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AmliMrD Nachrichten. Verordnungsblatt der Kreishauptmannschaft Bautzen als Konfiftorialbehörde der Oberlaufitz. Amtsökatt der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Hermhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, ingleichcn der StadEr zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels- und Gewerbekammer zu Zitiau. Erscheinungsweise» Täglich abend» mit Ausnahme der Sonu- und Feiertag«. Schriftleitung und «eichäftssteve» Bautzen, Innere Lauensiraße 4. Fernsprecher: Nr. 5t. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautzen. Bezugspreis pro Monat, Bei Abholung in der Geschäftsstelle - .80 >» bet freier Zustellung tn« Hau» 1.— » Anzeigenpreis: Die 6qespaltene PelitzeUe oder deren Raum 15 Psennigk, tn geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die ^gespaltene Petitzelle 50 Pfennige. Rr. 28». Mittwoch, den Ll. Dezember abends. 129. Jahrgang. Tas Wichtigste vom Tage. Landgerichtsdirektor N i t s ch e in D r e s d e n ist vom 1. Ja nuar 1911 ab als vortragender Rat ins sächsische Justizministe rium berufen worden. * Die Stuttgarter Zentralstelle für Landwirtschaft hat beschlossen, zur allmählichen A u s s ch a l t u n g des Z w i s che n- handelsfür ganz Württemberg eine Viehverwaltungs- Zentralezu schaffen. * In England sind die P a r l a m e n t s w ah l e n gestern abend um 6 Uhr beendet worden. Die endgültigen Zahlen für die Gewählten sind: 271 Liberale, 272 Unionisten, 43 Arbeiter, 74 Nedmondisten, 10 O'Brienisten. Die Liberalen verloren 3, die Unionisten 1 Mandat. Der Vatikan hat sich zu Einschränkungen des Moder nist e n e i d e s entschlossen. Der Thronfolger Alexander von Serbien beabsichtigt, sich mit der Tochter des russischen Großfürsten Konstantin Konstantinowitsch, des Präsidenten der Petersburger Akademie der Wissenschaften, zu verloben. . * InMexiko haben bei Maipaso zweitägige Kämpfe stattgefunden, bei denen Regierungstruppen und Aufständische schwere Verluste erlitten. Die Insurgenten überfielen außer dem in einem Gebirgspasse einen Eiscnbahnzug mit Re gierungstruppen, denen sie einen Verlust von 21 Toten und 42 Verwundeten, darunter der Kommandeur Oberst Kuzman, zu fügten. * In Honduras versuchte Oberst Albarato den Präsi denten Davilo zu stürzen, wurde aber mit seinen Truppen nach San Salvador hinübergedrängt, wo der Präsident des letzteren ihn aufgefordert hat, sich zu ergeben. * Major Hans Dominik, von der Schutztruppe in Ka merun, ist auf d.r Heimreise an Bord des Dampfers „Eleonore Woermann" gestorben. * Wetteraussicht für Donnerstag: Heiter kälter, trocken. ' Ausführliche» siehe an anderer Stelle. Gefühl und Politik. Während die ausländische Presse teils mit offener Aner kennung, teils mit Mißgunst, die noch mehr bedeutet als Anerkennung, von dem Erfolge spricht, den die deutsche Politik durch die Herstellung eines guten und auf eine Vereinbarung gegründeten Verhältnisseszu Ruß land erzielte, läßt ein Teil der deutschen Presse nicht nach, der russischen Regierung und auch der Presse vorzu werfen, daß man den Finnländern ihre überlieferte Selbst ständigkeit zu nehmen im Begriss steht, und ebenfalls be absichtigt, das deutsche Element in Rußland zu unter drücken, es zu „russifizieren" und zwar mit Mitteln, die zum Teil hart und gewaltsam sind. Um mit Finnland zu beginnen, ist es gewiß geeignet, menschliche Teilnahme in hohem Grade zu erregen und darüber hinaus auch noch Be dauern zu erwecken, daß ein hoher kulturfähiger Volks stamm wie der der Finnen als solcher vernichtet werden soll. Nicht umsonst rief in jener entscheidenden Duma sitzung nach der Abstimmung der Abgeordnete Purischke- witsch „Lvis känlanckiae!" Auch in anderen Ländern als in Deutschland wird dieses Bedauern geteilt, und in Frankreich führte es zu einer an die russische Duma gerichteten