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Reise-Skizze» aus de» brasilianischen Südprovinzen. 65 Der Weg führt erst noch durch Urwald, von Lenyol (Km. 95) an folgen sich die Ansiedlungen ununterbrochen, die Felder im Urwald, mit Hafer, Roggen, Gerste, Weizen, Leinsaat und Gemüse bestanden, in reicher Farben scala zwischen zartestem Maigrün und dunklem Stroh gelb spielend, werden immer häufiger, dazwischen freund liche Wohnhäuser, anheimelnde Scheunen und Tennen, bis man bei sinkender Nacht in S. Bento (Km. 84) anlangt. Hier stieg ich in Moritz Richters Gasthaus ab, bei aller Einfachheit dem freundlichsten und rein lichsten, das ich in Brasilien bislang antraf; man glaubt sich in einen Gasthof in Deutschland auf dem Lande versetzt. Der Besitzer, ein vor 4 Jahren aus Sachsen ausgewanderter Cigarrenfabrikant, dem bei der Tabak steuer-Erhöhung die Fortführung seines kleinen Geschäfts nicht ratsam schien, hatte sich erst auch im Urwald ver sucht, und Frau und Kinder hatten ihm brav geholfen, aber sie merkten doch bald, daß diese schwere Arbeit über ihre Kräfte ging. Mit ihrem Gasthaus dagegen ist es ihnen gut geglückt, und es ist eine Freude, da zu wohnen. Ich habe auch später wiederholt gefunden, daß Leute, die harte Körperarbeit nicht gewohnt waren, selbst bei großer Energie die schwere Bestellung des Urwaldlandes nicht aushielten; kräftige Landarbeiter und Handwerker finden hier ihr Fortkommen am besten, Leute der soge nannten besseren Stände nur in ganz kleinem Maßstabe. Nach den ersten 1 bis 2 Jahren, die durch Fällen der Bäume, erste schwierige Bestellung und Entbehrungen aller Art fast ohne Ausnahme hart genug zu sein Pflegen, tritt für den Kolonisten zunehmende Besserung der Ver- Schanz, brasil. Reiseskizzen. 5