen Prinzen Manuel gelang es aber diesmal noch, den Sturz der Monarchie aufzuhalten. Im Lande breitete sich aber — namentlich in der Provinz — der republikanische Gedanke dank einer geschickten Propaganda im stillen immer mehr aus, und erst vor kurzem besagte eine auch von uns wiedergegebene Lissaboner Depesche, daß die re publikanischen Putsche und Kundgebungen in der Provinz einen derartigen Umfang angenommen hätten, daß die Polizei dagegen machtlossei und die Bewegung nicht mehr aufhalten könne. Es zeigte sich eben auch in dem von Parteiungen zer rissenen kleinen Königreich Portugal, bei dem der frühere, so reiche Quell der Wohlhabenheit aus blühenden Kolo nien schon längst versiegt war, die Wahrheit des alten Wortes: „Wehe dem Lande, des König ein Kind ist!" Die königliche Autorität schwand immer mehr, re publikanische und sozialistische Ideen aus dem benachbarten Spanien und noch mehr aus dem ebenfalls nahen Frank reich fanden immer weitere Ausbreitung, geschürt von er fahrenen Agitatoren und Parteiführern. Die Bewegung bemächtigte sich auch der höheren Gesellschaftskreise, Heer und Flotte blieben von ihr nicht verschont. So nahm es uns denn nicht allzu sehr wunder, als am heutigen Mittwoch vormittag der Draht folgende, von uns bereits durch Sonderausgabe veröffentlichte Depesche brachte: „M a d r i d, 5. Oktober. Hier ging aus Santander von einem deutschen Schiff, das vor Lissabon ankert, eine Meldung ein, wonach in Lissabon die Revolution ausgebrochen ist. Kriegsschiffe bombardieren das K ö n i g s p a l a i s, wo die Revolutionäre die re publikanische Fahne hißten. — Von anderer Seite wird gemeldet, daß derKönig bereits gefangen genommen worden sei." Weitere Meldungen folgten auf dem Fuße und be stätigten diese Meldung. Sie ergaben, daß in Portugal am Dienstag nachmittag der gesamte Hafen- und Eisenbahn verkehr stockte. Ueber die Ursache war nichts bekannt. Große Hamburger Firmen hatten seit mittag keine Nach richten aus Lissabon. Wie ein Hamburger Großkaufmann, der auch nach Portugal exportiert, dem „Hamb. Korresp." mitteilte, handelte es sich anscheinend um den Ausbruch des vor einiger Zeit angekündigten Eisenbahner st reiks. Doch es «ar Schlimmeres. Ernste Unruhen politi schen Charakters waren in Lissabon ausgebrochen. Die Leitung des geheimen Revolutionsausschusses hatte die Verkehrsverbindungen im ganzen Lande unterbrochen, die Telegraphendrähte zerschneiden lassen. Zn der Haupt stadt tobten Straßenkämpfe, wobei die Republikaner einige Erfolge gehabt hätten. Nach einer weiteren Meldung aus Paris soll der „Matin" ein drahtloses Telegramm erhalten haben, wonach in Lissabon eine Revolution ausgebrochen sei. Armee und Flotte hätten fürdieRevoluti- onäre Partei ergriffen. Kriegsschiffe bombardierten den Palast. Das Blatt meldet ferner, ohne die Quelle anzu geben, daß König Manuel gefangen genommen worden sei. Eine beim portugiesischen Konsulat in Paris von privater Seite aus Portugal eingetroffene Depesche bestätigt den Ausbruch der Revolution. Der Sturz des portugiesi schen Königshauses, die Umwandlung des Landes in eine Republik sind demzufolge nicht unwahrscheinlich, und für das benachbarte Spanien, in dem ganz ähnliche Ver hältnisse und Zustände wie in Portugal herrschen, erwachsen daraus die fatalsten Aussichten. E » » Letzte Meldungen. Madrid, 5. Oktober. Der „Agence Havas" wird aus Santander gemeldet, der deutsche Dampfer „Para nagua" habe soeben ein Marconitelegramm von dem vor Lissabon ankernden Dampfer „Cap Blanco" derselben Ge sellschaft erhalten mit der Mitteilung, daß in Lissabon die Revolution ausgebrochen sei und das Königliche Palais von Kriegsschiffen dort bombardiert werde. Die Revolu tionäre hätten die