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Dresdner Nachrichten : 12.07.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-07-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-188707120
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18870712
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18870712
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-07
- Tag 1887-07-12
-
Monat
1887-07
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 12.07.1887
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bannung, nach Clernwut-Ferr «ab sich em Gcuchtsschreibcr des KrictzöininisteriuniS -um General, um vielem zu bedeute», daß die Stunde zur Ausführung des richterlichen Spruches geschlagen habe. Der General ergab sich machte sorgfältig 'o> Varltz. Ln .Ftaaro' bespricht bi« Ovakkonen. welch« Bou« langer am Bahnhof aevracht wurden, mit beißendem Spotte und vrmflirt dessen Nebersiedelung tolgenvermabrir: Gestern fand die Uebersühruna des verurtheillcn Boulanger an den Ort seiner Ver» Ferrand, statt. Abends gegen 6 Uhr be eral, des s gelchiagcn habe. Der General ergab willenlos in sein Cchichal, machte sorgfältig Toilette und wurde »nttclst Fiaker nach dem Lyoner Baluchm gebracht. Dort erwartete ihn ein Gesangenwagen erster Elasse, welchen Boulangcr mit Rc- sianation bestieg. Ennae Olsiuere nahnieu an ieiucr Seite Platz. Aon gutunterrichteter Seite wird jedoch behauptet, daß diese schein bare» Offiziere eimache Criininalgendarmcn in Verkleidung ge- wesen sind. Der Vernrthcilte kam in der Mvigcnitunde in Cler- mont-Jcirand an. Er wurde sofort in ein für die Eouimandantnr des dort stativnirendcn ArmeecorvS bestimmtes Gesäiignib internirt. Gemäß den Hausgesetzen wurde der Vernrthcilte in die vorschrifts mäßige Sträftingskleidung: Generalumsorm, Slcrncnkäpi und Einensäbel, eingeklcidet. Um 10 Uhr wurde er vor die Truppen gesährt, welche unter sein Cvmmando vcrurthcilt sind. Die Sol daten präleutirten mit Todesverachtung die Waffen und die Ta»>- bvure schlugen Geueralmarlch. Mit der gewohnte» Srelengröße ließ der Vernrthcilte Alles daS an sicl, Vvrnbernrhen. Gegen Mittag brachte mau ih» an den Ort seiner Gefangenschaft zurück, wo man ihm in seiner Zelle ein opulentes Frühstück servirte. Auch daü er trug der große General in Gemeinschaft mit einigen Offizieren ge duldig nnd ergab sich dann als Eoinmandant der braven Llnvcrgnaten in sein weiteres Schicksal, welches hoffentlich darin bestehen wird, baldigst vergesse» zu werden. — Am Sonnabend begannen unier kolossalem Zudrange des Publikums die Verhandlungen gegen den dreiiarhen Mürber Pranzini vor dem Gefchivoreiienhole. Pranzini ist unter erdrückenden Beweisen des Mordes der früheren Schau spielerin Ncgnanlt, deren Dienerin und der kleinen Tochter der letzteren angcklagt. Wahrend der ganzen, länger als zwei Monate dauernden Voruntersuchung hat Pranzini die Frechheit gehabt, trotzdem man alle der Aeanault gchürigen Schinuck- und Werth- gcgcnstünde bei ihm gesunden, nicht das Mindeste von dem Ver breche» eiiizugeslchk». Außer den wiederholten Betheuerungen. daß er nichts von der Ermordung der Regnault und der andere» beide» Ovscr wisse, ist keine Antwort von ihm zu erlangen gewesen. Der Nachweis, daß er sich ein scharfes Fleiichcruiesser gekauft habe, welches man bei der Ermordeten vorgesnndcn, die Blutflecke an seine» Kleidern, sein von Fingernägel» zerkratzter hals, seine Flucht und der Vernich, die geraubten Schninckgcgenstände zu veräußern, bringt ihn nicht im Geringsten ans der Fassung. Die Frage des Präsidenten, wo er die Nacht, in welcher der Mord verübt wurd«' zugcbracht