Volltext Seite (XML)
50 Feuer; der Regen fiel in Strömen; dabei war die Luft so sengend heiß. Die Mannschaft war so erschöpft, daß alle zu sterben wünschten, um des Elendes los zu sein. An dem Tage, an dem er dem Bruder Hülfe bringen sollte, wurde er von dem Fieber geschüttelt. Mit Aufbietung aller Kraft raffte er sich auf und rief mit kläglicher Stimme vergeblich nach Hülfe in alle vier Winde; weinend umstanden ihn die Offiziere. Diese unsäglichen Leiden, diese übermenschlichen Anstrengungen des tapferen Mannes muß man sich gegenwärtig halten, um zu begreifen, wie trotz aller Mühe auf dieser Fahrt so wenig erreicht wurde. Als die eigne Kraft versagte und menschliche Hülfe ausblieb, stand seine einzige Hoffnung auf Gott. Von Trauer überwältigt, sank er ohn mächtig nieder, und als ihn nun der Schlaf überfiel, hörte er eine tröstende Stimme von oben: „O du Kleingläubiger, wie schwer wird es dir, Gott zu vertrauen und ihm zu dienen, dem Gott aller Menschen!" Die Stimme erinnerte ihn an die Hülfe, welche die Helden des alten Bundes durch Gott gefunden. Er beschloß nun die Heimkehr, damit die Kunde von diesen gold reichen Ländern nicht verloren gehe. Aber zwei seiner Schiffe mußte er zurücklaffen, weil sie für die Fahrt überhaupt nicht mehr brauchbar waren, aber auch die andern beiden waren halb verfault, von Würmern zer fressen und ganz durchlöchert. Zwar erreichte er die Spitze von Euba, als er aber nach Domingo vorzudringen suchte, füllten sich die Fahrzeuge mehr und mehr mit Wasser, vergebens schöpfte man mit Pumpen, Kesseln, Töpfen; endlich mußte man froh sein, Jamaica zu erreichen. Hier ließ der Admiral die wrackähnlichen Fahrzeuge auf den Strand laufen. „Wer kann glauben, was ich hier schreibe? Ich versichere, daß ich in diesem Briefe nicht den hundertsten Teil von dem schreibe, was mir widerfahren ist, die mit mir waren, können es bezeugen." Diesen Worten fügt der Admiral in Hinsicht auf seine Feinde hinzu: „Ich möchte wohl, daß die da drüben, die so behaglich mit Tadel und Vorwürfen um sich werfen, mit auf der Reise gewesen wären." So lag er denn, ein Schiffbrüchiger, an der Küste von Jamaica ohne hinlängliche Nahrungsmittel, ohne Aussicht auf baldige Rettung. Denn wenn ihn auch von den Landsleuten auf Hispaniola nur ein verhältnis mäßig geringer Raum trennte, wo gab es ein Mittel, zu ihnen zu gelangen? Unter den Leuten seiner Mannschaft befand sich Diego Mendez, ein heldenmütiger Mann, der seine treue Anhänglichkeit an den Admiral in mehr als einer Gefahr bewährt hatte. So auch hier; er drang in das Innere der Insel ein und schloß mit den Häuptlingen Verträge auf Lieferung von Lebensmitteln ab. „Zehn Tage nach meiner Rückkehr", so erzählt Mendcz selbst, „nahm mich der Admiral bei Seite und machte mich auf die außerordentliche Gefahr, in der wir uns befanden, auf merksam." „Diego, lieber Sohn", so sprach er, „niemand von allen, die