Entrllstungsadresse seitens einer großen Anzahl von Parlamentsmitgliedern. Selbst in England hat sich, wenn auch mit größerer Zurückhaltung, die öffentliche Meinung gegen die Vergewaltigung Finnlands ausge sprochen. Es ist ganz selbstverständlich, daß solche Kundgebungen auf einen Erfolg in keiner Weise rechnen können. Wohin sollte das auch schließlich führen? Ebenso gut könnten wir dann den Irländern auf dem Wege der Kundgebung ihre Home rule besorgen oder England und Frankreich die preußischen und russischen Polen „befreien". So sym pathisch uns auch der finnische Stamm sein mag, so voll kommen man anerkennen muß, daß mit dem nationalen finnländischen Eigenleben auch ein Kulturfaktor verschwin den wird, so müßen wir Deutschen uns unter dem Gesichts punkte der auswärtigen Politik doch sagen, daß es not wendig ist, gewiße Gefühle zurückzudrängen und nicht in lauten Tönen vor die Oeffentlichkeit zu bringen: denn es handelt sich ausschließlich um Rußlands innere Angelegen heiten. Jr den Zeiten, wo es nur einen geographischen Begriff Deutschlands gab, konnte sich der Deutsche leisten, als „Hans Dampf in allen Gassen" überall seine guten Rat schläge zu erteilen und seine Freude oder Entrüstung über irgendwelche Vorgänge in anderen Ländern in die Welt hinauszuposaunen. Das Vergnügen war billig: denn man ließ ihn reden, ohne allerdings auf ihn zu achten, aber es schadete ihm auch nichts weiter. Heute hat sich das geän dert, das Ausland und besonders das empfindliche Ruß land verfolgt aufmerksam alle deutschen Aeußerungen. Der Deutsche, der sich heute als Allerweltsrichter um die Vor gänge in anderen Staaten kümmert, übernimmt damit eine schwere Verantwortung: denn er ist Angehöriger eines großen Reiches, für dessen Gedeihen und Machtstellung die Beziehungen mit anderen Staaten von größter Bedeutung sind. Diese Beziehungen zu stören und so dem eigenen Reiche zu schaden, ist eine unpatriotische Hand lung. Die Gewißenspslicht des „Kulturmenschen", von der mir in dieser Verbindung manchmal lesen, steht weit zurück hinter der unmittelbaren Pflicht des Deutschen seinem Vaterlands gegenüber. Dasselbe gilt, wie schwer es uns auch ankommen mag, hinsichtlich der Behandlung des deut schen Elementes in Rußland. Man mag es bedauern, mag es unverdient finden, mag es beklagen und wünschen, Helsen zu können, das ändert nichts an der politischen und nationalen Pflicht, sich auch hier nicht in die Angelegen heiten unseres Nachbarreiches zu mischen. Auch wir Deutsche wollen, daß man uns innerhalb unserer Landes grenzen in Ruhe läßt. Es sei zugegeben, daß hier ein Widerstreit zwischen Volksgesühl und politischer Ueberlegung stattfindet. Leichter wird der Verstand in diesem Kampfe siegen, wenn man erwägt, daß es nicht F u r ch t ist, n i ch t S e r v i l i t ä t, sondern Erfüllung der nächstliegenden Pflicht, dem eigenen Lande zu dienen, wenn nicht nur für die amtliche Politik, sondern auch für die öffentliche Meinung in Deutschland als Pflicht hin gestellt werden muß, eine Kritik oder gar Mißbilligung der russischen Maßnahmen zu unterlaßen. Wir sind jetzt auf dem Wege, in Beziehungen zum russischen Reiche zu gelangen, die dem Deutschen Reiche von außerordentlichem Nutzen sein werden. Es wäre töricht und schädlich, hier durch unüberlegte Gefühlsäußerungen zum Wiederaufleben politischer Verstimmungen beizu tragen. Reichsrat und Reichsduma. Seit geraumer Zeit besteht zwischen Reichsrat und Duma ein scharfer Gegensatz: er ist, wie dem Führer der Oktobristen Gutschkow vom Zaren gesagt wurde, eine natürliche Folge des Zweikammersystems. Im Oberhaust sitzen nun einmal die be dächtigen Alten, während sich die Jungen in der Neichsduma wie die Füllen auf der Wiese tummeln. Dieser Gegensatz wird von der Presst der Linken in recht düsteren Farben ausgemalt, da er es vereitelt, daß die Linke auch nur einen