habe, beantwortete er mit einem gleichgiltigen: Ich weih es nicht. Dir Verhandlung, welche mit Unterbrechung von zwei Stunden, von früh 9 Uhr bis Abends 6 Uhr dauerte, ergab, da Pranzini Alles leugnet, keine weiteren bcmerkenSwerthen Mo mente. — An de» Stationen Melun, Fontainebleau, Moral,' Ne mours re., welche Bonlangcr während seiner Reffe nach Clernivnt- Ferraiid passirte, wiederholten sich dieselben Manifestationen und Ovationen, deren Gegenstand er bei seiner Abreise von Parfs war. Am Bahnhöfe in Clcrinont-Ferrand erwartete ihn fast die ganze Stadt nnd empfing ihn mit betäubenden Hochrufen und VivatS. Abends waren fast sännntliche Ealehätffer und viele Gebäude der Stadt illnminirt nnd dccorirt. Selbst sein Rappe, ein Pferd im Wertbc von 10,000 Francs, welches mit dem nächsten Zug nach ihm kiiitras, wurde mit Acclamation empfangen. Italien. Ter Kreuzer „Goito" ist im Arsenal von Caslclla- mare glücklich vom Stapel gelaufen. Der „Goito". Thp Tripoli, kostet3 Millionen, ist ganz ans Stahl nnd soll eines der schnellsten Schiffe der italienischen Marine werden. Mit der Ausrüstung desselben wild sofort begonnen. In der Carabiiiieri Kasernc in Mantua ermordete der Carabiniere Nieolarzo einen schlafenden Brigadier mit sechzehn Messerstichen. Hieraus dnrchschnitt sich der Mörder die Kehle. Der vor einige» Tagen in Venedig nnsgebrochciie Streik der Tabakalbeiterinne» nimmt überhand: bis fetzt ist die Zahl der Streikenden 1500. Die Nutze wurde bisher noch Nicht gestört. Schwei; Die Mrnscheninasse, welche sich ncngicug zu der NngUicksstätle in Zug drängte, ist jetzt kleiner. ES ist aber auch nüllna, denn die Siadt war svrmlich niisgcgesjen, fast wie am letz ten Cäiigcrsest. Die Situation ist bedrohlicher geworden; beständig bröckeln Erdreich und Hänsertheilc ad. Trotzdem wagen es die Feuerwehrmänner, ans die Trümmer zu steigen, welche ans dem Sec liegen, und Haiishalttingsgegenständc an'S Land zu ziehen. Ma tratzen. Tische, Stühle, Kleidungsstücke und vorliiiidslnthliche Tschakkos werden gehoben nnd mit Lebensgefahr „gerettet". Man muß den Mulh der Leute bewundern, welche in die aus dem Wasser emporrageildc» Dachllicken steigen und »ach den glcichgiltigslcn Lappalien iiichcn. Das Erdreich in der Nähe der Nnglücksstättc ist immer noch in Bewegung. Spalten offnen und schließen sich wieder. -- In Zug zeigt sich die Wohllhätigkeit in hüchstcm Maße. Wer einen freien Platz in der Wohnung hatte, meldete sich bei der Stadt- laiizlei nnd »ahm unglückliche Obdachlose ans. Tie Stadt Zug ist Nein und hat große Mühe, die 700 Obdachlosen nnterzichringeii. Rührende «eene» bringt jede Stunde. Ein Schütze kehrte vom Frantinilcr Schützenfest zurück und fand sein Haus nicht wieder. Ein Sappeillwachtmcistcr kehrte aus Bern henrlauht zurück und fand von feinem Haus nichts mehr als Trümmer im Sec. Am 8. Juli Vormittag entstand neue Aufregung. Es hieß die Straf anstalt drohe cinznstürzen. Man wollte am Gebäude Nisse wahr- gciwmmcii haben. Eiligst begann man die Anstalt zu räume». Glncklichcrlvciic war alles blinder Lärm nnd Professor Heim konnte koiislatiren, daß keine bedrohlichen Erscheinungen vorhanden feien. Unter Leitung von Professor Heim und Ober-Ingenieur Moftr untersuchte die Expertise das ganze Terrain. Wesentliche beun- iichnieiidc Veränderungen lassen sich nicht Nachweisen. Die, Risse an Däusern nnd im Erdreich baden sich nur an wenigen Stelle» vermehrt. Weitere Abstürze sind nicht ausgeschlossen. Als haupt sächlich gefährdet gilt ein Theil der Quais. Am Sonntag fand die Volksabstimmung über die Verfassungs änderung statt, welche den Erfindungsschutz