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42 und junge Spanier danach tanzen. Aber das war alles vergeblich; die Leute folgten diesen Lockungen nicht nur nicht, sondern erwiderten sie mit Pfeilschüssen. Nun zeigte auch Kolumbus ein ernstes Gesicht und scheuchte sie durch Schüsse hinweg. Mehr Zutrauen bewiesen sie einem andern Schiffe, von dem sie einige Geschenke annahmen, indessen ein weiterer Verkehr kam auch hier nicht zustande. Kolumbus, indem er weiter um die Inseln herum fuhr, bemerkte zwischen Garcia (so hatte er das Festland genannt) und der Insel Trinidad einen Kanal und suchte in denselben einzudringen. Aber ein Höllenlärm, ein wildes Getöse empfing ihn, ähnlich dem Branden der Meereswellen, die sich an Felsen brechen. Die Gewässer strömten von Ost nach Westen, Tag und Nacht mit gleicher Gewalt; er verglich sie mit der Strömung des Guadalquivir, wenn er die Ufer überflutet. In der Nacht hörte er einen fürchterlichen Lärm, ein wahres Brüllen der Wogen, die von Süden her gleich einem Hügel sich gegen das Schiff bewegten, und hinter ihnen wieder eine Strömung, welche sich heulend herabstürzt. Jeden Augenblick mußte er fürchten, die Gewässer würden das Schiff überstürzen; sie zogen aber vorüber. Die Strömungen drängten sich unaufhörlich, die einen, um ein-, die anderen, um auszulaufen. Zu seinem Staunen fand er, daß das geschöpfte Wasser nicht salzig, sondern süß war. Kolumbus befand sich in dem Kanäle, der sich zwischen der Insel Trinidad und dem Orinokodelta befindet. Dieser Strom wirft einen Teil seiner Gewässer in die Straße; indem sie von Nord nach Süd strömen, begegnen sie der sich von Ost nach West drängenden Meeresströmung. Daher kam dieser Kampf der Gewässer, jenes Aufsteigen der Meereswogen und jener erschreckende Höllenlärm. Kolumbus gelangte in den Pariagolf, in dem er ebenfalls Süßwasser vorfand. Angesichts dieser ihm rätselhaften Erscheinungen lag ihm daran, Menschen zu finden, von denen er Aufklärungen erhalten konnte. Indem er an der Küste weiter nach Westen fuhr, bemerkte er, daß das Meer wasser immer wohlschmeckender wurde. Nun zeigten sich auch an der Küste angebaute Äcker und endlich ein Fluß, in den er das Schiff hinein lenkte. Hier traf er auch Menschen, mit denen er sich verständigen konnte. Sie nannten das Land Paria und versicherten, daß es immer volkreicher würde, je weiter man nach Westen gelange. In der That sah er bald ein Land, welches im herrlichsten Grün prangte und dessen Bewohner sich in zahlreichen Kanoes an das Schiff drängten. Sie trugen goldene Plättchen im Ohre, Perlenschnüre um den Hals und reizten dadurch die Habsucht der Spanier in dem Grade, daß diese für andere Erscheinungen wenig Sinn behielten. Man unternahm eine Landung und fand die Einwohner in hohem Grade gastfreundlich. Die Spanier wurden mit Früchten, Brot und mit einem aus Mais bereiteten Fruchtwein bewirtet. Nur eine Verständigung machte sich schwer. „Die Menschen", bemerkt Kolumbus,