Königliche Fahne vom Schloß herunter geholt und dafür die republikanische Flagge gehißt. Pari», 5. Oktober. Der hier weilende Führer der portugiesischen Republikaner, Dom Magel - Haes-Lima, erklärte einem Mitarbeiter des „Matin": „Die Revolution überrascht uns nicht. Wir haben sie seit langem angekündigt. Wir hatten gehofft, daß die Aen- derung der Regierungsform sich in Ruhe und Ordnung lediglich durch die Wirkung des frei ausgedrückten Volks willens vollziehen werde. Die Hartnäckigkeit und Ver blendung der Machthaber haben dies nicht ermöglicht." Marokko, Frankreich und Spanien. Während die Geschäftswelt in Marokko, die ein heimische wie die fremde, die Beendigung der andauernden kommerziellen Stagnation herbeisehnt, wird die geschäft liche Unsicherheit infolge der Gestaltung der politischen Lage immer größer. Die Zuspitzung der Differenzen zwi schen dem Sultan und Spanien einerseits, Spanien und Frankreich andererseits lassen die marokkanische Frage für unabsehbare Zeit als einen Gordischen Knoten erscheinen, den zu durchhauen niemand den Mut und die Macht hat. Es fehlt nicht an beruhigenden Anzeichen. Mulay Hafidhat sich mit seinem Bruder MulayKebir, dem letzten der Prätendenten, geeinigt, seine Herrschaft im Lande wird nicht mehr bestritten. Der Sultan und Frank reich haben — vorläufig — einen moäus vivenäi gefunden, und die wirtschaftliche Erschließung Marokkos unter Frank reichs Führung könnte zum Heile der Geschäftswelt be ginnen. Aber sie beginnt nicht. Nachdem Frankreich in Marokko ganze Provinzen be setzt, sein Ansehen im Lande und seinen Einfluß am Sul tanshofe erstaunlich gehoben hat, will auch Spanien seine Ernte halten. Es verlangt vom Sultan „Kriegsentschädi gung", wie sie Frankreich für die „friedliche Durchdrin gung" der Schauja erhielt. Marokko zahlte an Frankreich. Das war ein Geschäft in sich; denn Frankreich bezahlte sich selbst aus der von ihm bewilligten Anleihe. Wenn Spanien Geld non Marokko erhalten soll, das niemals Geld hat, so entsteht wiederum die Frage: „Wer zahlt?" Die „Depeche Marocains", das Tangerer französische Gesandt schaftsblatt, führt in einer ihrer letzten Nummern aus, daß Frankreich, der „Bankier der Welt", keineswegs gesonnen ei, sein Geld zum Nutzen anderer Leute auszuleihen, weder :n der Türkei, noch in Marokko, noch sonst wo in der Welt. Diese Auslassung, die in Hinsicht auf das deutsch- ranzösischeMarokkoabkommenzu denken gibt, enthält auch den Schlüssel zum Verständnis der gegenwär tigen französisch-spanischen Verstimmungen. Die Artikel des Madrider „Jmparcial", der in ge harnischter Sprache dafür eintritt, daß die Ereignisse um Melilla für Spanien denselben Nutzeffekt ergeben wie die Ereignisse in Casablanca für Frankreich, ist in französi- chen Kreisen Tangers, der zweiten Hauptstadt des Landes, viel bemerkt worden. Die „DLpöche Marocains" spricht ihre Verwunderung über die „Lebhaftigkeit der spanischen An griffe gegen Frankreich" aus. Frankreich, der natürlich Bankier Marokkos, wäre die berufene Instanz, um die spanische Forderung zu erfüllen. Aber es hält seine Millionen fest. Zn Geldsachen hört die Gemütlichkeit auch des französisch-spanischen Einvernehmens auf. Der Sultan für seinen Teil bestreitet Spanien das Recht zur Forderung einer Kriegsentschädigung. Er hatte auch Frankreich dieses Recht bestritten, aber er hatte nicht die Macht, um mit seiner Argumentation durchzudringen. Will Spanien die Frage auf dem Boden der Machtver hältnisse lösen, so würde das einen neuen Feldzug in Ma rokko erfordern. Dieser Feldzug würde nicht leicht und wiederum kostspielig sein. Denn die Rifstämme sind gutgerüstst, und Frankreich wacht eifersüchtig über die tnritoriale Ausdehnung Spaniens in