rinführt. Tre mit ..Ja" oder „Nein" zu beantwortende Frage lautet: „Soll dem Bund die Gesetzgebung über de» Schutz neuer Muster und Mo delle sowie solcher Erfindungen zustehe», welche durch Modelle dac- gcstcllt nnd gewerblich verwendbar sind?" Eine ähnliche Frage Halle dem Schiveizcrvc.lkc schon im Jahre 1882 Vorgelegen, war da mals aber mit 156,658 gegen 141,616 Stimmen verneint worden. Tiefes Abstimniungsergebniß war banvtsächlich durch eine unbegrün- dcle Verbindung des Gesetzes über Erfindungsschutz mit anderen unpopulären Vorlagen, wie derjenigen, welche den Impfzwang gleichmäßig in allen Kantonen cinsührtc. verschuldet. Diesmal er wartete man die Zustimmung des Volkes, weil in den letzten Jahren m der Schweiz cm lebhaftes Interesse sür de» Schutz des geistigen EigeiilhiiiiiS ans de» Gebieten der Lilcratnr und Kunst hcrvorge- trclcn ist, womit sich die längere Veinachläfsignng des Schutzes ge werblicher Erfindungen nicht vereinigen ließe, und weil überdies in mehreren Industrien energisch der Musterschutz gefördert wird. Tciiieiilfprechcnd ist bei der Abstimmung der Verfassnngsändenmg mit M.355 bejahenden gegen 56,174 verneinenden Stimmen ange nommen worden. England. Wie ans London berichtet wird, ist der Schutzmann Eiidacvlt, welcher Fräulein Eaß in Negenlslrrct angeblich deshalb angchalle», weil sic vorübergehende Männer in anstößiger Weise be lästigt haben fällte, bis zur Erledigung der von der Negierung ein- ncleileten Untersuchung der mit dieser Verhaftung verknüpften Um stände zeitweilig seines Ainlcs enthoben worden. L o n c> o n. Die Bande der Dhnaiintcnre, welche die Londoner Polizei in Liverpool entdeckt hat, zählt ca. 100 Miiglicder. Sie war förmlich militärisch orgnnrsiit und von „Offizieren" befehligt. Ihr ExekiitivComitec war in Ncwhork etablirt. Der Zweck der Äeischwöliing war die Befreiung Irlands von srcindcr Herrschaft und die Erhebung Irlands zu einer felbllsländigen Nepnblik. Um daS Ziel zu erreichen, tollten alle nur möglichen Mittel angewandt und vor allem Andere» sollte London in die Luit gesprengt werden- Irland. In Eoolgrcane» bei Arklow fanden uiehrere Pächtern lmswustmgen statt, wobei sich die traurigen Scene», welche sich in Bvdhke abgespielt halten, wiederholten Die Häuser waren mit Baumstämmen vcrbarrikadirt und die Beamte» wurden mit sieden dem Wasser begossen. Bei dem Pächter Garvch stießen die Gerichts vollzieher. auch nachdem sie schon in das Hans cingedrungcn waren, noch ans Widerstand, indem die Thnren mit Torusträuchern vei- stopit waren. Vor dem Hause war Ginster cmgefahrc», welcher bei der Annäherung der Beamte» angezündet wurde und starken Rauch verbreitete. Skiifiland. Es liegt nahe, die rrnsllichc Verschliiiiniernng des lächerlichen Leidens Katkow's auf Rechnung seiner jüngsten politischen Niederlage in Petersburg z» setzen. Seine Gesundheit war lchon feit längerer Zeit erschüttert und es erscheint sehr natür lich, daß der nun ganz zweifellose Verlust seines Einflusses beim Vr «st,«» neuen, Heftigen «Stotz tzeisetzke. il Vogdanowitlch blieb Katkvw — ^, . . ^ ^ ^)et Pett . ..aire mit dem nun kassirten General Bogdanowitsch blieb allerdiim- im Hintergründe; der ganze Zorn de- Czaren entlud sich über diese gerade nicht bestbelruiniindete Persönlichkeit, allein den Schaden trägt ausschlietzlich Katkvw. Man behauptet, die jüngste Anwesenheit des Berliner NolichaiterS Grase» Schuwa- loss habe die i» Paris gesppnnene Jntrigne Katkow's nniaedcckk. Der Ezar war höchst erglimmt, daß ein im Minister»»» des Inner,, dienender General sich im Ausland mit politischen Umtriebe» be faßte, die aus die Politik