ihrer Gedanken in die Tat umsetzen kann. Aber er ist auch ohne die Linke bedauerlich, zumal vom deutsch-nationalen Standpunkte. Allerdings befindet sich im Reichsrate eine kleine Gruppe von D e u t s ch b a l t e n, die zu den besten Männern des Balten londes gerechnet zu werden verdienen und deren Ansichten seitens der übrigen Mitglieder hoch geachtet werden. Diese Männer sind gut monarchisch gesinnt, nach baltischer Art gut konservativ und deutschnational zugleich, und wenn sie reden, hat es Hand und Fuß: sie drechseln keine Phrasen. Ab^r sie sind nur ein kleines Grüppchen, und im großen und ganzen laufen ihre Erfolge aus dasselbe hinaus wie die der deutsche» Reichsduma-Abgeordneten, welche Männer vom gleichen Kaliber sind: man bewundert ihre Korrektheit, bleibt aber selbst in korrekt. In ihren Kreisen glaubt man zu wissen, daß die Re gierung einen Druck auf das Oberhaus aurllben werde, damit sich dieses der Reichsduma gegenüber nicht prinzipiell ablehnend verhalte. Ob die Regierung aber damit Erfolg haben wird, wo selbst der Vorsitzende des Ministerrats wie früher mehrfach so auch kürzlich den Kürzeren ziehen mußte, als er den von der Reichs duma angenommenen Regierungsentwurs Uber die Reform des statistischen Wesens im Reiche durch seinen Gehilfen Krysha- nowski vertreten ließ? Es darf nicht vergessen werden, daß der Reichsrat, wie er hier heißt, das campo 8»nto, die Sammel- stütte sowohl der Vorgänger Stolypins als auch ihrer Getreuen ans der vorstolypinschen Zeit ist. Nennen wir nur den Grafen Witte, dessen Nachfolger Eorempkin, Wittes Kabinetts kollegen und Antipoden D u r n o w o, dann die Minister a. D., d.e aus dem Stolypinschen Kabinett ausscheiden mußten, weil sic entweder zu rechts oder zu links oder aber auf Stolypin persön lich nicht gut zu sprechen waren. Mag das Vertrauen zu Sto- b pin auch noch so groß sein: auch andere Leute genießen dieses Vertrauen und Stolypins Anhang im Reiche ist gar nicht so groß, wie es scheint, weil seine Freunde zu seinen Mitarbeitern in den Negierungsämtern gemacht worden sind und die Majori tät in der Neichsduma erhalten haben. Das vom Schwager Stolypins Neid hart geleitete Zen trum. des Neilhsrats, die Nalisäulisie» and zum Teil auch oie Oktobristen in der Reichsduma sind Stolypins Kampsschar. Dieser gegenüber steht die Rechte und die Linke beider Kammern. Letz tere ist der Hemmungspolitik des Neichsrats durchaus nicht hold, sieht sich aber oft gezwungen, sie mitzumachcn, wenn es gilt, Sto lypin eine Schlappe zu bereiten. Ihre Gesetzgebung scheitert, wenn sic in der Neichsduma dnrchgedriickt ist, im Reichsrate ohne weiteres. Die Neichsduma hat der Negierung in der Volksschul frage leidlich weitgehende Zugeständnisse für den Unterricht der Nichtrusscn in ihrer Muttersprache, zumal eine Lebensfrage der Deutschen in Rußland, abgetrotzt. Das geschah nur infolge des Zusammengehens des linken Flügels der Oktobristen mit der ge schloßenen Opposition links und der Stimmenthaltung der den ganzen Entwurf prinzipiell verurteilenden Opposition rechts, vor allem aber wegen der Zerfahrenheit der Oktobristen. Die deut schen Konservativen, die nicht russisch-konservativ sind, haben ihre Freude daran. Ob dieser Erfolg aber auch im Reichsrate durch geht, ist sehr die Frage. Ein großer Teil des Oberhauses würde Stolypin diese Un annehmlichkeit gern bereiten. Diese Herren aber gehören zumeist selbst zu den Leuten, die im alten Regime den Unterricht der Nichtrussen in ihrer Muttersprache aus bureaukratischen Grün den ebenso abgeneigt waren, wie es Stolypin aus nationalisti schen ist. Dazu kommt, daß Stolypin im Negierungsentwurfe selbst den Nichtrussen einige sehr wenig weitgehende Kon zessionen gemacht hat. Diese könnten zum Angriffspunkte gegen ihn ausgenutzt werden, wobei die Zugeständnisse der Neichsduma in denselben Topf wandern würden. Ein