58 Reise-Skizzen aus de» brasilianischen Südprovinzen. selbst, so doch die damit betraute Verwaltung. Das sind die sogenannten gezähmten Indianer. Die Botocuden dagegen, die im innern Waldgürtel der Provinzen ParanL, Santa Catharina und Rio Grande do Sul leben und auf über 3000 geschätzt werden, sind vollständig scheu und unzugänglich und wurden von je her von den Brasilianern als „bivllos", Tiere, behandelt d. h. weggeschossen, wo das anging. Wertvolle Notizen darüber verdanke ich meinem freundlichen Gastgeber, dem schweizer.Kapitän Martin Maeder, der über 30 Jahre im Lande lebt, Subdelegado der Villa und ein wahrer Pionier der Kultur ist, deren man überhaupt im Innern zerstreut mehr findet, als man sich in Europa oder auch in Rio träumen läßt. Die Botocuden sind von gelber glänzender Hautfarbe^ mit langem, straffem, schwarzem Haar, das sie durch eine aus Rinden gefertigte Binde eigentümlich aufge bunden tragen, das Gebiß ist glänzend weiß, Gesicht und Gehör sind ausgezeichnet ausgebildet. Die Frauen gehen ganz nackt, die Männer haben um die Lenden einen Bindfadengürtel- ohne Ende, der aus Nesselfasern hergestellt ist, und Strickbinden gleicher Machart um die Fesseln. Das eigentümlichste an der Botocuden-Er- scheinung ist aber jedenfalls der die Unterlippe über alle Maßen vergrößernde und entstellende Holzklotz, der aus einem Iförmigen Stück der harten Fichten-Astknoten be steht. Schon dem Kinde wird unter der Unterlippe ein Loch einge'chnitten, durch welches der Pflock vom Innern des Mundes nach außen durchgesteckt wird. Mit den Jahren wird ein immer größerer Pflock genommen, die Lippe sinkt immer mehr nach unten und ist schließlich