des Kabinets einen nnheilvollen Einfluß ausübe» konnte» und theilweffe auch anSübte», und beschloß eine exemplarische Bestrafung des Schuldigen. Der Minister des Inne ren Gras Tolstoi, bei dem General Bogdanowitsch gern gesehen war. erhielt die kurze telegraphische Anfrage des Ezaren: «Ist ein Ge neral Boadanowilsch dein Miniftcrinin des Innern atlachirt ?" Als der Minister die Frage bejahte, ging dein Kriegsininister die tele graphische Weisung zu, Bvgdanowitich zu befragen, ob ec der Ver- iasscr der Brochürc „Alliance srcmcv-niffc" sei. Der General bestä tigte sowohl dies, wie die Thaffache. daß hinter ihm kein aller Gönner Katkvw siche. Die Erregung des Ezaren war so grob, daß er dem Kriegsininister nicht einmal Zeit gönnte, den Entlassnngs- beschl kür den in Ungnade gefallenen General anszufertigen, jvndern die telegraphische Weisung ertheilte. die Entlassung sofort dein „Negicr.-Anzeiger" zur Veröffentlichung initzuiheilcn. Persönlich mußte sich der Kriegsininister zmn Redakteur des RegicrniigSvraciils begehen, weil dieicr, so lange der Entlassniigs-Beschl m vvrgeichrie- liener Form ihm nicht vorlag, die Veröffentlich»»» verweigerte. Bogdanvwiffch war nun abgelhan. Sodann erschien Kalkow. um seine Rechtfertigung porzubringen. Ter Wca, der ihm sonst zur Erlangung einer Audienz beim Ezaren offen stund, blieb diesmal verschlossen, und schließlich sah er sich nenöthigt. Tolstoi um Ver mittelung anzngehe». AlS auch das erfolglos blieb, erkannle der hvchmüchige Publizist, daß sei» Spiel verloren sei, und tief erschüt tert und körperlich leibend kehrte er nach Moskau zurück. Herr von GierS hielt sich in vieler Affaive ganz bei Seite: man weiß nur, daß er dem Ezaren die vom Grasen Schnwalvfs aus Berlin mitge- brachten Meldungen bestätigen mußte. Man weiß, welche tiese Ab neigung der Ezar gegen moralisch unsaubere Persönlichkeiten hat; daher ist leicht zu ermessen, welch' üble» Eindruck die Ent deckung ans ihn machte, daß sei» Vertrauter Katkvw mit Per sonen wie Tatischtlchew und Bogdanowitsch in engem Verkehr stand. Der entlassene General kehrte der Residenz de» Rücken, allerdings nicht freiwillig, um im Gouvernement Tula sich a» eine schlichtere Lebensweise zu gewöhnen. In Petersburg lebte er trotz seines nicht bedeutenden Gehaltes auf großem Fuß und hielt stets offene Tafel, aus der die auserlesensten Delikatessen prangte». „Nowoje Wremja" erfährt, daß in Taganwg und Nostow die Juden ihre Geschäfte nuflöicn nnd die Städte verlassen müssen, weil den Inden der Aufenthalt im Gebiet der Tonischen Koiatcn verboten ist. Dem in Brüssel erscheinenden russischen „Nord" zufolge hat die Wahl des Prinzen Ferdinand von Coburg znin Fürsten von Bul garien keine Aussicht, von Rußland anerkannt zu werven, wie den» überhaupt kein Eandidat, welcher die Fürslenkroiie von den Usurpa toren in Sofia nnnehme, auf die Unlerslütz»ng Rußlands rechnen dürfe. „Nord" räch deshalb dem Printe» von Coburg, die Wahl abzulehnen. Er erklärt, wenn erst die Mächte die Ueberzcngnng ge wonnen habe» werden, daß ohne Rußlands dirccte Miiwirlnna die bulgarische Frage nicht gelöst werden könne, dann werde 'Rußland ein Machlwort sprechen und den bulgarischen Wirren ein rajchcS Ende bereile». Die Königin von Serbien ist mit dem Kronprinzen ans Odessa abgercist. Die Spitzen der Behörden gaben der Königin das Ge leite. Als der Dampfer abging. erfolgten 2l Salutschüsse und die Mililärmusik iiitvnirte die serbische.Hhinne, während die Bevölke rung in enthusiastische Hurrahrusc anSbrach. Türkei. Der diplomatische Agent Bulgariens, Viilcovich, überreichte in Konstanünopel dem Großvezier eine