Marokko. Denn ein Marokko, in dem Spanien ausgedehnte Küstenreiche mit schwunghaftem Handel und tief reichendem Hinterland be säße, wäre für Frankreich nicht die „schönste Krone" seines afrikanischen Kolonialreiches, von dem die französischen Nationalisten träumen. Die Worte, die General d'Amade im Oktober 1909 zu einem französischen Journalisten äußerte, um die Leiter der französischen Marokkopolitik gegen die territorialen Erfolge Spaniens in Marokko scharf zu machen, sind nicht vergessen. Sie haben trotz der vor übergehenden Maßregelung des Generals gezeigt, daß es auch zwischen Frankreich und Spanien so etwas wie eine Marokkofrage gibt. Unter den vorstehend dargelegten Umständen muß man die Verhandlungen El Mokris in Madrid mit ge spannter Aufmerksamkeit verfolgen. Zn einem Punkte sind diese Verhandlungen für Frankreich genannt. Sie ent halten die Gefahr, daß Spanien die Theorie der „pönL- tration paclüqus" all sbsuräum führt. Denn SS ist, gleich viel ob Frankreich oder Spanien in Betracht kommt, ein merkwürdiges Unterfangen, einem Sultan, den man in Algeciras seine Souveränität und die Integrität seines Staates garantiert hat, Kriegslasten dafür aufzuerlegen, daß man ihm Gebiet genommen hat. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Für Dienstreisen für Mitglieder des Stadtverordneten kollegiums hat der Rat zuDresd en vom Zahre 1911 ab einen Betrag von 4000 Mark jährlich in den Haushaltplan eingestellt. Das Stadtverordnetenkollegium hatte bekannt lich seinerzeit einen diesbezüglichen Antrag an den Rat gestellt. Die den Stellenoermittlern zukommenden Gebühren sind bekanntlich nach 8 5 des am 1. Oktober 1910 in Kraft tretenden Reichsgesetzes über die Stellenvermittler vom 2. Juni 1910 von den unteren Verwaltungsbehörden festzu- etzen. Der Rat zu Dresden hat in seiner letzten Sitzung den Entwurf eines Eebührenverzeichnisses für die Stellenvermittler in Dresden zunächst für die Dauer eines Jahres genehmigt. Hiergegen haben die Stellenver mittler in einer am Sonnabend stattgefundenen stark besuchten Versammlung Protest erhoben. » » * ——— Delbrück in Hamburg. Staatssekretär Delbrück, der am Dienstag vormittag in Begleitung des Direktors im Reichsamt des Innern v. JonquiLres und des Geheimen Ober-Regierungs rates Dammann hier eingctroffen war, machte im Laufe des Nachmittags eine Rundfahrt durch den Hafen, wobei die Aus wandererhallen, die Vulkanwerft und die Werft von Blohm L Voß besichtigt wurden. Am Abend folgten die Herren einer Ein ladung des Senats zu einem Festmahl. „Eermanisierung ist doch Protestantisterung" ruft die Zentrumspresse wieder einmal frohlockend aus. Sie teilt die Ergebnisse der Berufs- und Betriebszählung für die Stadt Posen mit, aus der erhellt, daß der Anteil der Protestanten an der Beamtenschaft stärker ist als der An teil der Protestanten an der Gesamtbevölkerung der Stadt. Dazu schreibt Prof. Buchholz- Posen: Diese Tatsache ist längst allgemein bekannt, auch die Gründe dafür, daß die Zahl der „katholischen" Beamten in Posen und West- preußen geringer ist, als manchem erwünscht sein mag, sind schon mehrfach dargelegt worden. Bis in die neunziger Jahre hinein bildeten Polen das Eros der mittleren und unteren Beamtenschaft in den beiden Provinzen. Das führte, je schärfer die Polen in Gegensatz zum Deutschtum traten, an vielen Amtsstellen zu unleidlichen, ja unhalt baren Verhältnissen. Die deutschen Beamten, ob sie nun katholisch oder protestantisch waren, fühlten sich „verraten und verkauft". Die Polen sprachen unter sich fast nur pol nisch und hüteten das Amtsgeheimnis gegenüber ihren Volksgenossen selbst in bedeutsamen Fällen nicht. Zn kirch licher Beziehung hatten die deutschen katholischen Beamten