großer Teil der Reichs- ratsmitglieder, mit Durnow» an der Spitze, verhält sich zur Existenz der Neichsduma prinzipiell ablehnend. Er schlägt auf den Sack und meint Stolypin. Politische Nachrichten. Dentschcs Reich. Eine Erklärung des Prinzen Max. Zu der Angelegen heit des Prinzen Max von Sachsen ist in Dresden eine Zu schrift aus dem P r i v a t s e k r e t a r i a t des letzteren ein gegangen, die folgenden Wortlaut hat: „Zu einer näheren Antwort auf die gemachten Vorwürfe besteht vor läufig noch kein Grund, bevor nicht authentische Nachrichten aus Nom vorliegen, was bis jetzt nicht der Fall ist. Es sei nur soviel bemerkt, daß irgend eine Leug nung eines Dogmas der katholischen Kirche in dem Aufsatz des Prinzen Max von Sachsen nicht enthalten ist. Es werden darin nur die Schwierigkeiten hervorgehoben, welche die in neuerer Zeit definierten Dogmen speziell für den Orient eben mit sich bringen. Vom Zölibat ist in dem Artikel überhaupt keine Rede." Entgegen anderen Meldungen wird betont, daß Prinz Max zum bevorstehenden Weihnachtsfeste n i ch t i n D r e s- den erwartet und voraussichtlich auch nicht eintreffen wird. Ein Mitarbeiter der in Mailand erscheinenden „Perseve- ranza" hatte in Freiburg in der Schweiz eine längere U n - terredung mit dem Prinzen, in der ihm dieser über seine idealen Unionsbestrebungen und die Beweggründe, von denen er ausging, Ausschluß gab. Der Prinz erklärte, er habe nichts an deres gewollt, als für die Lösung eines Problems, das seiner An sicht nach die w i ch t i g st e F r a g e für die k a t h o l i s ch e Kirche sei, einen Beitrag zu leisten. Angesichts des Umstandes, daß sich die katholischen Völker von der Kirche abwenden, müßten diese durch die orthodoxen Nationen ersetzt werden. In der Zeitschrift „Rom und der Orient" habe er keinen aggressiven Ton gegen die verirrten Brüder angeschlagen, sondern Entgegen kommen und Unparteilichkeit beweisen zu müssen geglaubt. Die katholische Kirche sei ja auch immer bereit gewesen, den Orien talen vollkommene Freiheit der Riten zu gestatten. Die Schwie rigkeit liege nur in einigen dogmatischen und disziplinären Punkten. Der Prinz sprach dann von der Teilung der orientali schen Kirche in verschiedenen Neligionszentren, die es als ganz unbegründete Forderung erscheine» lasse, wenn orientalische Theologen die Unterwerfung der katholischen Kirche verlangten. Uebrigens spreche auch das gefährliche Vordringen des Protestantismus und der innere Kampf in den ortho doxen Kirchen dafür, daß der richtige Moment gekommen sei, die Einigung anzustreben. Der Prinz erklärte, er habe sich in vollem Einklang mit der Kirche geglaubt, wenn er sich in seinem Artikel entgegenkommend gezeigt habe. Er sehe ein, daß er sich getäuscht habe und werde als Priester seine Pflicht zu tun wissen. Aber bisher habe er von Rom keine Aufforderung, seine Ansichten abzuschwören, oder auch nur eine Verurteilung seines Artikels erhalten, mit Ausnahme der Veröffentlichung des „Osservatore Romano". Zweitens betonte der Prinz, die ganze Angelegenheit ei persönlich und gehe Sachsen nichts an. Einfuhr von französischem Vieh in Sachsen. Der Kö- mglich sächsische Gesandte in Berlin ist von der sächsischen Regierung telegraphisch angewiesen worden, bei der Reichs regierung zunächst die Genehmigung zur Einfuhr franzö sischen Viehes für Schlachtviehhöfe in Dresden, Leip zig, Chemnitz, Plauen und Zwickau zu bean tragen Zur Frage der Fleischteuerung hat der Verband Sächsischer Industrieller der Königlich Sächsi schen Staatsregierung folgende Erklärung abgegeben: „Anläßlich der gegenwärtigen Fleischteucrung hat der Ee- snmtvorstand des Verbandes sächsischer Industrieller sich in seiner Sitzung am 1t>. Dezember d. I. mit der Frage der Ergreifung von Maßnahmen gegen diese anhaltende Teuerung besaßt. Der Eesamtvorstand war einstimmig der Meinung, daß bei Auf-