Note seiner Ne gierung. i» welcher die Wahl des Prinzen Ferdinand von Coburg znin Fürsten von Bulgarien nnd die Annahme der Wahl durch den Punze» nvtisieiit »nd hierzu die Gciichiiiignilg der Pforte nachgc- sucht wird. Ter Sultan bat Hcrur v. Nadowitz, seine Abreise acht Tage anfzuschiebeii. T ic Kreteiiser verlangen jetzt vollständige Autonomie und Auf hebung jeder Steuerzahlung an die Pforte. Griechenland. Der Abt und Archimandrit von TinoS, dcS größten griechischen Wallsahitsorles, zeigt in einem offenen Send schreiben an, daß er zum Kalholicismus übergetretc» lei. Bulgarien. Die Sobranjc hat das Temiisionsgcsnch der Mit glieder der Neaenischast einstimmig abgelehnt und die letzteren cr- iucht, bis zur Ankunft des Prinzen von Evbnra aus ihren Posten zu bieiben. Gleichzeitig wnrde eine aus sechs Mitglieder» der ^Lo- branje bestehende Deputation gewählt, welche sich zmnPrinzcii vonCo bürg begeben und denselben bitten soll, nngclänmt nach Bulgarien z» kommen. Die Demission des Kabincts ist von der Rcgentichast angenominen worden. Mit der Bildung des neuen Kabincts wurde Stoilvss betrantz als wahrscheinliche Mitglieder des neuen Kabincts rdcn, nnßcr Stoilvss. Natschewilsch, StranSly, Tschvmakoff und we Major Paprikvsf aenannt. Amerika. Johann Most scheint im Gefängnis! von Blackwclls Island, das ihn sür ein Jahr der öffentlichen Wirksamkeit entzog, doch etwas gelernt zu haben. Bisher gehörte cs zu den Dogmen der Sozialrevolutionäre, daß die Strolche, Räuber und Mörder ge wissermaßen die Pioniere der zukünftige» Gesellschaft seien. Seit dem aber Most in Blackwclls Island Gelegenheit gefunden hat, diese „Pioniere" etwas genaiicr kennen zu lernen, ist er ganz anderen Sinnes geworden und legt nun rin neues GlaubcnSbe- kenntiiiß ab. Most schreibt: „Wir Anarchisten sind gewiß die Letzten, welche auf sogenannte gemeine Verbrecher Steine werten, denn wir erblicken in denselben nur Produkte elender sozialer Ver hältnisse. Damit werden aber diese Produkte selbst nicht besser, als sie eben sind; am allerwenigsten kann nnscrciner Luit em pfinden, sie zu Gesellschaftern ausznwählcn Nun. im Zuchthcnise wnrde ich zwungSweise zum Camcrade» dieser Gestalten der Gosse und der Spelunke gemacht. Und die Burschen gcberdetcn sich nicht nur sehr kollegialisch mir gegenüber, sondern sie erlaubten sich mit niir auch allerhand „Späße . Daß sie mir Eßwaaren, Tabak und dergl. ans der Tasche herausstahlen, hätte ich gern verschmerzt. Daß ich mich dagegen den schlechten Insulten ffolchcr Kerle gar häufig ausgcsctzt sehen mußte — daS war bitter. Blei» Gehilfe an der Bohrmaschine Pflegte oft zu den Anderen zu sagen: „Wenn ich diesen Kerl (mich meinte er) cnnehe, so komme ich mir vor, wie ein Drchorgrlspicler, der einen Affen bei sich hat". (Anspicliina ans Mösts Häßlichkeit). — Meine ansänglichcn Versuche, solche Redcns- ... ge regnete. Bor nieinen Ohren redeten die Kecke oft miteinander über mich. Ich greise das Wesentliche aus diesen Eonversalioncn heraus: „der hält sicher keine Rede mehr", sagte der Eine. — „Doch, doch", rief der Lindere. „Ter Lump macht >a Geld mit seinem Blödsinn und beschwindelt arme Leute". — „So einen Schuft sollte man eigent lich hängen", war» ein Dritter ein. Ein Vierter bemerkte: „Wenn er hier fertig ist, schaffe man ihn ja nach Chicago: da wird man cs ihm schon bewigen". — „O, wenn ich doch den Strick dabei anziche» könnte!" ließ sich ein Fünfter bmiclimen. Und so weiter mit Grazie. Ein für mich zniäffigcs Mittel, diesen Infamien ein Ende zu machen, gab es nicht. Ich konnte freilich mich beklagen und diese Menschen in den Tnnkclarrest bringen, allein mein anaicbist'sches Prinzip verbot mir, so zu handeln. Ich hätte die VllckchciQ züchtigen können — n»i mir selber Dunkelarrest nebst Ketleiistrafe re. Zliznziehc»! — ES gab nichts als Sloicisnuis. ein scheinbar taubes Ohr, welches da am Platze war. - Was diese Mensche» unter sich redeten, ließ in einen wahren Abgrund von Tcmvialffaliv» und Verworfenheit blicke». Die Sprache war ekel haft gemein, der Gesprächsstoff in der Regel kriminell". — Ans Grund dessen kommt Most min zu iolgeiidcm Ergebmß: „Manch mal glauben die Revolutionäre, das Laiiipcnproictariat werde in den kommende» Kämpfen einen bedentenden Faktor bilden. Das mag sei», aber wahrscheinlich stehe» diese Elcmciilc nicht diesseits, solider» icnscils unsres Lagers, wenn sic henie schon den Grund stock des korruptesten SliininviehS bilden. Sie sind ffir Geld zu allem fähig". — 'Nach dieser Simieswaiidlung ist die Hoffnung ge stattet, daß Most mit der Zeit, wenn er die harte Schule des Ge fängnisses noch einmal für längere Zeit besucht haben wird, auch seinen anarchistischen Wahnwitz als solche» erkennen wird. Aknillktvlk. -s- Im Nesidenztbeater haben übermorgen zwei der be liebtesten Mitglieder des Wallncr-EmemblcS, Frl. Meher und Herr Ben " FDIeSamburaerTheafer. Verhältnisse unter Vek TMtt tlonPollini finden soeben in einemFeuilletonbrief der „Köln 'Ztg " aus Hamburg eine Besprechung, welche mit denselben sehr scharf in's Gericht geht Die hervorstechendsten Stellen, welche für die Thca- terwclt von allgemeinem Interesse sein dürsten, lauten: „Der un glückselige» Vereinigung von Pollini und Maurice ist dankcns- wcrther Weise ein Ende gemacht worden: von der nächste» Saiion ab werden Stadt- und Thalir-Theatcr wieder ihr selbstständiges Enienible haben. Wäre die Vereinigung der beiden Theater, denen das Alionacr Stadliheater als'drittes cmhängt. weniger von der geichüsiliche» als von der künsilerüchen Seite auigesaßt worden, so hätte sich vielleicht ein ersprießliches Zniaininenlebcn heransstcllen können. Jede klassische Vorstellung hätte eine Muslerauffnhriinn werden können, wenn inan die Thalia-Mitglieder in das tlaffische Eniemble vorsorglich mit hineiiigezvgen hätte, und nmgckchrt würde man der Thaliabühiie genützt habe», wenn man ihr die leichteren Cvnversatioii-schnuipieler des SladttheaterS dauernd zur Beringung gestellt hätte. Aber anstatt in diesem künstlerischen Sinne das schwierige Unternehme» zu organisircn, warf man die Mitglieder nnd das Repertoire hierhin nnd dorlbi» auseinander. Man hielt die Proben eines neuen Stückes am Tbaliathcater ab und ließ die erste Aufführung am Stadltheater in Szene gehen: schon bei der nächsten Wiederholung zerriß man das Eincmble, indem man Hals über Kopf — osimals m 21 Stmiden! —Neubesetzungen vornahm: ja, es kam wiederhvlt vor, daß vielverwandle Kräne an einem einzigen Abend auf verschiedenen Bühnen anitrelen »nißlcn. daß sie zu Wagen oder Pferdebahn nnS einer Rolle in die andere kiilichirlen! Die neuen Stücke wurden an allen drei Theatern zu verschiedenen Preisen gegeben — kurz, es herrschte ein wirres, köpf lvieS Durcheinander, wie es der nnruhlgen Nervosität Pollini's wohl gefallen mochte, wie es sonst aber nur in einer Judenschulc oder einem Trvdelladen z» herrschen pflegt. Unter der Vereinigung mußte das Thalia-Theater am meisten leide». Seine ruhmvollen Uebcrlieferiingcu wnrzeln in einem feste», künstlerisch sein abgetön ten Ensemble. Dieses innige Zusammenleben, dieses ruhige Aus- und Jnkiiianderwachseii der Kräfte wurde aufgelöst, als der unruhige Speknlationsgeist Pollini's, der den Maulwurf in seinem eigenen Garten spielte, in dieses Haus cinzvg. Jeden Tag tancbicn dort, wo man sonst »nr altbekannte und fei» ziigcichiiillene Bnhnenge- sichter sah, neue Gestalten von oftmals täppischen und unzarten Manieren ans; junge Talente, deren Laufbahn man mit Jmercssc von Anbeginn verfolgt hatte, verlor man in der Unruhe des Reper toires und des Ensembles gänzlich ans den Augen: Mißvergnügen aus der Bühne, Mißvergnügen im Publikum! Es dauerte nur wenige Wochen, und das srüher säst jeden Abend wohlgesnllte Haus stand selbst bei Novitäten in einer entsetzlich gähnenden Oede . . . ES wäre aber Unrecht, wollte man bei dieser Gelegenheit nicht in aller Kürze wenigstens auch aus die Vorzüge Pollini's Hinweisen, die i» anderer Richtung zu suchen sind. Pollini ist ein Mann von großer nnd uiienlwcgt zugreitcndcr Energie und von noch größerem — Glück: ist Maurice mehr ein Hansvaler seines Theaters, so hat Pollini mehr van der rastlosen Unruhe und dem wcilschancndcn Blick des Impresario. Cr mißt Lilles mit großem Maßstab. In seinem Garten gedeihen leine Veilchen, er säet Tulpen oder — Rniikclrübcn. In der Oper ist es ihm geglückt, einen stolze» Strauß von Talenten zniaiiuneiiznbinde», aber in seinem Schauspiel hat sich stets iiianch' knalliges Gewächs z» einer' nnbegnemcii Breite aus- gcwachlcn." Der Artikel läßt an Tcnllichkeit nichts zn wünschen übrig. Tic Schanipieleuii Mathilde v. H o p p c - N l g e n o, einst ein Liebling dcc Berliner, ist am Freitag sang, nnd klanglos zur letzten Ruhe bestattet worden. tz Die neuerdings wieder anigetauchte und in eine Neiße von auswäelige» Biättem übergegangene Nachricht, daß die Vcuiiögcns- pcrwaltnng des Königs Otto das der Cwillistc gehörige Gärtiicr- platztheater an den Münchener Stadtmagistrat abzntretcn be absichtige, entbehrt jeglicher Begründung. Der P.inrregent hat schon vor Monaten Direktor Lang die bestimmte Zinicheenng gege ben, daß die Eventualität einer Ve.änßcriiiig pollionnneii ausge schlossen sei und er der Bühne in iarer gegenwärtigen Gestalt warme Snnipall'icn ctitgegenbringe. Ebenso hat die Verwaltung der EiviUiste verschiedene an sic ergangene Pacht- oder Kanfsange- bote durchaus ablehnend beantwortet. Das Gärlnecvlatztbeaier war vom König Ludwig 11. ans inständiges Ansiichcn der ßaupistädtischeil Bevölkerung angekanft worden, da cs mir am die»c Weise seiner urspünglichen Beilinniinng zu erhallen war, und dieser Kaut bildet Ihaffächlich den einzigen Akt königlicher Mmiisizeuz, dessen sich die Hauptstadt von Seilen des verstorbenen Herrschers zn crirenen ge habt hat. s Tic Arbeiten des LlnSstellungsansschnsseS der im Monat August hier beginnenden Ans stell ung von Agnaiellen, P a st e l l b i l d e rn nnd H andzci ch n n n g c n haben bereits be gonnen : das Bureau desselben »n Pvlhlechmlm» ist täglich von 10 bis 12 und von 2 bis 4 Uhr geöffnet. Gegenwärtig wird am Schmucke des Polytechnikums eisrig gearbeitet die große Ober- lichthalle wird durch ein Velamun überspannt, dessen Hcritcllnng Prof. Kießling übertragen worden ist. Mil der Herstellung des Preisdiplvins ist Prot. Nentztch beauftragt worden. In das Preis gericht ist Pros. Jaimsen in Düsseldorf eingctrete». Die Anmel dungen sind sehr zahlreich emgcgange'.i; es fehlt kam» ein Name von gifte»! Klang ans der deutschen Künstlerwelt. So seien bei spielsweise genau»!: Hellauist v. Kamcckc, v. Werner. Menzel, Lenbach, Piglhein, Pilot» tz, Scarbina, Schumann, Fritz v. Uhde, Vvltz 1'. Werner-Nom, Makart tz, Dill. Gabriel Max, Pansinger, Hcnncberg und Storlenbecker. Die Düsseldorfer werden lehr stattlich vertreten sei», gegen 50 dortige Künstler haben insge- saiiunt ihre Thcilnahme zngesagt. Schließlich sei noch bemerkt, daß auch ältere Bilder von Künstlern der Gegenwart ausgestellt werden dürfen. ff Die Delegirtcnversaminlnng des Allg. Deuts chenMusiker- Verbandes wird diesmal in der Zeit vom 16. bis 20. August in Berlin tagen. Der Dresdner Ztveigvcrein entsendet als seinen Deleairten den Verleger Herrn Robert Bellmann. 7 Der neunjährige Pianist Joses Hosmann wird in Zukunft seine Lorbeeren nicht mehr ohne Konkurrenz pflücken, denn eine mächtige Rivalin ist ihm in einer elfjährigen, blondhaarigen Miß er standen, deren musikalische Begabung und Virtuosität des Klavier- spiels die seinigcn noch übcltrcffcn soll. Panlin e Ellice ist der Name des neuesten Wunderkindes, dessen Leistungen in einem am 9. ds. in der St. James Hall, London, stattgehavten Concert einen fast maßlosen Beifall ernteten. Die jugendliche Künstlerin spielte mit Orchesterbeglcftung aus dem Gedächtnisse Beethovcn's Concert in L-moII, ferner Liszt'S Bearbeitung von Wcbcr's Polo naise in Ich sowie Mendclssohn's Capriccio in L-moll mit einer Technik nnd Kraslsülle, die zur Bewunderung hinriß. Nubinstcin und Moszkowski haben während ihrer letzten Anwesenheit in Lon don die kleine Paulme Ellice spielen hören nnd ihre Uederzengung ausgcdrückt, daß sie eines Tages zu den geseierlstcn Pianistinnen zählen wird. ff Die Stadt Torgau darf sich rühmen von allen Lutberslädteii die einzige zu sei», welche seit 1683 alljährlich und regelmäßig Luthcr's Gcvurstag festlich begeht. Von Torgau aus hat Hcrrig's kirchliches Festspiel „Martin Luther" oen Nundgang durch viele große Städte aiiaetreten und der im November 1885 in Torgan zuerst gemachte Versuch, diese sür die kirchliche Feier des Jahres 1883 in WormS verfaßte Dichtung in einein Schanipiclhmise zur Ausführung zn bringen, ist ganz geglückt. Das Komitee zur Beschaffung von Geldmitteln sür ein Luther-Denkmal i» Torgan, welches die alljährlichen Lntherfestspicle veranstaltete, hat, um den gewohnten Aufführungen ciiicn neuen Reiz zn schaffen, diesmal beschlossen, ein andcreS neues VollSscbansvicl „Luther nnd seine Zeit" vom Snpcnnteiidciftcn August Trüinpclinaiin, bear beitet nach desselben bereits 1869 erschienenen Bnchdrame, ansznsüh- rcn. Die Kritik erkannte das Werk schon beim Erscheinen warm an, da indessen die damaligen Verhältnisse an die LluSsührbarkeit eines solchen Werkes gar nicht denken ließen, so winde cs eben als „Lcsc- drama" dem deutschen Volle übergeben. Das neue Volksichauspicl, dem der Beifall Aller von vornherein gewiß sein dürfte, ist so recht dazu angelban, das Gemnth zn bewegen nnd innerlich zu erheben, »nd wird in hahem Maße auch als eine willkommene Gabe von den Städten ausgenommen werden, die mit der Beranslaltnng des Hcrrig'schc» Festspieles de», Vorgänge Torgans gefolgt sind. ch In einem deiitich-böbinischen Orte, in ArnSdvrs bei Hahdci, erlebte man dieser Tage eine höchst ergötzliche Theatervorstellung. Eine reffende TbcalcrgcieUschaft nnicr Leitung eines Herrn Mindcl sührle Wagners Lvhcngri n als „ g roßcs r o m antischcS S ck> ausPic l" ohne Musik ans. Der Theaterzettel für diese Vor stellung, der dem Wiener Richard Wagncrmnjcniii übersandt wurde, bezeichnet die „Eostüme und Dekorationen als getreu der Oper Halbgebildet". Blencke, ihre i e f i z v o r st c l l n n g. iS 8 * In O.imich, Illinois, sprang ein Mann mit einem Fallschirm ans einem Ballon, als er sich in einer Höhe von 5000 Fuß befand und erreichte nnverschit den Erdboden. Ta Narrheiten ansteckend sind, wird der Mann jedenfalls bald 'Nachahmer finden.
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